VERSAILLES/BERLIN/MOSKAU (dpa) — Mit Putin reden sie beide — aber während Kanzler Scholz zum Telefon greift, reist Altkanz­ler Schrö­der direkt nach Moskau, um den Kreml-Chef zu sprechen. Beides soll einem Ziel dienen: den Krieg zu beenden.

Bundes­kanz­ler Olaf Scholz will bei seinen Bemühun­gen um ein Ende des Ukrai­ne-Kriegs auch die Gesprä­che von Altkanz­ler Gerhard Schrö­der (beide SPD) in Moskau berücksichtigen.

«Wir werden sicher­lich die Ergeb­nis­se zur Kennt­nis nehmen können und auch einbe­zie­hen können in all das, was wir an eigenen Anstren­gun­gen unter­nom­men haben», sagte Scholz nach dem EU-Gipfel im franzö­si­schen Versailles. Weiter wollte er sich zu der Initia­ti­ve Schrö­ders aber nicht äußern: «Das muss und kann ich zum jetzi­gen Zeitpunkt gar nicht kommentieren.»

Schrö­der war am Mittwoch nach Moskau gereist, um mit dem russi­schen Präsi­den­ten Wladi­mir Putin Gesprä­che über den Ukrai­ne-Krieg zu führen. Entspre­chen­de Berich­te des Nachrich­ten­por­tals «Politi­co» und der «Bild»-Zeitung wurden der Deutschen Presse-Agentur bestä­tigt. Nach dpa-Infor­ma­tio­nen fand ein Gespräch zwischen Schrö­der und Putin am Donners­tag statt. Der Kreml äußer­te sich am Freitag nicht inhalt­lich dazu. Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte: «Ich habe keine Infor­ma­tio­nen zu Schrö­der. Ich kann Ihnen nichts sagen.»

Botschaf­ter: Initia­ti­ve ging von Schrö­der aus

Nach Angaben des ukrai­ni­schen Botschaf­ters in Deutsch­land, Andrij Melnyk, ging die Initia­ti­ve zu der Reise in den vergan­ge­nen Tagen von Schrö­der aus und nicht auf Bitten der Ukrai­ne zurück. Schrö­der habe sich indirekt gemel­det, «über gewis­se Kontak­te, die auch Kontak­te zur Ukrai­ne haben», sagte Melnyk in der «Bild»-Sendung «Viertel nach Acht». Dem Diplo­ma­ten zufol­ge handel­te es sich dabei um den schwei­ze­ri­schen Ringier-Verlag.

Melnyk sagte, er habe nicht viel Respekt vor Schrö­der. Er sprach aber von einem kreati­ven Vorschlag. «Wieso sollten wir Herrn Schrö­der jetzt abschrei­ben?» Melnyk sagte weiter: «Es gibt nicht so viele Menschen weltweit und auch in Deutsch­land vielleicht, die diesen persön­li­chen Draht zu Herrn Putin haben.» Auf die Frage nach Resul­ta­ten der Gesprä­che sagte der Botschaf­ter, er könne sagen, «dass eventu­ell morgen wir auch direkt von Herrn Schrö­der hören werden», was die Ergeb­nis­se des Treffens mit Putin gewesen seien. «Ich weiß, dass Herr Schrö­der bereit ist, darüber auch zu berich­ten, über Kanäle, die jetzt quasi nicht öffent­lich laufen. Und das ist gut, dass man zumin­dest da auch eine gewis­se Hoffnung hat.»

Regie­rung wusste nichts von Russland-Reise

Scholz ist ebenfalls in direk­tem Kontakt mit Putin, der am 24. Febru­ar den Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne befoh­len hat. Erst am Donners­tag telefo­nier­te der Kanzler zusam­men mit dem franzö­si­schen Präsi­den­ten Emmanu­el Macron mit Putin. Ein weite­res Gespräch soll bald folgen. «Dabei gibt es für uns einen ganz klaren Grund­satz», beton­te Scholz. «Wir werden nicht für die Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner Entschei­dun­gen treffen. Sie müssen selber wissen, was aus ihrer Sicht für ihr Land das Wichtigs­te ist in dieser bedroh­li­chen Situation.»

Schrö­der hatte seine Reise nach Moskau nicht mit der Bundes­re­gie­rung abgestimmt. Er reiste nach dpa-Infor­ma­tio­nen über Istan­bul nach Moskau. In der türki­schen Metro­po­le habe er eine ukrai­ni­sche Delega­ti­on getrof­fen, bevor er am Mittwoch von einem russi­schen Flugzeug abgeholt worden und nach Moskau geflo­gen sei.

Schrö­der ist seit langem mit Putin befreun­det. Der Altkanz­ler ist zudem für die Erdgas-Pipeline-Unter­neh­men Nord Stream 1 und 2 als Lobby­ist tätig sowie Aufsichts­rats­chef beim russi­schen Ölkon­zern Rosneft. Trotz des Ukrai­ne-Kriegs und massi­ven Drucks auch aus seiner eigenen Partei hält er weiter­hin an den Posten fest.