BERLIN (dpa) — Binnen weniger Wochen sind Tausen­de Anlauf­stel­len entstan­den, bei denen man Corona-Schnell­tests machen kann. Hinwei­se auf zweifel­haf­te Geschäfts­prak­ti­ken einiger Anbie­ter sollen jetzt rasch Folgen haben.

Als Konse­quenz aus dem Verdacht auf Abrech­nungs­be­trug bei Corona-Teststel­len sollen schnell stren­ge­re Vorga­ben kommen. Dazu sind Neure­ge­lun­gen in der Testver­ord­nung vorge­se­hen, wie das Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um nach Beratun­gen mit den Ressort­chefs der Länder mitteil­te. «Wir sprechen da von Tagen und nicht von Wochen», sagte ein Sprecher.

Im Blick steht unter anderem, dass Abrech­nungs­da­ten zusätz­lich abgegli­chen werden müssen und dafür auch die Finanz­äm­ter einbe­zo­gen werden könnten. Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) hatte außer­dem bereits angekün­digt, dass die Vergü­tung für die Tests gesenkt werden soll.

So könnten die konkre­ten Maßnah­men aussehen

Mit den kommu­na­len Spitzen­ver­bän­den solle nun über konkre­te Maßnah­men gespro­chen werden, hieß es nach der Bund-Länder-Schalt­kon­fe­renz. Ansatz­punk­te sollen demnach etwa sein, dass Sachkos­ten für gekauf­te Tests von den Kassen­ärzt­li­chen Verei­ni­gun­gen mit den abgerech­ne­ten Tests abgegli­chen werden. Teststel­len könnten bei diesen auch ihre Steuer-Identi­fi­ka­ti­ons­num­mer angeben müssen, damit Finanz­äm­ter die Zahl der abgerech­ne­ten Tests mit angege­be­nen Umsät­zen abglei­chen können. Die Testzen­tren könnten eine schrift­li­che Bestä­ti­gung des Gesund­heits­am­tes vorle­gen müssen, dass sie Tests ordnungs­ge­mäß vorneh­men. Eine Online-Regis­trie­rung reiche dafür nicht.

Wie es aus Teilneh­mer­krei­sen weiter hieß, wurde zugleich betont, dass es gelun­gen sei, schnell eine funktio­nie­ren­de Testin­fra­struk­tur mit vielen seriö­sen Anbie­tern aufzu­bau­en. Testzen­tren würden auch schon kontrol­liert und seien teils geschlos­sen worden. Missbrauch sei aber nicht hinnehm­bar. Auch Regie­rungs­spre­cher Steffen Seibert hob den Aufbau des Testnet­zes hervor, das nun Corona-Öffnun­gen absiche­re. Wo Betrug gesche­he oder es Verdacht gebe, müsse dem nachge­gan­gen werden.

Die Staats­an­walt­schaft ermittelt

Konkret geht es darum, dass Anbie­ter viel mehr Tests abgerech­net haben sollen, als tatsäch­lich gemacht wurden. Bekannt wurden bisher Verdachts­fäl­le in Bayern und Nordrhein-Westfa­len, es gibt erste staats­an­walt­li­che Ermitt­lun­gen. Der Bund übernimmt seit Anfang März für alle Bürger die Kosten für mindes­tens einen Schnell­test pro Woche durch geschul­tes Perso­nal auch mit einem Ergeb­nis­nach­weis. Bundes­weit gibt es inzwi­schen rund 15.000 Teststel­len verschie­de­ner Anbie­ter. Pro Test werden bis zu 18 Euro als Vergü­tung gezahlt. Spahn hatte signa­li­siert, dass es künftig wohl unter 10 Euro sein sollen.

Der saarlän­di­sche Minis­ter­prä­si­dent Tobias Hans (CDU) sagte in Berlin: «Wir müssen ein klares Signal setzen und allen, die glauben, man könne jetzt in dieser Pande­mie Reibach machen, sagen: Das wird nicht durch­ge­hen.» Spätes­tens bei Prüfun­gen durch die Finanz­äm­ter, aber auch bei stich­pro­ben­ar­ti­gen Kontrol­len werde Betrug heraus­kom­men. Einzel­fäl­len müsse akribisch nachge­gan­gen werden. Es müsse aber auch verhin­dert werden, dass weniger getes­tet werde.

Die Deutsche Stiftung Patien­ten­schutz forder­te anlass­un­ab­hän­gi­ge Quali­täts­prü­fun­gen vor Ort durch Gesund­heits­äm­ter oder die Kassen­ärzt­li­chen Verei­ni­gun­gen. «Die Güte der Testung ist viel entschei­den­der als die Frage, ob Betrug im Spiel ist», sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. «Es darf nicht sein, dass schlecht getes­te­te Besucher das Virus in Pflege­hei­me und Kranken­häu­ser tragen.»

FDP-Chef Chris­ti­an Lindner sieht die Aufklä­rung auch als eine Aufga­be für Bundes­fi­nanz­mi­nis­ter Olaf Scholz (SPD). «Die SPD darf nicht nur zu Wahlkampf­zwe­cken auf den Gesund­heits­mi­nis­ter mit dem Finger zeigen», sagte er. «Mit den Finanz­be­hör­den und dem ihm unter­ste­hen­den Zoll verfügt Herr Scholz über Mittel, die nun zum Einsatz kommen könnten.» Die Chefin der Links­frak­ti­on, Amira Mohamed Ali, kriti­sier­te bei RTL/ntv, in der Testver­ord­nung hätten von vornher­ein Sicher­heits­me­cha­nis­men einge­zo­gen werden müssen.

Der Städte- und Gemein­de­bund beton­te, der Bund sei als Auftrag­ge­ber gefor­dert, bei kosten­lo­sen Bürger­tests für angemes­se­ne Kontrol­le zu sorgen. «Die Gesund­heits­äm­ter der Kommu­nen können das nicht auch noch tun, die sind schon völlig überlas­tet», sagte Haupt­ge­schäfts­füh­rer Gerd Lands­berg der «Rheini­schen Post».