Der saarlän­di­sche Minis­ter­prä­si­dent Tobias Hans befürch­tet, dass die Inten­siv­ka­pa­zi­tä­ten in Kranken­häu­sern während der Corona-Pande­mie nicht ausrei­chen. Ein Medizin­ex­per­te hält die Lage für deutlich drama­ti­scher als zu Beginn der Pande­mie im Frühjahr.

«Die Situa­ti­on ist erschre­ckend und alarmie­rend: Schon bald kann es zu einem Kollaps in vielen der 1900 Kranken­häu­ser in Deutsch­land kommen», sagte der CDU-Politi­ker der «Bild am Sonntag». Gerade jetzt, wo in der zweiten Corona-Welle jeder Inten­siv- und Beatmungs­platz dringend benötigt werde, würden Klini­ken aus der Versor­gung fallen, Statio­nen geschlos­sen und Notauf­nah­men abgemel­det. «Grund ist fehlen­des oder erkrank­tes Pflegepersonal.»

Der Präsi­dent der Deutschen Inter­dis­zi­pli­nä­ren Verei­ni­gung für Inten­siv- und Notfall­me­di­zin (DIVI), Uwe Janssens, sagte der Zeitung: «Es ist in einigen Bundes­län­dern nicht mehr viel Spiel­raum. Berlin hat nur noch 14 Prozent freie Inten­siv­bet­ten, Bremen 17 Prozent.» Dies liege auch daran, «dass viele Klini­ken immer noch ihr Routi­ne­pro­gramm durch­füh­ren». Als Beispie­le nannte er Magen-Bypäs­se und Gelenk-Opera­tio­nen. Mit Blick auf die Lage zu Beginn der Corona-Pande­mie im Frühjahr sagte Janssens: «Damals war die Situa­ti­on übrigens viel weniger drama­tisch als das, was jetzt auf uns zukommt.»

Hans forder­te aufgrund der Situa­ti­on einen Rettungs­schirm für die Klini­ken: «Sie brauchen dringend Unter­stüt­zung. Neben dem Perso­nal­eng­pass droht den Kranken­häu­sern der finan­zi­el­le Kollaps.» Sein Vorschlag: «Wir sollten jetzt dringend die Freihal­te­pau­scha­len wieder einfüh­ren, damit die Klini­ken in den nächs­ten Wochen und Monaten finan­zi­ell abgesi­chert sind.» Freihal­te­pau­scha­len sind Tages­pau­scha­len als Ausgleich für jedes leerste­hen­de Bett.

Die Gesund­heits­äm­ter in Deutsch­land melde­ten am Sonntag nach Angaben des Robert Koch-Insti­tuts (RKI) inner­halb eines Tages 14.177 neue Corona-Infek­tio­nen. An Sonnta­gen sind die erfass­ten Fallzah­len aller­dings meist niedri­ger, auch weil am Wochen­en­de weniger getes­tet wird. Insge­samt haben sich demnach seit Beginn der Pande­mie 532.930 Menschen in Deutsch­land mit dem Virus angesteckt (Stand: 1.11., 00.00 Uhr). Vor genau einer Woche waren 11.176 Neuin­fek­tio­nen an einem Tag gemel­det worden. Die Zahl der Todes­fäl­le im Zusam­men­hang mit dem Virus erhöh­te sich um 29 auf insge­samt 10.481.

Außen­mi­nis­ter Heiko Maas sagte dem «Tages­spie­gel am Sonntag», die Lage in Deutsch­land sei zwar «angespannt», aber besser als in einigen anderen Ländern. «Was ich aus dem Ausland an Reaktio­nen wahrge­nom­men habe, war eher eine Mischung aus Bewun­de­rung und dem Wunsch, es ähnlich zu machen», sagte der SPD-Politi­ker. «Wer unsere Situa­ti­on mit der anderer Länder vergleicht, kommt zu dem Schluss: Deutsch­land steht so schlecht nicht da.» Dennoch seien die von Montag an gelten­den neuer­li­chen Einschrän­kun­gen notwen­dig. «Uns steht ein harter Winter bevor.»

Grenz­schlie­ßun­gen als Teil der Corona-Maßnah­men schloss Maas aus: «Die Grenzen werden offen­blei­ben.» Man habe im Frühjahr genügend Erfah­run­gen gemacht, wie man Kontrol­len organi­sie­re, falls sie notwen­dig würden. «Ich bin sicher, dass wir Staus an der Grenze, die Dutzen­de von Kilome­tern lang sind, nicht sehen werden.»

Ab Montag wird mit einem Teil-Lockdown die Zahl der Menschen, die in priva­ten Räumen und in der Öffent­lich­keit zusam­men­kom­men dürfen, streng begrenzt. Hotels dürfen keine Touris­ten mehr aufneh­men. Schulen, Kitas und der Einzel­han­del bleiben anders als im Frühjahr aber geöff­net. In vielen Bundes­län­dern wurden die Beschlüs­se bereits in Landes­ver­ord­nun­gen gegos­sen, am späten Samstag­abend folgte auch Thüringen.

Im Gegen­satz zu ersten Plänen dürfen in Thürin­gen nicht nur Friseur­sa­lons, sondern auch Kosme­tik- und Nagel­stu­di­os bei der Einhal­tung der Hygie­ne­kon­zep­te weiter öffnen. Auch Zoos und Tierparks können noch Besucher empfan­gen — aller­dings nur in den Außen­be­rei­chen. Eine Sonder­re­ge­lung gibt es auch für Museen, die zumin­dest für kosten­lo­se, bildungs­be­zo­ge­ne Angebo­te öffnen können. Auch am Sonntag wollten noch einige Länder darüber entschei­den, wie die verschärf­ten Regeln konkret umgesetzt werden.