Die Länder wollen die Zügel anzie­hen, damit die hohen Corona­zah­len runter gehen. Für Weihnach­ten und Silves­ter sollen Sonder­re­geln gelten. Der Kurs für den Jahres­wech­sel ist aber noch umstritten.

Ob Locke­run­gen auch für Silves­ter gelten, ist vor neuen Beratun­gen der Länder mit Kanzle­rin Angela Merkel (CDU) an diesem Mittwoch aber noch offen. Für Firmen, die auch im Dezem­ber dicht bleiben sollen, plant der Bund weite­re Milliardenhilfen.

Die Minis­ter­prä­si­den­ten der Länder einig­ten sich auf eine Linie, mit der sie in die Beratun­gen mit Merkel gehen. Ziel ist es, die weiter hohe Zahl von Corona-Neuin­fek­tio­nen deutlich zu senken. Aller­dings forder­ten einige Regie­rungs­chefs kurz nach den Verhand­lun­gen im Länder­kreis bereits Nachbesserungen.

Das Kanzler­amt will Nachschär­fun­gen bei den Kontakt­be­schrän­kun­gen in mehre­ren Berei­chen durch­set­zen. Nach Infor­ma­tio­nen der Deutschen Presse-Agentur aus Verhand­lungs­krei­sen wird in der Regie­rungs­zen­tra­le darüber nachge­dacht, die Weihnachts­fe­ri­en noch früher als von den Ländern geplant begin­nen zu lassen. Die Länder schla­gen vor, dies auf 19. Dezem­ber vorzu­zie­hen, wo nicht schon der Fall. Merkel könnte sich demnach vorstel­len, dass die Ferien bereits ab 16. Dezem­ber beginnen.

Die Länder hatten sich auf am Montag­abend auf ein gemein­sa­mes Papier geeinigt. Demnach sollen Kontakt­be­schrän­kun­gen ab Anfang Dezem­ber verschärft werden. Vom 23. Dezem­ber bis zum 1. Januar aber soll es zu Locke­run­gen kommen, wie aus einem Beschluss­ent­wurf der Länder hervor­geht. Er lag der Deutschen Presse-Agentur am Diens­tag vor. Die Vorschlä­ge der Minis­ter­prä­si­den­ten im Überblick:

VERLÄNGERUNG TEIL-LOCKDOWN: Der seit Anfang Novem­ber gelten­de Teil-Lockdown mit der Schlie­ßung von Kneipen und Restau­rants sowie Kultur- und Freizeit­ein­rich­tun­gen soll bis mindes­tes 20. Dezem­ber verlän­gert werden. Alle nicht notwen­di­gen Kontak­te und Reisen sollen weiter vermie­den werden. Der Groß- und Einzel­han­del bleibt geöff­net — aller­dings soll die Masken­pflicht nun auch vor Geschäf­ten und auf Parkplät­zen gelten. Bei einer Inzidenz von «deutlich» unter 50 Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner binnen sieben Tagen und wenn weite­re Bedin­gun­gen erfüllt sind, sollen Länder die Möglich­keit bekom­men, hiervon abzuwei­chen. Für extre­me Corona-Hotspots sollen Länder wie bisher regio­na­le Verschär­fun­gen beschlie­ßen können.

FINANZHILFEN: Die Novem­ber­hil­fen für vom Teil-Lockdown betrof­fe­ne Firmen und Einrich­tun­gen sollen im Dezem­ber fortge­führt werden. Der Bund plant Finanz­hil­fen für betrof­fe­ne Unter­neh­men im Umfang von voraus­sicht­lich 17 Milli­ar­den Euro, wie die dpa am Diens­tag aus Regie­rungs­krei­sen erfuhr. Details dazu waren zunächst unklar.

KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN: Kontakt­be­schrän­kun­gen sollen verschärft werden. «Priva­te Zusam­men­künf­te mit Freun­den, Verwand­ten und Bekann­ten sind auf den eigenen und einen weite­ren Haushalt, jedoch in jedem Falle auf maximal fünf Perso­nen zu beschrän­ken», heißt es in dem Länder-Papier, wobei Kinder bis 14 Jahre ausge­nom­men sein sollen. Für Weihnach­ten und Silves­ter soll es aber eine Sonder­re­ge­lung geben.

