BAD WALDSEE — Rita Klehr konnte im Spital vor wenigen Tagen bei bester körper­li­cher und geisti­ger Gesund­heit ihren 100. Geburts­tag feiern. Dazu gratu­lier­ten ihr namens der Stadt Bad Waldsee Oberbür­ger­meis­ter Matthi­as Henne, der auch die Glück­wunsch­ur­kun­de des Minis­ter­prä­si­den­ten überbrach­te, und Heimlei­ter Roland Haug. Auch vom Bundes­prä­si­den­ten hatte die Jubila­rin ein Gratu­la­ti­ons­schrei­ben erhalten.

Rita Klehr wurde 1925 als Rita Müller in Saulgau geboren, lebt aber seit 1931 in Waldsee. Sie wurde direkt in die erste Klasse einge­schult und darf sich damit zu Recht als „echte Waldsee­rin“ bezeich­nen. Die gelern­te Verkäu­fe­rin hat hier viel erlebt und nimmt nach wie vor gerne und aktiv am städti­schen Gesche­hen teil.

Beson­ders angetan hat es ihr die Waldseer Fasnet: Schon als Kind war sie dabei, später nahm sie jahrzehn­te­lang als Schor­ren­weib­le an den Narren­sprün­gen teil. Heute steht die „Oma“, wie sie von vielen Menschen voller Liebe und Respekt genannt wird, als Zuschaue­rin am Straßen­rand, und die Teilneh­mer des Umzugs kommen zu ihr, um ihr eine Freude zu machen.

Rita Klehr ist nicht nur erfri­schend vital, sondern hat sich auch ihren Humor bewahrt. Zum Gehen braucht sie zwar inzwi­schen ein „Kärre­le“ – keinen Rolla­tor, wie sie sagt, denn sie sei ja Schwä­bin – und kann deshalb nicht mehr um den ganzen Stadt­see spazie­ren. „Aber i bin jo a paar hundert Mol drum rum glaufa, i woiß jo, wie es do aussieht.“

Ganz nah am Stadt­see hat sie in den Kriegs­ta­gen auch ihren Mann kennen­ge­lernt, der als Verletz­ter mit einem Lazarett­zug aus Itali­en zurück nach Deutsch­land kam. Weil die Gefahr bestand, dass er auf dem weite­ren Weg in die heimat­li­che Pfalz sterben würde, wurde er in Waldsee mithil­fe einer Rampe direkt vom anhal­ten­den Zug in das Kranken­haus einge­lie­fert. Dort lernte er seine späte­re Frau kennen, die zum Arbeits­dienst als Pflege­rin einge­teilt war.

Dass Rita Klehr schon früh Verant­wor­tung überneh­men musste, merkt man ihr bis heute an, denn sie strahlt eine angeneh­me Selbst­si­cher­heit aus. 1943, als sie gerade ihre Lehre zur Verkäu­fe­rin abgeschlos­sen hatte, starb die Mutter, so dass sie sich um den Haushalt mit Vater und zwei jünge­ren Brüdern kümmern musste. 1945 starb auch der Vater, nachdem die dringend erwar­te­te Liefe­rung eines Medika­ments nicht mehr recht­zei­tig ankam. Die junge Rita Müller und ihre zwei Brüder waren von da an auf sich selbst gestellt. Im selben Jahr brach­te sie außer­dem ihre Tochter zur Welt, die vor wenigen Jahren leider schon verstor­ben ist. Mit ihrer Enkelin konnte die Jubila­rin jedoch den 100. Geburts­tag feiern.

Eine enge Bezie­hung baute Rita Klehr zur Familie Maucher in Anken­reu­te auf, die während des Kriegs die Familie Müller immer wieder mit Milch versorgt hatte. In den Jahren des Wieder­auf­baus unter­stütz­te die Jubila­rin ihrer­seits die kinder­rei­che Familie und war dort sehr gerne gesehen. Wie sie erst später erfuhr, sorgten die Brezeln, die sie immer mitbrach­te, bei den Kindern für beson­de­re Freude. Die damals geschlos­se­ne Freund­schaft hält bis heute an, und so kamen auch viele der inzwi­schen längst groß gewor­de­nen Maucher-Kinder zum Gratulieren.

Rita Klehr ist eine bemer­kens­wer­te, beein­dru­cken­de Frau. Wir wünschen ihr auch weiter­hin alles Gute bei bester Gesundheit.