SPD-Kanzler­kan­di­dat Scholz muss sich im Bundes­tag unange­neh­men Fragen stellen. Er versi­chert: In den Hambur­ger Cum-Ex-Fall hat er sich nicht einge­mischt. Doch die Opposi­ti­on hat weiter Zweifel.

Scholz habe Zweifel an seiner Rolle in mehre­ren Reden nicht ausräu­men können, kriti­sier­ten Linke, Grüne, FDP und AfD im Bundes­tag. Er habe ledig­lich einge­räumt, was ohnehin in der Zeitung gestan­den habe. Das sei «Aufklä­rung scheib­chen­wei­se», sagte die Finanz­po­li­ti­ke­rin der Grünen, Lisa Paus. Scholz dagegen stritt erneut jegli­che politi­sche Inter­ven­ti­on in dem Fall ab.

Der Finanz­mi­nis­ter musste sich gleich mehrmals den Fragen der Abgeord­ne­ten stellen, zunächst im Finanz­aus­schuss, dann in der Bundes­tags­sit­zung. Dabei beton­te er: «Es hat keine politi­sche Einfluss­nah­me auf die Entschei­dung des Finanz­am­tes Hamburg gegeben — von mir nicht und auch von anderen nicht, da bin ich mir sehr, sehr sicher.» Dass sich Politi­ker mit Bürgern und Unter­neh­men träfen, gehöre zum Alltags­ge­schäft. «Dass man inner­lich klar und fest genug ist, sich davon nicht beein­dru­cken zu lassen und das tut, was man richtig findet, gehört aller­dings auch zu dem von mir gewünsch­ten Alltag der Politik», beton­te der SPD-Kanzlerkandidat.

Der Vizekanz­ler bestä­tig­te nach Infor­ma­tio­nen der Deutschen Presse-Agentur, sich als Hambur­ger Bürger­meis­ter 2016/17 mehrmals mit dem Mitin­ha­ber der Warburg Bank, Chris­ti­an Oleari­us, getrof­fen zu haben. Konkre­te Erinne­run­gen an die Gesprä­che habe er jedoch nicht.

Gegen die Warburg Bank und Oleari­us liefen damals Ermitt­lungs­ver­fah­ren wegen des Verdachts der schwe­ren Steuer­hin­ter­zie­hung. Die Hambur­ger Finanz­äm­ter ließen nach dem Treffen mit Scholz eine Rückfor­de­rung über 47 Millio­nen Euro verjäh­ren. Hinwei­se auf eine politi­sche Einfluss­nah­me gibt es aller­dings nicht.

Scholz habe den Verdacht aber auch nicht glaub­haft ausge­räumt, sagte Paus. «Die Antwort, er könne sich an nichts erinnern, ist angesichts der Bedeu­tung der Gesprä­che wenig plausi­bel.» Die Termi­ne mit Oleari­us seien «keine norma­len Lobby­ter­mi­ne» gewesen. Die verspro­che­ne volle Trans­pa­renz habe Scholz nicht gelie­fert. «Die Frage ist, wie viel Olaf Scholz’ Verspre­chen noch wert ist», sagte Paus.

Auch der CDU-Politi­ker Matthi­as Hauer deute­te an, er glaube nicht an die Erinne­rungs­lü­cken. Der Finanz­po­li­ti­ker der Linken, Fabio De Masi, kriti­sier­te, Scholz habe einen Brief von Oleari­us entge­gen­ge­nom­men und ihm geraten, diesen an den Hambur­ger Finanz­se­na­tor weiter­zu­lei­ten. «Warum sagte er nicht, ich bin nicht der Postbo­te, wenden Sie sich bitte an das Finanz­amt», fragte De Masi.

Scholz verur­teil­te das Cum-Ex-Vorge­hen klar. Es sei von Beginn an krimi­nel­les Handeln gewesen und es sei wichtig, weiter­hin scharf gegen solche Tricks vorzu­ge­hen. Außer­dem müssten die Finanz­äm­ter sicher sein können, dass sie unbeein­flusst von der Politik entschei­den können.

Bei Cum-Ex-Geschäf­ten nutzten Inves­to­ren eine Lücke im Gesetz. Rund um den Dividen­den­stich­tag wurden Aktien mit («cum») und ohne («ex») Ausschüt­tungs­an­spruch zwischen mehre­ren Betei­lig­ten hin- und herge­scho­ben. Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem die Papie­re gehör­ten. Finanz­äm­ter erstat­te­ten Kapital­ertrag­steu­ern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand ein Milliardenschaden.