KONTAKTREGELN FÜR WEIHNACHTEN UND SILVESTER: Vom 23. Dezem­ber bis 1. Januar sollen nach dem Willen der Länder Treffen eines Haushal­tes mit haushalts­frem­den Famili­en­mit­glie­dern oder haushalts­frem­den Menschen bis zu einer Obergren­ze von zehn Perso­nen ermög­licht werden. Kinder bis 14 Jahren sollen ausge­nom­men sein. Damit sollten «Feste im Kreise von Familie und Freun­den, wenn auch im kleine­ren Rahmen, möglich sein», heißt es: «Denn diese Tage sind für den familiä­ren und gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halt beson­ders wichtig.»

Die Minis­ter­prä­si­den­ten rufen dazu auf, vor den Weihnachts­ta­gen in eine möglichst mehrtä­gi­ge häusli­che Selbst­qua­ran­tä­ne zu gehen. «Dies kann durch ggf. vorzu­zie­hen­de Weihnachts­schul­fe­ri­en ab dem 19.12.2020 unter­stützt werden», heißt es im aktuel­len Entwurf der Länder.

Bayerns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder (CSU) fordert eine weite­re Verschär­fung der bishe­ri­gen Länder-Vorschlä­ge. Unter anderem will er noch einmal disku­tie­ren, ob die für Weihnach­ten angestreb­te Locke­rung der Kontakt­be­schrän­kun­gen auch über Silves­ter gelten soll oder ob der Zeitraum noch verkürzt wird. Auch Baden-württem­bergs Regie­rungs­chef Winfried Kretsch­mann (Grüne) hält den Zeitraum der vorge­schla­ge­nen Locke­run­gen vom 23. Dezem­ber bis zum 1. Januar für zu lang.

Schles­wig-Holsteins Regie­rungs­chef Daniel Günther (CDU) kriti­sier­te, der Beschluss-Entwurf bedeu­te, dass man sich vom 23. Dezem­ber bis Neujahr mit 10 Perso­nen aus 10 Hausstän­den plus Kinder bis 14 Jahre treffen dürfe, so dass es 20 Perso­nen sein könnten: «Ich halte die Zahl für deutlich zu hoch.» Schles­wig-Holstein halte daher an seiner Regelung auch an Weihnach­ten fest, dass sich nicht mehr als zehn Menschen öffent­lich oder privat treffen dürfen.

MASKENPFLICHT: Bundes­weit soll eine Masken­pflicht gelten «in geschlos­se­nen Räumen, die öffent­lich oder im Rahmen eines Besuchs- oder Kunden­ver­kehrs zugäng­lich sind». Und auch in Innen­städ­ten und anderen Orten unter freiem Himmel, «an denen sich Menschen entwe­der auf engem Raum oder nicht nur vorüber­ge­hend aufhal­ten», soll verpflich­tend eine Mund-Nasen-Bedeckung getra­gen werden müssen. Die genaue Orte und Zeiten sollen die örtli­chen Behör­den festle­gen. Auch am Arbeits­platz soll eine Masken­pflicht gelten — außer am Platz, wenn ein 1,5‑Meter-Abstand zu weite­ren Perso­nen einge­hal­ten wird.

FEUERWERK: Silves­ter­feu­er­werk auf beleb­ten Plätzen und Straßen wollen die Minis­ter­prä­si­den­ten unter­sa­gen, um größe­re Gruppen zu vermei­den. «Die örtlich zustän­di­gen Behör­den bestim­men die betrof­fe­nen Plätze und Straßen», heißt es im Papier. Grund­sätz­lich wird «empfoh­len», zum Jahres­wech­sel auf Feuer­werk zu verzich­ten — ein von SPD-Ländern ins Spiel gebrach­tes Verkaufs­ver­bot ist nicht vorgesehen.

BETRIEBSFERIEN: Arbeit­ge­ber sollen prüfen, ob Betriebs­stät­ten durch Betriebs­fe­ri­en oder großzü­gi­ge Homeof­fice-Lösun­gen vom 23. Dezem­ber bis 1. Januar schlie­ßen können. Damit solle der Grund­satz «Stay at Home» umgesetzt werden. Wirtschafts­ver­bän­de äußer­ten Kritik.

