Die Affäre um die Verwick­lung von Abgeord­ne­ten in Geschäf­te mit Corona-Masken zieht Kreise. In der Unions­frak­ti­on ist die Empörung groß. Auch der Koali­ti­ons­part­ner verlangt Klarheit. Die SPD sieht den Gesund­heits­mi­nis­ter und die Kanzle­rin in der Verantwortung.

BERLIN (dpa) — SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hat die Union aufge­for­dert, fragwür­di­ge Geschäf­te ihrer Abgeord­ne­ten bei der Beschaf­fung von Corona­mas­ken offenzulegen.

«Jeder Anschein von Vettern­wirt­schaft ist Gift für das so notwen­di­ge Vertrau­en der großen Mehrheit in die politi­sche Führung. Deshalb müssen die Ungereimt­hei­ten bei der Masken­be­schaf­fung restlos aufge­klärt werden», sagte Walter-Borjans in einem Gespräch mit ntv.de. «Da stehen der Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter, aber auch die Bundes­kanz­le­rin in der Verantwortung.»

Die Führung der Unions­frak­ti­on hatte Geschäf­te von Abgeord­ne­ten bei der Beschaf­fung von Corona-Masken bereits am Freitag scharf verur­teilt. «Ein Tätig­wer­den im Rahmen des Mandats darf nicht mit persön­li­chen finan­zi­el­len Inter­es­sen verbun­den werden, schrie­ben Frakti­ons­chef Ralph Brink­haus (CDU) und CSU-Landes­grup­pen­chef Alexan­der Dobrindt an alle Abgeord­ne­ten der Union.

«Wir sagen daher sehr deutlich, das Bezie­hen von Geldleis­tun­gen für die Vermitt­lung von medizi­ni­scher Schutz­aus­rüs­tung im Rahmen der Pande­mie­be­kämp­fung von Abgeord­ne­ten stößt auf unser vollkom­me­nes Unver­ständ­nis und wird von uns entschie­den verur­teilt.» Sie erwar­te­ten, dass solche Sachver­hal­te vollkom­men trans­pa­rent darge­stellt und aufge­klärt würden. «So ein Verhal­ten entspricht nicht unseren Standards, schadet dem Ansehen der Politik insge­samt und ist nicht zu akzeptieren.»

Der Vorsit­zen­de der Links­frak­ti­on im Bundes­tag, Dietmar Bartsch, nahm den Unions­frak­ti­ons­chef in die Pflicht. «Ralph Brink­haus muss umgehend reinen Tisch machen und erklä­ren, wie viele Mitglie­der seiner Frakti­on sich in der Krise eine golde­ne Nase verdient haben oder dies versucht haben», sagte Bartsch den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe (Online Samstag, Print Montag). Außer­dem solle das Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um «jegli­che Kommu­ni­ka­ti­on offen­le­gen, die in der Pande­mie zwischen Abgeord­ne­ten, Wirtschaft und Minis­te­ri­um statt­ge­fun­den hat».

Bartsch beton­te: «Dass Abgeord­ne­te der Union so gierig und ehrlos sind, sich persön­lich an dieser Krise zu berei­chern, ist unanstän­dig. Das schadet dem Land und der Politik insge­samt und zerstört weite­res Vertrau­en in die Pande­mie­be­kämp­fung der Bundes­re­gie­rung.» Den Verzicht des CSU-Bundes­tags­an­ge­ord­ne­ten Georg Nüßlein auf eine neuer­li­che Kandi­da­tur für den Bundes­tag werte­te er als «klares Schuldeingeständnis».

Nüßleins Anwalt hatte am Freitag angekün­digt, dass sich der 51-Jähri­ge wegen der gegen ihn laufen­den Korrup­ti­ons­er­mitt­lun­gen aus der Bundes­po­li­tik zurück­zieht. Nüßlein legte auch das Amt als Vizevor­sit­zen­der der Unions­frak­ti­on nieder, das er zunächst ruhen gelas­sen hatte.

Gegen den Parla­men­ta­ri­er wird wegen des Anfangs­ver­dachts der Bestech­lich­keit im Zusam­men­hang mit dem Ankauf von Corona­mas­ken ermit­telt. Die Ermitt­ler hatten deswe­gen in der vergan­ge­nen Woche 13 Objek­te in Deutsch­land und in Liech­ten­stein durch­su­chen lassen, darun­ter auch Nüßleins Büro im Bundes­tag sowie sein Wahlkreis­bü­ro im schwä­bi­schen Günzburg.

Inzwi­schen wurde bekannt, dass noch mehr Abgeord­ne­te in Masken­ge­schäf­te verwi­ckelt sind. So hat auch der Mannhei­mer CDU-Abgeord­ne­te Nikolas Löbel Fehler einge­räumt. Löbels Firma hatte nach seiner eigenen Darstel­lung Provi­sio­nen in Höhe von rund 250.000 Euro kassiert, weil sie Kaufver­trä­ge über Masken zwischen einem baden-württem­ber­gi­schen Liefe­ran­ten und zwei Privat­un­ter­neh­men in Heidel­berg und Mannheim vermit­telt hatte.

Es habe sich hierbei um eine «nach dem Markt­üb­li­chen bemes­se­ne Vergü­tung» für die Projekt­ma­nage­ment-GmbH gehan­delt. Er habe für die GmbH gehan­delt und nicht in Ausübung seines Manda­tes. Aber: «Als Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ter hätte ich gerade in der beson­de­ren Pande­mie-Situa­ti­on auch in meiner unter­neh­me­ri­schen Tätig­keit sensi­bler handeln müssen», teilte Löbel am Freitag auf Anfra­ge mit. «Diesen Fehler mache ich mir selbst zum Vorwurf.» Als Konse­quenz zog sich Löbel aus dem Auswär­ti­gen Ausschuss des Bundes­tags zurück.