Die rund 21 Millio­nen Rentne­rin­nen und Rentner in Deutsch­land können sich auf eine Erhöhung ihrer Bezüge im kommen­den Jahr freuen. Nach einer offizi­el­len Schät­zung sollen die Renten im Juli in Westdeutsch­land um rund 3,5 Prozent und im Osten um gut 4,2 Prozent steigen, wie aus dem Entwurf des Renten­ver­si­che­rungs­be­richts 2022 hervor­geht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuerst hatte die «Bild am Sonntag» darüber berichtet.

Die Schät­zung für das kommen­de Jahr liegt damit unter dem Niveau der Erhöhung, von der die Rentne­rin­nen und Rentner zum 1. Juli dieses Jahres profi­tiert haben. Im Westen stiegen die Renten im Sommer um 5,35 Prozent, im Osten um 6,12 Prozent. Im Jahr 2021 waren die Auswir­kun­gen der Corona-Pande­mie auch bei der Rente noch deutlich zu spüren: Im Westen hatte es eine Nullrun­de gegeben, in Ostdeutsch­land ein Plus von ledig­lich 0,72 Prozent.

Bundes­ar­beits­mi­nis­ter Huber­tus Heil (SPD) sagte der «Bild am Sonntag»: «Nach den jetzt vorlie­gen­den Daten können die Rentne­rin­nen und Rentner im Sommer erneut mit einer spürba­ren Renten­er­hö­hung rechnen.» Die voraus­sicht­li­che Erhöhung im Jahr 2023 bedeu­tet bei einer Rente von 1000 Euro ein Plus von rund 35 Euro im Westen und 42 Euro im Osten. Dem Bericht zufol­ge sollen die Renten bis zum Jahr 2036 um insge­samt knapp 43 Prozent steigen. Dies entspre­che einer durch­schnitt­li­chen Steige­rungs­ra­te von 2,6 Prozent pro Jahr.

Die Berech­nun­gen bis 2027 stützen sich auf die aktuel­len Wirtschafts­an­nah­men der Bundes­re­gie­rung vom 12. Oktober. Die hatte ihre Progno­sen zur Konjunk­tur deutlich herun­ter­ge­schraubt und etwa für das kommen­de Jahr ein Schrump­fen der Wirtschaft um 0,4 Prozent proji­ziert. Die Ergeb­nis­se der Steuer­schät­zung, die am 27. Oktober veröf­fent­licht worden waren, seien ebenfalls in den Schät­zun­gen zur Rente berück­sich­tigt worden, heißt es.

Mehr Rückla­gen in der Rentenkasse

Neben den Annah­men zur Renten­er­hö­hung gehen die Schät­zer davon aus, dass die Finanz­re­ser­ve der Renten­kas­se in diesem Jahr steigen wird. So werde für das Jahres­en­de eine Nachhal­tig­keits­rück­la­ge von rund 41,7 Milli­ar­den Euro geschätzt. Ende 2021 stand sie noch bei knapp 39 Milli­ar­den Euro — also mehr als 2 Milli­ar­den Euro weniger als für dieses Jahr erwar­tet. Mit der sogenann­ten Nachhal­tig­keits­rück­la­ge sollen Beitrags­schwan­kun­gen während des Jahres ausge­gli­chen werden.

Das Siche­rungs­ni­veau vor Steuern, das das Verhält­nis von Renten zu Löhnen zeigt, liegt derzeit bei rund 48,1 Prozent und bleibt dem Bericht zufol­ge auch bis zum Jahr 2024 knapp oberhalb von 48 Prozent. Gesetz­lich ist ein Absin­ken des Renten­ni­veaus unter 48 Prozent bis 2025 ausge­schlos­sen. Bis dahin gelten gesetz­li­che Halte­li­ni­en: Das Renten­ni­veau muss bei mindes­tens 48 Prozent liegen, der Beitrags­satz darf nicht über 20 Prozent liegen. Heil kündig­te in der «Bild am Sonntag» die nächs­te Renten­re­form an: «Als nächs­tes kümmern wir uns darum, das Renten­ni­veau dauer­haft stabil zu halten, deutlich über 2026 hinaus. Dabei werden wir auch auf die Beitrags­ent­wick­lung achten.»

Der Beitrags­satz soll nach der vorläu­fi­gen Berech­nung bis 2026 beim aktuel­len Wert von 18,6 Prozent stabil bleiben. Minis­ter Heil sagte laut Zeitung, es sei — entge­gen vieler Progno­sen — gelun­gen, den Beitrags­satz länger als erwar­tet stabil zu halten. Das sei gerade in der aktuel­len Kosten­kri­se eine gute Nachricht, «dass sich arbei­ten­de Menschen darauf verlas­sen können, dass der Beitrags­satz nicht steigt».

Corona wirkt sich auf die Ausga­ben aus

Insge­samt seien die Ergeb­nis­se des Renten­ver­si­che­rungs­be­richts «erfreu­lich», heißt es in dem Bericht. Aktuel­le Rahmen­be­din­gun­gen wirkten sich günstig auf die Renten­fi­nan­zen aus. «Kurz- und mittel­fris­tig führen der stabi­le Arbeits­markt mit den erwar­te­ten starken Lohnzu­wäch­sen in Folge der Infla­ti­on zu einem deutli­chen Einnah­men­an­stieg», halten die Renten­schät­zer fest. Hinzu komme ein Effekt, der insbe­son­de­re auf die Folgen der Corona-Pande­mie zurück­zu­füh­ren sei: eine erhöh­te Sterb­lich­keit mit gerin­ge­ren Rentenausgaben.

Langfris­tig sei für die günsti­ge­re Finanz­ent­wick­lung aller­dings die höhere Zuwan­de­rung entschei­dend, heißt es weiter. Aber auch hier wirke sich eine weniger stark steigen­de Lebens­er­war­tung auf die Entwick­lung aus.

Der Renten­ver­si­che­rungs­be­richt 2022 soll nach den aktuel­len Plänen am 30. Novem­ber im Kabinett beschlos­sen werden. Anschlie­ßend müssen sich noch Bundes­tag und Bundes­rat mit den Daten befassen.