BERLIN (dpa) — Gaspreis­brem­se, Wohnen, bundes­wei­tes Nahver­kehrs­ti­cket, Flücht­lings­ver­sor­gung: Beim Bund-Länder-Gipfel geht es heute um viel Geld. Nach einem bereits erfolg­lo­sen Treffen ist der Druck groß.

Der Bund hat den Ländern vor erneu­ten Gesprä­chen über die Finan­zie­rung von Entlas­tungs­maß­nah­men Entge­gen­kom­men angedeutet.

Wie aus einer Beschluss­vor­la­ge für die heuti­ge Konfe­renz der Regie­rungs­chefs von Bund und Ländern hervor­geht, bietet die Bundes­re­gie­rung mehr Geld für den öffent­li­chen Nahver­kehr und für die Aufnah­me und Integra­ti­on von Flücht­lin­gen an. Im Zentrum der Gesprä­che dürften aber die Pläne des Bundes stehen, die zuletzt enorm gestie­ge­nen Preise für Gas und Strom für die Bürger zu drücken.

Am Vormit­tag beraten die 16 Regie­rungs­chefin­nen und ‑chefs der Länder unter sich, am Nachmit­tag kommen sie dann mit Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) zusam­men. Beide Seiten mahnten im Vorfeld eine Einigung an. Beim vorigen Treffen Anfang Oktober waren Bund und Länder ohne Einigung ausein­an­der gegangen.

FDP-Frakti­ons­vi­ze Chris­toph Meyer beton­te: «Wir erwar­ten von den Minis­ter­prä­si­den­ten, dass die Länder ihren Wider­stand gegen ihren Anteil an der Finan­zie­rung des dritten Entlas­tungs­pa­kets endlich aufge­ben.» Die Länder taktier­ten und entzö­gen sich trotz hoher Steuer­ein­nah­men ihrer Verant­wor­tung — während Bürger und Unter­neh­men dringend auf Entlas­tun­gen angewie­sen seien. «Jede zusätz­li­che Mittel­for­de­rung der Länder oder Kommu­nen an den Bund ist in der Einnah­me­si­tua­ti­on der Länder nicht nachvoll­zieh­bar», sagte Meyer der Deutschen Presse-Agentur.

Der hessi­sche Minis­ter­prä­si­dent Boris Rhein (CDU) sieht derweil die Berli­ner Ampel-Regie­rung in der Pflicht. «Der Bund muss sich am Mittwoch bewegen, damit es eine Einigung geben kann», sagte er dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND).

Bundes­wei­tes Ticket für Bus und Bahn?

Die Bürger dürfte vor allem inter­es­sie­ren, ob sich Bund und Länder endgül­tig auf ein bundes­wei­tes Nahver­kehrs­ti­cket einigen können. Eigent­lich besteht schon Einig­keit, dass es ein 49-Euro-Ticket geben soll. Doch die Länder machen dauer­haft höhere Zuschüs­se vom Bund zur Bedin­gung. Wie aus der Beschluss­vor­la­ge hervor­geht, will der Bund den Ländern nun ein neues Angebot machen. Für 2022 will er zusätz­li­che Regio­na­li­sie­rungs­mit­tel in Höhe von einer Milli­ar­de Euro zahlen, von 2023 an sollen sie jährlich um drei Prozent erhöht werden.

Fraglich ist, ob dies den Ländern ausreicht — sie hatten von diesem Jahr an 1,5 Milli­ar­den Euro mehr gefor­dert. Zusätz­lich soll der Bund nach den Vorstel­lun­gen der Länder die Regio­na­li­sie­rungs­mit­tel 2022 und 2023 aufgrund der gestie­ge­nen Energie­prei­se jeweils um 1,65 Milli­ar­den Euro erhöhen. Kanzler Scholz zeigte sich jeden­falls zuver­sicht­lich. Man habe sich mit den Ländern schon fast auf ein solches «Deutsch­land­ti­cket» verstän­digt, sagte der SPD-Politi­ker am Diens­tag bei einem Bürger­dia­log im nieder­säch­si­schen Gifhorn. «Morgen ist der Tag, an dem es dann endgül­tig gelin­gen soll.»

