BERLIN (dpa) — Das Bundes­ka­bi­nett beschließt den Regie­rungs­ent­wurf für den Bundes­haus­halt 2024. Es gibt 30 Milli­ar­den Euro weniger zum Ausge­ben. Schar­fe Kritik gibt es von Gewerk­schaf­ten und vom Sozialverband.

Kanzler Olaf Scholz hat die geplan­te Kürzung des Eltern­gelds für Famili­en mit hohen Einkom­men vertei­digt. Über die heuti­ge Einkom­mens­gren­ze von 300.000 Euro Jahres­ein­kom­men sagte der SPD-Politi­ker bei der Regie­rungs­be­fra­gung im Bundes­tag: «Das ist sehr, sehr viel.» Der Kern bleibe aber, dass mehr Eltern ermutigt werden sollten, Kinder zu bekom­men. Die CSU-Abgeord­ne­te Dorothee Bär hatte Scholz nach den Plänen gefragt und bemän­gelt, dass die geplan­ten Neuerun­gen Frauen in eine stärke­re Abhän­gig­keit von ihren Männern brächten.

Die Pläne sind Teil des Bundes­haus­halts für 2024, der am Mittwoch vom Kabinett beschlos­sen wurde, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regie­rungs­krei­sen erfuhr. Darin werden die Ausga­ben des Bundes nach 476,3 Milli­ar­den Euro in diesem Jahr auf 445,7 Milli­ar­den Euro gesenkt. Nach krisen­be­ding­ten Mehraus­ga­ben in den Vorjah­ren soll die im Grund­ge­setz veran­ker­te Schul­den­brem­se wieder einge­hal­ten werden.

Scholz recht­fer­tig­te den Kurs der Etatsa­nie­rung mit Einspa­run­gen. Der Haushalt sei natür­lich davon heraus­ge­for­dert, dass sich viele «an die großen Dimen­sio­nen gewöhnt» hätten, die mit dem Kampf gegen die Corona-Pande­mie und Abfede­run­gen von Folgen des Ukrai­ne-Krieges verbun­den gewesen seien. «Aber es ist jetzt auch klar, dass wir nun wieder Haushal­te aufstel­len werden, die nicht mit diesen zusätz­li­chen kredit­fi­nan­zier­ten Mitteln versu­chen, Krisen zu bekämp­fen.» Scholz nannte als Haushalts­prio­ri­tä­ten die Vertei­di­gung, den Wandel zur Klima­neu­tra­li­tät und gesell­schaft­li­chen Zusammenhalt.

«In Deutsch­land wachsen drei Millio­nen Kinder in Armut auf»

Gewerk­schaf­ten und der Sozial­ver­band VdK kriti­sie­ren scharf die Einspa­run­gen vor allem im Sozial­be­reich. «Ein Kürzungs­kurs ist grund­sätz­lich unnötig, tenden­zi­ell unsozi­al und wirtschafts­po­li­tisch schäd­lich», sagte DGB-Vorstands­mit­glied Stefan Körzell der Deutschen Presse-Agentur. Die Regie­rung setze mit dem Haushalt ein falsches Signal. Kürzun­gen drück­ten direkt die Binnen­nach­fra­ge und die Wirtschafts­leis­tung. «Das ist angesichts der aktuel­len, prekä­ren konjunk­tu­rel­len Lage wirtschafts­po­li­tisch kontraproduktiv.»

VdK-Präsi­den­tin Verena Bente­le sagte der «Augsbur­ger Allge­mei­nen»: «Ein starker Sozial­staat ist das Funda­ment unserer Gesell­schaft, wir dürfen nicht zulas­sen, dass es zu bröckeln beginnt und zerbricht.» Sie forder­te Nachbes­se­run­gen vor allem in den Berei­chen der geplan­ten Kinder­grund­si­che­rung sowie bei den Zuschüs­sen für die Kranken- und Pflege­ver­si­che­rung. «In Deutsch­land wachsen drei Millio­nen Kinder in Armut auf.»

Dass ausge­rech­net auch bei Pflege oder Eltern­geld gespart werden soll, sei «weder sinnvoll noch überlegt», sagte der IG-Metall-Vorsit­zen­de Jörg Hofmann laut einer Mittei­lung. «Die Ampel hat sich selbst in diese Lage gebracht, weil sie Steuer­erhö­hun­gen ausschließt und in einem von Krieg und Infla­ti­on gepräg­ten Jahr die Schul­den­brem­se schon für 2023 wieder scharf­ge­stellt hat — das hat die nach der Krise nötigen Spiel­räu­me genom­men.» Körzell wurde noch deutli­cher: «Die Schul­den­brem­se ist eine Zukunfts­brem­se», kriti­sier­te er.

Der DGB-Vorstand forder­te statt­des­sen zusätz­li­che Staats­aus­ga­ben und «massi­ve Inves­ti­tio­nen» etwa in Verkehr, Infra­struk­tur und Digita­li­sie­rung. «In China und den USA werden hunder­te von Milli­ar­den in Zukunfts­in­ves­ti­tio­nen gesteckt. Wenn Deutsch­land hier bremst, verliert es für lange Zeit den Anschluss.»

Zuschuss für Pflege­ver­si­che­rung fällt weg

Als Sparbei­trag fällt im Etat auch ein erst 2022 einge­führ­ter Zuschuss für die Pflege­ver­si­che­rung von einer Milli­ar­de Euro weg. Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) machte aber umgehend klar, dass es deshalb keine Leistungs­kür­zun­gen geben werde. Bente­le kriti­sier­te, dass auch der für die gesetz­li­che Kranken­ver­si­che­rung vorge­se­he­ne Zuschuss niedri­ger als 2023 ausfal­le und damit zu gering sei. Unions­frak­ti­ons­vi­ze Mathi­as Middel­berg (CDU), der die Kürzun­gen wieder­um für wenig zugkräf­tig hält, sagte der «Neuen Osnabrü­cker Zeitung»: «Tatsäch­lich handelt es sich bei den minima­len «Einspa­run­gen» vielfach nur um Verschie­bun­gen der Belas­tung in die Sozialkassen.»

Unter­stüt­zung von den Arbeitgebern

Aus der Wirtschaft kommt Unter­stüt­zung für die Haushalts­plä­ne der Bundes­re­gie­rung. Arbeit­ge­ber­prä­si­dent Rainer Dulger sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Der Konso­li­die­rungs­kurs des Bundes­fi­nanz­mi­nis­ters ist richtig. Wir brauchen Nachhal­tig­keit auch in der Finanz­po­li­tik. Wir unter­stüt­zen die Ampel-Regie­rung in diesem Bemühen.» Dulger sprach von einem kraft­vol­len Signal der Stabi­li­tät angesichts aktuel­ler Unsicher­hei­ten auf den inter­na­tio­na­len Finanzmärkten.

Der Arbeit­ge­ber­prä­si­dent mahnte zugleich eine Begren­zung der Beiträ­ge für die Sozial­ver­si­che­rungs­sys­te­me an. «Wir brauchen eine Sozial­ver­si­che­rungs­brem­se und einen klaren Fahrplan, wie die Beitrags­sät­ze wieder auf unter 40 Prozent begrenzt werden können», sagte er.