WANGEN — Nach 31 Jahren im Amt ist jetzt der Revier­lei­ter im Forst­re­vier Wangen, Paul Müller, bei einer Feier­stun­de im Rathaus aus dem Dienst verab­schie­det worden. 

Der Abend stand ganz im Zeichen des Waldes. In den Anspra­chen sowohl von Oberbür­ger­meis­ter Micha­el Lang wie auch von Marijan Gogic, Leiter des Forst­amts beim Landkreis Ravens­burg, wurde deutlich, mit welch lenken­der Hand Paul Müller in all den Jahren den guten Zustand des Wange­ner Waldes bestimm­te. Als er den Wald übernahm war die Fläche von städti­schem und Hospi­tal­wald 293 Hektar groß. 82 Prozent davon waren von Nadel­ge­hölz bedeckt. Heute umfasst die Gesamt­flä­che 343 Hektar, wovon nur noch 60 Prozent Nadel­höl­zer sind. Der Anteil der Fichte hat um ein Drittel abgenom­men. „Der Umbau des Waldes ist in vollem Gange. In der Durch­mi­schung haben Sie viel bewegt“, sagte OB Lang. Das beschei­nig­te ihm auch Marjan Gogic. Es sei das große Verdienst von Paul Müller, dass er massiv Eichen, Buchen, Bergahorn, Spitz­ahorn und Linden gepflanzt habe, sagte Gogic. „Diese Vielfalt macht den Wald deutlich klimastabiler.“

Dabei war an ein konti­nu­ier­li­ches Arbei­ten nicht zu denken, denn der Forst musste sich immer wieder mit neuen großen Schadens­la­gen befas­sen. Stürme, Orkane, Borken­kä­fer und Schnee­bruch setzten den Wäldern zu und erfor­der­ten großen Einsatz aller im Wald Beschäf­tig­ter. Zudem wurden die Forst­äm­ter und damit auch Paul Müller immer wieder von Refor­men der Verwal­tungs­ein­hei­ten einge­holt. Das führte zuletzt dazu, dass er nicht nur für den Stadt­wald, den Stiftungs­wald in Wangen, Kirchen­wäl­der und den Amtzel­ler Wald zustän­dig war, sondern auch noch für die gesam­te Kissleg­ger Waldflä­che: Insge­samt also für 1530 Hektar.

Die Themen des Waldes verständ­lich machen, das konnte Paul Müller ganz beson­ders gut. „Wir erinnern uns gern an diese Begehun­gen“, sagte OB Lang. Der Stadt­förs­ter sei es dabei auch gelun­gen, das Spannungs­feld zu beleuch­ten zwischen dem Wald als Ort der Natur, der Ruhe und Erholung und dem Wunsch so mancher Sport­freun­de dort zu joggen oder mit dem Mountain­bike zu fahren. Das Abschieds­ge­schenk, das ihm OB Lang überreich­te, ist bei einer solchen Begehung entstan­den. Es ist das Foto eines herbst­li­chen Buchenwaldes.

Insge­samt 45 Jahre arbei­te­te Paul Müller im Dienst des Forsts. Der gebür­ti­ge Wange­ner wuchs in Ratzen­ried auf und machte am Rupert-Neß-Gymna­si­um sein Abitur. Im Lauf von Ausbil­dung und Studi­um wurde ihm 1978 vom Forst­amt Biber­ach bestä­tigt, dass er nicht nur sehr korrekt, gewis­sen­haft und selbst­si­cher sei, sondern auch „auf einen guten Beamten hoffen lasse“, wie OB Lang zitier­te. Und fügte hinzu: 45 Jahre später können wir bestä­ti­gen, dass die Progno­sen der damali­gen Zeit richtig waren!“

Hartnä­ckig habe sich Paul Müller bemüht, nach Statio­nen in Tettnang und Sigma­rin­gen ins Allgäu zu kommen, was ihm 1988 auch gelang. Im Januar 1991 übernahm er die Revier­lei­tung in Wangen. OB Lang würdig­te auch die Verdiens­te Paul Müllers im Ehren­amt. So gehört er viele Jahre dem Gemein­de­rat und dem Aufsichts­rat der Landes­gar­ten­schau GmbH an. Das Angebot, sich auch während der Ausstel­lung im Jahr 2024 für das Forst­the­ma einzu­brin­gen, besteht. „Es freut uns, wenn Sie dort etwas machen mögen“, sagte OB Lang. 

Dass Paul Müller auch unter den Kolle­gen sehr beliebt war, zeigte nicht nur der Besuch bei der Feier­stun­de, sondern auch der Programm­bei­trag der Wange­ner Jäger. Sie schenk­ten ihm einen Baum, eine Elsbee­re, die bis zu 300 Jahre alt werden könne. Ihr Holz sei im Übrigen beson­ders wertvoll. Ein Stamm könne bis zu 14 000 Euro kosten, wie Alois Müller sagte. Die Früch­te empfahl er OB Lang wegen der schmerz­lin­dern­den Wirkung, die man ihnen nachsagt, „für Sitzun­gen mit Bauchschmerzpotenzial.“ 

Spannend war auch der kurze Einblick, den Paul Müller in die Geschich­te des Wange­ner Stadt­wal­des gab. Im Jahr 1800 betrug die Waldflä­che 273 Hektar. Die napoleo­ni­sche Zeit führte dazu, dass die vorma­li­gen Reichs­städ­te große Waldflä­chen abtre­ten mussten – so auch Wangen. Erst im Jahr 2016 sei es gelun­gen, ungefähr die Größe von 1800 zu errei­chen. Über die Zeit wurden Waldflä­chen zugekauft, gerade auch unter Paul Müller. Er empfahl, „auch weiter solche Gelegen­hei­ten zu nutzen. Denn vielleicht könnte der Wald auch wieder wichti­ger zur Versor­gung der Bevöl­ke­rung mit Brenn­holz sein.“ Der langjäh­ri­ge Revier­lei­ter dankte allen Wegge­fähr­ten im Forst, der Jagd, unter den Waldbe­sit­zern und bei der Stadt Wangen für die Unter­stüt­zung. Und er zeigte sich äußerst dankbar dafür, dass während seiner Dienst­zeit nie ein schwe­rer oder gar tödli­cher Unfall im Wald passierte. 

Nicht den Stab, sondern das Tablet weiter­ge­ge­ben hat er inzwi­schen schon an seinen Nachfol­ger Korbi­ni­an Feier­le, den er als „angeneh­men, jungen Kolle­gen“ kennen­ge­lernt habe. „Das Revier ist bei dir bestimmt in guten Händen“, sagte Paul Müller. Schließ­lich dankte er seiner Frau Birgit, die es all die Jahre gedul­dig und wohlwol­lend ertra­gen habe, dass er „- wie bei Forst­leu­ten üblich – immer mit drecki­gen Schuhen und nie pünkt­lich“ nach Hause kam. 

Vollends zum Thema Wald passte die Musik­aus­wahl der Pianis­tin Anni Poiko­nen, die den Abend umrahmte.