Rund 450 Millio­nen Menschen leben in den Staaten um das Mittel­meer und entlang seiner Zuströ­me. Ihr Müll wird nicht überall korrekt entsorgt. Wohl hundert­tau­sen­de Tonnen Plastik landen deshalb jährlich im Mittel­meer, Tendenz deutlich steigend.

Derzeit fließen nach einer neuen Berech­nung der Weltna­tur­schutz­uni­on (IUCN) jährlich geschätzt 230.000 Tonnen Plastik ins Mittel­meer, allein aus den 33 Staaten an seinen Küsten und entlang wichti­ger Zuflüs­se wie Nil, Po und Rhone. Das entspricht umgerech­net pro Tag dem Inhalt von mehr als 500 Fracht­con­tai­nern, wie die IUCN in Gland bei Genf mitteilte.

Plastik­müll macht dabei laut Studie 94 Prozent dieser Menge aus. Der größte Anteil kommt laut der Studie aus Ägypten (schät­zungs­wei­se rund 74.000 Tonnen pro Jahr), Itali­en (34.000 Tonnen) und der Türkei (24.000 Tonnen). Bezogen auf die Einwoh­ner­zahl ist der Spitzen­rei­ter aller­dings Monte­ne­gro (etwa 8 Kilogramm Plastik­müll pro Jahr und Kopf), gefolgt von Albani­en, Bosni­en und Herze­go­wi­na und Nordma­ze­do­ni­en. Mikro­plas­tik — feins­te Teilchen etwa von Reifen­ab­rieb, aus Textil­fa­sern oder Kosme­tik — macht die anderen sechs Prozent aus.

Mittler­wei­le könnten sich mehr als eine Milli­on Tonnen Plastik im Mittel­meer angesam­melt haben, schät­zen die Autoren. Etwas mehr als ein Drittel des Plastik­mülls, der im Meer landet, stamme direkt aus Städten aus Küsten­nä­he. Die restli­chen 65 Prozent werden etwa von Flüssen ins Meer getragen.

Die Studi­en­au­toren unter­such­ten den sogenann­ten Plastik­fuß­ab­druck von insge­samt 33 Ländern, darun­ter 20 Küsten­staa­ten, aber auch Staaten etwa entlang des Nils. 80 Prozent des Plastiks lässt sich ihrer Schät­zung zufol­ge auf Müll aus nur zehn Staaten zurück­füh­ren. Neben Ägypten, Itali­en und der Türkei seien das Albani­en, Tunesi­en, Uganda, Nordma­ze­do­ni­en, Kenia und Bulgarien.

Plastik­ver­schmut­zung könne schwe­re Langzeit­schä­den für Ökosys­te­me an Land und im Wasser auslö­sen, beton­te die Direk­to­rin des IUCN-Programms für Meere und Polar­re­gio­nen, Minna Epps. «Wie dieser Bericht klarmacht, reichen die derzei­ti­gen und geplan­ten Maßnah­men nicht aus, um den Plastik­zu­strom zu reduzie­ren und diesen Einflüs­sen vorzubeugen.»

Die Exper­ten warnten, dass sich die Müllmen­ge bis 2040 verdop­peln werde, falls keine entschie­de­nen Maßnah­men getrof­fen würden. Verbes­se­re man etwa die Abfall­wirt­schaft in den 100 Städten, die am stärks­ten zur Müllmen­ge beitra­gen, könne man die Abfall­men­ge um ein Viertel senken. Auch Verbo­te etwa von Einweg­ar­ti­keln aus Plastik könnten demnach deutli­che Effek­te erzielen.

Die 230.000 Tonnen im Jahr sind indes laut IUCN nur ein mittle­rer Schätz­wert — zwischen 150.000 und 610.000 Tonnen seien möglich. Dabei wurde spezi­ell der Abfall berück­sich­tigt, der aus den Staaten das Mittel­meer erreicht. Weite­rer Plastik­müll wie etwa zurück­ge­las­se­ne Fischer­net­ze blieben außen vor. Der WWF hatte in einer Studie 2019 rund 570.000 Tonnen Plastik­müll pro Jahr im Mittel­meer geschätzt.