BERLIN (dpa) — Es kommt mit Ansage: Mit dem Herbst zieht die Zahl der Corona-Anste­ckun­gen wieder an. Auch Rhino­vi­ren sind auf dem Vormarsch — und sorgen verbrei­tet für Schnup­fen, Husten und Heiserkeit.

Akute Atemwegs­er­kran­kun­gen wie Covid-19 machen nach Schät­zung des Robert Koch-Insti­tuts (RKI) derzeit mehr Menschen in Deutsch­land zu schaf­fen als in Vorjah­ren zur gleichen Zeit.

«Der Infek­ti­ons­druck nimmt jetzt im Herbst in allen Alters­grup­pen der Allge­mein­be­völ­ke­rung wieder deutlich zu», heißt es im Covid-19-Wochen­be­richt, der sich teilwei­se auch auf andere Erkran­kun­gen der Atemwe­ge bezieht. Darin wird die Zahl der Corona-Infizier­ten für vorige Woche auf 500.000 bis 1,2 Millio­nen geschätzt.

Am Freitag­mor­gen gibt das RKI die bundes­wei­te Sieben-Tage-Inzidenz mit 466,0 an. Am Vortag hatte der Wert der Corona-Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner und Woche noch bei 409,9 gelegen. Die Zahl der tägli­chen Neuin­fek­tio­nen zieht an: Die Gesund­heits­äm­ter melden 96.367 Neuan­ste­ckun­gen (Vorwo­che: 50.800), außer­dem 140 Todes­fäl­le (Vorwo­che: 93).

Aller­dings liefern diese Angaben nur ein sehr unvoll­stän­di­ges Bild der Infek­ti­ons­zah­len. Exper­ten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfass­ter Fälle aus – vor allem, weil bei weitem nicht alle Infizier­te einen PCR-Test machen lassen. Nur positi­ve PCR-Tests zählen in der Statistik.

Um 10 Uhr wollen sich Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) und RKI-Chef Lothar zur Corona-Lage im Herbst äußern.

Rhino­vi­ren auf dem Vormarsch

Laut RKI-Wochen­be­richt gehören Rhino­vi­ren neben Sars-CoV‑2 zu den vorherr­schen­den Viren, die etwa zu Hausarzt­be­su­chen führen. Diese Erreger lösen Erkäl­tun­gen aus. Bei schwer verlau­fen­den Erkran­kun­gen der Atemwe­ge hinge­gen — gemeint sind Kranken­haus­be­hand­lun­gen -, sei noch kein deutli­cher Anstieg zu verzeich­nen, hält das RKI mit Blick auf die vergan­ge­ne Woche fest.

Weil sich Menschen im Herbst wieder vermehrt drinnen aufhal­ten und mit einem weite­ren Anstieg der Erkran­kun­gen gerech­net werden müsse, erinnert das RKI: «Regel­mä­ßi­ges richti­ges Lüften (Stoßlüf­ten) mit hohem Luftaus­tausch und gerin­gem Wärme­ver­lust» sei sehr wichtig, um das Risiko von Anste­ckun­gen zu verringern.

Hinter­grund ist, dass man sich in geschlos­se­nen Räumen leich­ter als im Freien durch Tröpf­chen anste­cken kann, die Kranke etwa beim Niesen oder Husten aussto­ßen. Generell mahnte das RKI, zum Schutz gefähr­de­ter Gruppen die Empfeh­lun­gen zum Vermei­den von Infek­tio­nen weiter­hin einzuhalten.

BA.2.75 wohl eher kein großes Risiko für Herbst und Winter

Wie schon in den Wochen zuvor dürften laut einer Stich­pro­be fast alle Corona-Anste­ckun­gen hierzu­lan­de auf die Omikron-Subli­nie BA.5 zurück­ge­hen. Die wegen einiger Mutatio­nen unter Beobach­tung stehen­de Subli­nie BA.2.75 hinge­gen kommt laut RKI nach jüngs­ten Daten von vorver­gan­ge­ner Woche bisher nur auf einen sehr kleinen Anteil: Er liege unter ein Prozent.

Mehre­re Wissen­schaft­ler äußer­ten in der jüngs­ten Zeit die Einschät­zung, dass diese Varian­te wohl eher kein großes Risiko für Herbst und Winter darstel­len dürfte — es könnten jedoch noch neue auftauchen.

Immuno­lo­gen sind der Ansicht, dass in Deutsch­land mittler­wei­le eine gute Basis­im­mu­ni­tät besteht. Das bedeu­tet nicht unbedingt dauer­haf­ten Schutz vor einer Corona-Anste­ckung — der Großteil der Menschen dürfte in dem Fall aber durch Impfun­gen und/oder Infek­ti­on über Gedächt­nis­zel­len verfü­gen, die Schlim­me­res verhindern.

Man könne vielleicht zwei, drei Tage Fieber haben oder sich eventu­ell auch richtig schlecht fühlen, aber am Ende sehr gut mit der Infek­ti­on zurecht­kom­men, sagte Chris­ti­an Bogdan, Mitglied der Ständi­gen Impfkom­mis­si­on (Stiko), kürzlich. «Das würden wir jetzt nicht als schwe­re Infek­ti­on bezeichnen.»

Es sei bei einem Virus wie Sars-CoV‑2 nicht möglich, durch weite­re Impfun­gen auch diese harmlo­se­ren Infek­tio­nen zu verhin­dern, beton­te der Wissen­schaft­ler. Auch das Senken von Inziden­zen sei kein Impfziel: «Es geht nicht darum, dass wir jetzt irgend­wie dieses Zahlen­spiel der Inziden­zen weiter betrei­ben», sagte Bogdan.

Stiko empfiehlt zweiten Booster bislang nur ab 60

Der Fokus liege vielmehr auf dem Vermei­den schwe­rer Erkran­kung bei gefähr­de­ten Menschen wie Älteren und Vorer­krank­ten. Entspre­chend empfiehlt die Stiko zweite Auffri­schungs­imp­fun­gen bislang nicht der gesam­ten Bevöl­ke­rung, sondern zum Beispiel den ab 60-Jährigen.

Dies ist momen­tan auch die einzi­ge Gruppe, bei der laut einem weite­ren RKI-Bericht von Donners­tag derzeit noch ein relevan­ter Zuwachs bei Covid-19-Impfun­gen verzeich­net wird. Der generel­le Abwärts­trend setzte sich vielmehr auch nach dem Hochsom­mer fort: «Im Septem­ber 2022 wurde mit rund 636.400 Impfun­gen in rund 24.900 impfen­den Stellen der bishe­ri­ge Tiefst­stand des Covid-19-Impfge­sche­hens erreicht», heißt es in dem monat­li­chen Impfreport.

Das RKI appel­lier­te, dass in Langzeit­pfle­ge­ein­rich­tun­gen «unbedingt» die anste­hen­den Grippe-Impfun­gen zum Anlass genom­men werden müssten, um den Covid-19-Impfschutz zu vervollständigen.