HAMBURG (dpa) — Bereits mit 14 Jahren hatte er seinen Durch­bruch im Antikriegs­film «Die Brücke»: Jetzt ist der Schau­spie­ler, Sänger und Regis­seur Volker Lechten­brink im Alter von 77 Jahren nach schwe­rer Krank­heit gestorben.

«Leben so wie ich es mag, Leben spüren Tag für Tag, das heißt immer wieder fragen, das heißt wagen, nicht nur klagen»: Die Zeilen aus Volker Lechten­brinks berühm­tem Song könnten auch als Überschrift über seinem Leben stehen.

Der Mann mit der unver­wech­sel­ba­ren sonoren Stimme und der schier unstill­ba­ren Lebens­sehn­sucht war ein Multi­ta­lent — als Schau­spie­ler, Sänger, Regis­seur und Inten­dant. Am Montag ist der Hambur­ger Künst­ler, der bereits mit 14 Jahren seinen Durch­bruch in Bernhard Wickis Antikriegs­film «Die Brücke» (1959) gefei­ert hatte, im Alter von 77 Jahren nach schwe­rer Krank­heit in seiner Wahlhei­mat und im Kreis seiner Familie gestor­ben, wie seine Agentur und das Hambur­ger Ernst-Deutsch-Theater am Diens­tag mitteilten.

Mit zehn Jahren stand er auf der Bühne

«Ich hatte Glück mit meiner Karrie­re. Irgend­wie hat sich stets etwas Neues ergeben», sagte Lechten­brink in einem dpa-Inter­view zu seinem 70. Geburts­tag. Schon als Kind habe er Schau­spie­ler werden wollen. «Ich konnte mir für mich nie etwas anderes vorstel­len als die Schau­spie­le­rei.» Bereits mit acht Jahren hatte er sich als Sprecher für Kinder­sen­dun­gen im Norddeut­schen Rundfunk (NDR) bewor­ben — und wurde prompt genom­men. Mit zehn Jahren stand er das erste Mal im Weihnachts­mär­chen am Hambur­ger Schau­spiel­haus auf der Bühne, begut­ach­tet von niemand Gerin­ge­rem als dem legen­dä­ren Inten­dan­ten Gustaf Gründ­gens (1899–1963).

«“Die Brücke” war für uns alle ein Glücks­fall», erinner­te sich Lechten­brink, der auch im hohen Alter mit seinen langen blonden Haaren, dem grauen Drei-Tage-Bart und der markan­ten Brille stets etwas Jugend­li­ches ausstrahl­te. «Wir haben aber nicht gewusst, dass wir damit berühmt werden.» Nach dem großen Erfolg des Antikriegs­films ging er wenig später, ein Jahr nach der mittle­ren Reife, vom Gymna­si­um Johan­ne­um ab, absol­vier­te seine Schau­spiel­aus­bil­dung an der Hambur­ger Staat­li­chen Hochschu­le für Bilden­de Künste und dem priva­ten Hambur­ger Schau­spiel­stu­dio Hildburg Freese.

Er hatte viele Lieblingsrollen

Nach Statio­nen in Hanno­ver, Köln, Berlin und München kehrte er immer wieder nach Hamburg zurück, wo er nach seiner Flucht aus dem ostpreu­ßi­schen Cranz aufge­wach­sen war und bis zum Schluss lebte. Mit 26 Jahren hatte er bereits rund 60 Bühnen- und 50 Fernseh­rol­len gespielt. «Irgend­wann habe ich aufge­hört zu zählen», sagte Lechten­brink. Seine Lieblings­rol­len erken­ne man daran, dass er sie mehrmals gespielt habe: Den Prinzen von Homburg, des Teufels General, Bleichen­wang in «Was ihr wollt» und Bruno in «Die Ratten». Außer­dem stand er regel­mä­ßig für Fernseh­fil­me und ‑serien vor der Kamera, unter anderem in «Derrick» und «Ein Fall für zwei».

Zuletzt hatte Lechten­brink im August dieses Jahres den Gustaf-Gründ­gens-Preis im Hambur­ger Ernst-Deutsch-Theater für seinen bedeu­ten­den Beitrag zur Darstel­len­den Kunst in der Stadt bekom­men. Lechten­brink habe in unzäh­li­gen Bühnen‑, Film- und Fernseh­rol­len nicht nur mit heraus­ra­gen­der künst­le­ri­scher Profes­sio­na­li­tät, sondern auch mit seiner Leiden­schaft und Hinga­be überzeugt, hieß es zur Begrün­dung. Die 15.000 Euro Preis­geld spende­te er für wohltä­ti­ge Zwecke.

Nach seinen frühen Erfol­gen als Schau­spie­ler habe er irgend­wann etwas anderes machen wollen, doch seine ins Deutsche übersetz­ten Lieder des ameri­ka­ni­schen Country-Sängers Kris Kristoff­er­son habe niemand singen wollen. Sein Freund Knut Kiese­wet­ter habe dann zu ihm gesagt: «Ab jetzt bist du auch Sänger!», erinner­te sich Lechten­brink Anfang 2019 beim Lieder­abend im Hambur­ger St.-Pauli-Theater. Gleich seine erste Platte «Der Macher» (1976) wurde ein Riesen­er­folg — den bekann­ten Song «Ich mag» können heute noch viele mitsummen.

Humor und Dankbarkeit

«Ich bereue nichts in meinem Leben», sagte Lechten­brink zu seinem 75. Geburts­tag. «Das war alles richtig zu seiner Zeit.» Auch in seinem Privat­le­ben ging es recht turbu­lent zu: Insge­samt fünfmal war Lechten­brink verhei­ra­tet, unter anderem mit den Schau­spie­le­rin­nen Anja Topf und Jeanette Arndt. Zu seinen Ex-Frauen pfleg­te er nach eigenen Angaben ein gutes Verhält­nis, auch seinen drei Kindern Robert, Saskia und Sophie zulie­be. «Wenn man sich mal geliebt hat, wäre es doch dumm, das zu verges­sen.» Sein Rezept für ein gelun­ge­nes Leben? Humor. Und Dankbar­keit. «Ich bin immer dankbar gewesen für mein Leben.»

Von Carola Große-Wilde, dpa