Deutsch­land steckt in der dritten Corona-Welle. Baden-Württem­berg überschrei­tet erstmals seit zwei Monaten wieder den Schwel­len­wert von 100 Neuin­fek­tio­nen auf 100 000 Einwoh­nern in einer Woche. Bei der Bund-Länder-Konfe­renz soll die Notbrem­se getre­ten werden.

STUTTGART (dpa/lsw) — Angesichts stark steigen­der Corona-Zahlen müssen sich auch die Menschen in Baden-Württem­berg auf härte­re Aufla­gen gefasst machen. So soll der Lockdown über die Oster­fe­ri­en bis zum 18. April verlän­gert werden. Das sieht ein Beschluss­ent­wurf aus dem Kanzler­amt für die Bund-Länder-Runde an diesem Montag vor. Zudem soll die schon Anfang März beschlos­se­ne Notbrem­se bei hohen Infek­ti­ons­zah­len «konse­quent umgesetzt werden». Das heißt zum Beispiel, dass es bei einer Inzidenz über 100 keine weite­ren Öffnun­gen geben darf oder Locke­run­gen zurück­ge­nom­men werden müssen.

Baden-Württem­berg fällt im Länder­ver­gleich zurück

Auch in Baden-Württem­berg schie­ßen die Fallzah­len weiter in die Höhe. Zum ersten Mal seit zwei Monaten stieg die Inzidenz im Südwes­ten wieder über den Schwel­len­wert von 100. Die Zahl der Neuin­fek­tio­nen pro 100 000 Einwoh­ner in einer Woche lag am Sonntag (Stand: 16.00 Uhr) bei 103,1, teilte das Landes­ge­sund­heits­amt mit. Damit ist nun landes­weit der Wert überschrit­ten, ab dem in den Stadt- und Landkrei­sen die sogenann­te Notbrem­se greift. In 21 Kreisen liegt die Inzidenz über 100. Rastatt mit 207 Fällen und Schwä­bisch Hall mit 306 Fällen sind weiter die größten Hotspots im Land.

Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann (Grüne) hatte bereits am Freitag angekün­digt, es sei mit Verschär­fun­gen zu rechnen. So könne es womög­lich nicht dabei bleiben, dass Stadt- und Landkrei­se selbst­stän­dig über Öffnun­gen je nach Inziden­zen entschei­den können. Zudem müssten die Einwoh­ner von Hotspot-Regio­nen mit harten Maßnah­men wie Ausgangs­be­schrän­kun­gen rechnen. Angesichts vieler Anste­ckun­gen in Kitas und Schulen könne es zudem sein, «dass wir da auch was ändern müssen». Auch im Länder­ver­gleich fällt Baden-Württem­berg weiter zurück. Mittler­wei­le haben sechs Bundes­län­der niedri­ge­re Inziden­zen als der Südwesten.

Im Gespräch: Ausgangs­sper­ren und Schul­schlie­ßun­gen in Hotspots

Der Entwurf aus dem Kanzler­amt enthält eine Passa­ge, die wegen des exponen­ti­el­len Wachs­tums weite­re Verschär­fun­gen («zusätz­li­che Maßnah­men») für Landkrei­se mit mehr als 100 Neuin­fek­tio­nen pro 100 000 Einwoh­ner binnen einer Woche vorsieht. Der komplet­te Passus steht aber in eckigen Klammern, was bedeu­tet, dass darüber verhan­delt werden muss, weil er beson­ders strit­tig ist. Unter anderem ist die Rede von einer nächt­li­chen Ausgangs­be­schrän­kung bis 05.00 Uhr, «sofern dem nicht gewich­ti­ge Gründe entge­gen­ste­hen». Die Anfangs­uhr­zeit ist hier offen gelassen.

Zudem wird ins Gespräch gebracht, Schulen und Kitas zu schlie­ßen bezie­hungs­wei­se gar nicht zu öffnen, sofern Erzie­he­rin­nen, Lehrkräf­te und Schüle­rin­nen und Schüler oder betreu­te Kinder nicht zweimal pro Woche getes­tet werden könnten. Ab einer Inzidenz von 200 könnte es demnach eine Schlie­ßung von Schulen und Kitas geben. Davon wären derzeit im Südwes­ten Schwä­bisch Hall und Rastatt betrof­fen. Aller­dings liegen auch der Hohen­lo­he­kreis (191,7), der Main-Tauber-Kreis (178,2) und der Kreis Sigma­rin­gen (176,5) nicht mehr weit von dem Schwel­len­wert entfernt.

Grünen-Frakti­ons­chef für Schul­schlie­ßung ab Inzidenz 200

Grünen-Frakti­ons­chef Andre­as Schwarz hält eine Schlie­ßung der Schulen ab einem Wert von 200 für richtig. «In Hochin­zi­denz­ge­bie­ten — beispiels­wei­se in Regio­nen mit mehr als 200 Neuin­fek­tio­nen — sollte zum Schutz der Gesund­heit der Kinder und Lehrer ausschließ­lich digita­ler Unter­richt angebo­ten werden», sagte Schwarz der dpa.

Für nach Ostern müsse man aber für Schüle­rin­nen und Schüler eine Perspek­ti­ve entwi­ckeln. «Für uns steht die Gesund­heit der Schüler und Lehrer im Vorder­grund. Daher benöti­gen wir einen inzidenz­ba­sier­ten Stufen­plan für den Unter­richt an unseren Schulen», erklär­te der Grünen-Politi­ker. «In diesem sollte — abhän­gig vom Infek­ti­ons­ge­sche­hen in der jewei­li­gen Region — festge­legt werden, wann Schüler im Hybrid­un­ter­richt, im Wechsel­un­ter­richt zwischen Präsenz und Homeschoo­ling oder in herkömm­li­cher Weise unter­rich­tet werden.»

Auf Reisen über Ostern verzichten

Angesichts der bevor­ste­hen­den Oster­ta­ge heißt es in dem Entwurf aus dem Kanzler­amt: «Bund und Länder appel­lie­ren weiter­hin eindring­lich an alle Bürge­rin­nen und Bürger, auf nicht zwingend notwen­di­ge Reisen im Inland und auch ins Ausland zu verzich­ten». Und weiter: «Das Auftre­ten von verschie­de­nen Covid-19-Varian­ten und deren weltwei­te Verbrei­tung haben gezeigt, dass der grenz­über­schrei­ten­de Reise­ver­kehr auch weiter­hin auf das absolut erfor­der­li­che Mindest­maß begrenzt werden muss.» Dieser Passus könnte sich auf die derzeit beson­ders umstrit­te­nen Reisen von Deutschen nach Mallor­ca beziehen.

Dem Entwurf zufol­ge ist indes noch völlig offen, ob es künftig für alle Reisen­den aus dem Ausland unabhän­gig der dorti­gen Inziden­zen eine Quaran­tä­ne- und eine Testpflicht geben soll. Dieser Punkt steht ebenfalls in eckigen Klammern und zudem unter einem «Prüfvor­be­halt».