Der letzte König des Rock’n’Roll ist tot: Jerry Lee Lewis, der mit Songs wie «Great Balls of Fire» zu Weltruhm gelang­te und mit den bereits gestor­be­nen Musikern Elvis Presley, Chuck Berry und Little Richard zu den vier Königen des Rock’n’Roll gezählt wurde, starb am Freitag im Alter von 87 Jahren in seinem Haus im US-Bundes­staat Missis­sip­pi, wie sein Agent der Deutschen Presse-Agentur sagte. Lewis galt als einer der einfluss­reichs­ten Künst­ler der Musik­ge­schich­te. «Elvis war der Größte», sagte Jerry Lee gern. «Ich war der Beste.»

Zuletzt hatte der Musiker mit dem Spitz­na­men «The Killer» aller­dings mit gesund­heit­li­chen Proble­men zu kämpfen — unter anderem mit einem Rücken­lei­den und 2019 mit einem Schlag­an­fall und dessen Folgen. Wenn er dennoch auf die Bühne trat, wirkte er sehr geschwächt.

Vor rund einer Woche war auf dem Insta­gram-Profil von Lewis ein Bild veröf­fent­licht worden, auf dem ihm Musiker Kris Kristoff­er­son die Urkun­de über die Aufnah­me in die Ruhmes­hal­le des Country überreicht. Lewis liegt auf dem Bild im Kranken­bett mit Medika­men­ten auf dem Nachttisch.

Schon am Mittwoch hatte das US-Portal «TMZ» Lewis unter Berufung auf einen Sprecher des Musikers für tot erklärt, der Meldung wurde aber von Vertrau­ten wider­spro­chen. «TMZ» entschul­dig­te sich für den Fehler.

John Lennon soll ihm die Füße geküsst haben

Der Rock des 1935 im US-Bundes­staat Louisia­na gebore­nen Lewis war eine wilde Mischung aus Jazz, Country, R&B und Boogie. Er war unter den ersten, die einen Platz in der Ruhmes­hal­le des Rock bekamen. Zu seinen Fans gehör­ten auch zahlrei­che berühm­te Musiker, die von seiner Musik beein­flusst wurden: John Lennon soll ihm beispiels­wei­se bei der ersten Begeg­nung die Füße geküsst haben.

Das Rocker­le­ben von Lewis, Spross einer Familie christ­li­cher Funda­men­ta­lis­ten, war gezeich­net von Drogen, Gewalt, Sex, Schul­den und Tod. Der Rocker mit dem stroh­blon­den, ins Gesicht hängen­den Haar war berüch­tigt dafür, Konzer­te in letzter Minute abzusa­gen. Meistens «pumpte» Jerry Lee sein Piano im Stehen, setzte oder stell­te sich auch darauf. In mehre­ren Live-Auftrit­ten zünde­te er den Flügel nach getaner Arbeit an.

Ein beweg­tes Privatleben

Kaum weniger bewegt als seine Laufbahn war Lewis’ Privat­le­ben. Der Sohn armer Bauern, der Bruder früh gestor­ben, war sieben Mal verhei­ra­tet, das erste Mal mit 16 Jahren. Gerade volljäh­rig wurde er Vater, aller­dings schon mit der zweiten Frau. Insge­samt hatte er sechs Kinder, von denen zwei schon vor ihm starben. Seine siebte Ehefrau Judith Coghlan Lewis war bei seinem Tod an seiner Seite.

Ehe Nummer drei löste einen Skandal aus und wurde ihm beruf­lich zum Verhäng­nis. Er war 22, als er seine 13-jähri­ge Großcou­si­ne Myra Gale Brown heira­te­te. In Großbri­tan­ni­en gab es einen Sturm der Entrüs­tung und Lewis war gezwun­gen, seine Tournee am dritten Abend abzubre­chen. In den USA sollte er nie wieder einen Top-20-Hit landen.

Der gemein­sa­me Sohn von Lewis mit Myra ertrank 1962 dreijäh­rig im Pool. Das gleiche Schick­sal ereil­te Ehefrau Nummer vier. Ein 19-jähri­ger Sohn starb 1973 bei einem Autoun­fall, seine fünfte Ehefrau 1983 offen­bar an einer Überdo­sis Heroin. Lewis’ beweg­tes Leben wurde 1986 mit Dennis Quaid in der Haupt­rol­le unter dem Titel «Great Balls of Fire» verfilmt.

Himmel oder Hölle

Angst, wegen seiner Musik zur Hölle verdammt zu sein, hatte Lewis immer wieder zu Proto­koll gegeben. «Ich war immer besorgt, ob ich im Himmel oder der Hölle landen werde», sagte er 2015 dem briti­schen «Guardi­an». «Ich sorge mich weiter­hin, abends vor dem Zubett­ge­hen. Es ist eine sehr ernste Situa­ti­on. Wohin komme ich nach meinem letzten Atemzug?»

Von Chris­ti­na Horsten und Chris­ti­an Fahren­bach, dpa