Der Deutsche Gewerk­schafts­bund (DGB) fordert ein bundes­wei­tes Sozial­ti­cket für maximal 29 Euro im Monat. «Bundes­kanz­ler und Minis­ter­prä­si­den­ten müssen sich dringend einigen, wie das 49-Euro-Ticket zukünf­tig finan­ziert werden soll», sagte DGB-Vorstands­mit­glied Stefan Körzell zudem. Wichtig sei eine Finan­zie­rungs­si­cher­heit bis 2030: Der Ausbau des Öffent­li­chen Nahver­kehrs sei nur mit erheb­li­chen Inves­ti­tio­nen in neue Netze, Fahrzeu­ge und in Perso­nal machbar.

Pläne für Gaspreisbremse

Kurz vor dem Treffen im Kanzler­amt legte die Bundes­re­gie­rung Pläne für eine Gaspreis­brem­se vor. Zum einen übernimmt der Staat mit einer Einmal­zah­lung den Dezem­ber-Abschlag. Außer­dem soll der Gaspreis für Privat­kun­den ab März, möglichst auch rückwir­kend zum Febru­ar, gedeckelt werden. Für 80 Prozent des Vorjah­res­ver­brauchs soll das Gas 12 Cent pro Kilowatt­stun­de kosten. Wer mehr verbraucht, muss mehr zahlen. Haushal­te mit höheren Einkom­men sollen die Staats­hil­fe als geldwer­ten Vorteil versteu­ern. Den Ländern ist der März-Termin zu spät — ob es ihnen ausreicht, dass der günsti­ge Preis rückwir­kend ab Febru­ar gelten könnte, ist offen.

Thürin­gens Regie­rungs­chef Bodo Ramelow (Linke) forder­te einen Start des Gaspreis­de­ckels bereits zum 1. Januar. «Gerade bei der Decke­lung der Energie­kos­ten ist für die Bürge­rin­nen und Bürger Verläss­lich­keit dringend geboten», sagte er der «Rheini­schen Post» und dem Bonner «General-Anzei­ger». «Es ist unsere gemein­sa­me Aufga­be, die Sorgen vor Energie­ar­mut zu begrenzen.»

Kosten für Flüchtlingsunterbringung

Auch auf die Länder-Forde­rung nach mehr Unter­stüt­zung bei der Aufnah­me der vielen Flücht­lin­ge aus der Ukrai­ne und über die Balkan-Route will die Bundes­re­gie­rung reagie­ren. Sie bietet Ländern und Kommu­nen in diesem und im nächs­ten Jahr zur Versor­gung von Flücht­lin­gen nun insge­samt 4,25 Milli­ar­den Euro an.

Finan­zie­rung des Wohngelds

Strit­tig ist weiter­hin, wie die von der Bundes­re­gie­rung geplan­te, deutli­che Auswei­tung des Wohngelds finan­ziert werden soll. Im Januar soll der staat­li­che Mietzu­schuss um durch­schnitt­lich 190 Euro pro Monat steigen und an 1,4 Millio­nen Bürger zusätz­lich gezahlt werden. Bisher wird das Wohngeld je zur Hälfte von Bund und Ländern finan­ziert, doch die Länder wollen nicht länger mitmachen.

Kommu­nen fordern Klarheit von Bund und Ländern

Der Deutsche Städte­tag forder­te von Bund und Ländern «tragfä­hi­ge Lösun­gen, die die die Kommu­nen nicht belas­ten, sondern entlas­ten». «Es geht auch darum, die Leistungs­kraft der Städte gerade in Krisen­zei­ten zu erhal­ten und zu stärken», sagte der Präsi­dent Markus Lewe (CDU) dem RND. Er forder­te erneut mehr Geld für die Aufnah­me von Geflüch­te­ten und den Nahver­kehr sowie einen Rettungs­schirm für Stadt­wer­ke in Not.

Der Haupt­ge­schäfts­füh­rer des Deutschen Städte- und Gemein­de­bun­des, Gerd Lands­berg, sagte den Zeitun­gen der Funke-Medien­grup­pe: Es brauche eine verbind­li­che Zusage, dass Bund und Länder den Kommu­nen «die Kosten für Unter­brin­gung, Versor­gung, zusätz­li­che Kita- und Schul­plät­ze sowie die Integra­ti­ons­ar­beit dauer­haft vollstän­dig finanzieren».