SCHULEN UND KITAS: Kinder­be­treu­ungs­ein­rich­tun­gen und Schulen sollen offen bleiben. Flächen­de­cken­der Wechsel­un­ter­richt ist nicht geplant. In Regio­nen mit deutlich mehr als 50 Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner in sieben Tagen soll aber künftig ab Klasse 7 grund­sätz­lich Masken­pflicht auch im Unter­richt gelten. Für Grund­schü­ler, Fünft- und Sechst­kläss­ler soll eine solche Pflicht ebenfalls einge­führt werden können. In «beson­de­ren Infek­ti­ons­hot­spots» soll es in älteren Jahrgän­gen außer Abschluss­klas­sen schul­spe­zi­fisch «weiter­ge­hen­de Maßnah­men für die Unter­richts­ge­stal­tung» wie Hybrid­un­ter­richt geben. In den Schulen sollen auch verstärkt Schnell­tests einge­setzt werden.

QUARANTÄNE: Für Kontakt­per­so­nen von Corona-Infizier­ten soll ab 1. Dezem­ber eine kürze­re Quaran­tä­ne­zeit von 10 statt bisher 14 Tagen gelten — aber mit einem negati­ven Test. Darauf verstän­dig­ten sich die Gesund­heits­mi­nis­ter von Bund und Ländern bereits unabhän­gig von den Beratun­gen der Regie­rungs­chefs. Bundes­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) sagte den Zeitun­gen der Funke-Medien­grup­pe: «Zehn Tage Quaran­tä­ne mit Schnell­test am Ende ist genau­so sicher wie 14 Tage Quaran­tä­ne ohne Test.» Für Betrof­fe­nen seien es vier Tage weniger Einschränkungen.

SCHUTZ VON RISIKOGRUPPEN: Die Minis­ter­prä­si­den­ten wollen den Schutz von Risiko­grup­pen verbes­sern. So sollte es für Pflege­be­dürf­ti­ge 20 Schnell­tests pro Woche geben — für Pflege­heim­be­woh­ner sind schon 20 Schnell­tests im Monat möglich. Generell will der Bund für das neue Jahr weite­ren Nachschub organi­sie­ren. Ziel sei, für das erste Quartal 2021 rund 60 Millio­nen Schnell­tests für Deutsch­land zu sichern, wie die dpa vom Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um erfuhr. Für das zweite Quartal sollen 40 Millio­nen Tests folgen, dann bis Jahres­en­de weite­re 30 Millio­nen. Bis Ende dieses Jahres sind bereits Kontin­gen­te über Abnah­me­ga­ran­tien bei Herstel­lern gesichert worden, damit Länder und Einrich­tun­gen sie kaufen können — für Dezem­ber 17,5 Millio­nen Tests.

SOZIALGARANTIE: Der Bund soll im Rahmen der «Sozial­ga­ran­tie 2022» die Sozial­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge bei maximal 40 Prozent stabi­li­sie­ren. Darüber hinaus­ge­hen­de Finanz­be­dar­fe etwa für die Kranken­ver­si­che­rung sollten bis 2022 aus dem Bundes­haus­halt gedeckt werden, fordern die Länder. Von einem Corona-«Solidaritätszuschlag», wie von SPD-Seite vorge­schla­gen, ist nicht die Rede. Der Bund gibt für 2021 schon fünf Milli­ar­den Euro extra in die gesetz­li­che Krankenversicherung.

CORONA-APP: Die Länder setzen im Kampf gegen das Corona­vi­rus auch auf eine Weiter­ent­wick­lung der staat­li­chen Warn-App. In den kommen­den sechs Wochen soll die Anwen­dung drei weite­re Updates erhalten.

NÄCHSTE BUND-LÄNDER-RUNDE: Einen Automa­tis­mus zur Verlän­ge­rung von Maßnah­men enthält der Länder-Vorschlag nicht. Dort heißt es aber: «Bund und Länder werden sich bis zum 15. Dezem­ber über das weite­re Vorge­hen abstim­men.» Die Länder gehen demnach «davon aus, dass wegen des hohen Infek­ti­ons­ge­sche­hens umfas­sen­de Beschrän­kun­gen auch über den Jahres­wech­sel hinaus erfor­der­lich sein werden». Merkel kündig­te in der Unions­frak­ti­on an, sie werde sich am 14. oder 15. Dezem­ber nochmals mit den Minis­ter­prä­si­den­ten zusammenschalten.