ISTANBUL (dpa) — Vor dem Abflug zum Nato-Gipfel überrascht der türki­sche Präsi­dent mit einer Äußerung zum Nato-Beitritt Schwe­dens. Er knüpft die Aufnah­me Schwe­dens an Gesprä­che zum EU-Beitritt der Türkei.

Der türki­sche Präsi­dent Recep Tayyip Erdogan hat eine Zustim­mung zur Aufnah­me Schwe­dens in die Nato überra­schend von einer neuen Bedin­gung abhän­gig gemacht — der Belebung der vor Jahren auf Eis geleg­ten Beitritts­ge­sprä­che der Türkei zur EU.

Vor dem Abflug zum Nato-Gipfel sagte Erdogan in Istan­bul an die EU-Länder gerich­tet: «Ebnet zunächst den Weg der Türkei in die Europäi­sche Union, danach ebnen wir den Weg für Schwe­den, so wie wir ihn für Finnland geebnet haben.»

Die Äußerung kommt überra­schend. Bislang hatte Erdogan als Haupt­grund für die Blocka­de­hal­tung der Türkei zum Nato-Beitritt vor allem Schwe­dens aus türki­scher Sicht unzurei­chen­des Vorge­hen gegen «Terror­or­ga­ni­sa­tio­nen» genannt. Er bezieht sich damit vor allem auf die verbo­te­ne kurdi­sche Arbei­ter­par­tei PKK, die in der Türkei, EU und den USA auf der Terror­lis­te steht.

Lange Diskus­si­on um Nato-Beitritte

Angesichts des russi­schen Angriffs­kriegs gegen die Ukrai­ne hatte Schwe­den im Mai 2022 gemein­sam mit Finnland die Nato-Mitglied­schaft beantragt. Finnland wurde Anfang April als 31. Mitglied im Bündnis willkom­men gehei­ßen, Schwe­den fehlte dagegen weiter­hin die Zustim­mung aus der Türkei und auch aus Ungarn.

Die Türkei, Finnland und Schwe­den waren sich eigent­lich bereits auf dem Nato-Gipfel im vergan­ge­nen Sommer in Madrid einig gewor­den. In der spani­schen Haupt­stadt hatten sie damals ein Memoran­dum unter­zeich­net, in dem die beiden nordi­schen Länder auf die von Beginn an vorge­brach­ten Beden­ken der Türkei eingingen.

Erdogan beton­te aber nun erneut, dass Schwe­den die Bedin­gun­gen im Memoran­dum aus seiner Sicht weiter erfül­len müsse, um in Sachen Nato-Beitritt voranzukommen.

Weg der Türkei in die EU

Die EU hatte bereits 2005 mit der Türkei Beitritts­ge­sprä­che begon­nen. Diese wurden aller­dings vor einigen Jahren wieder auf Eis gelegt, weil Brüssel inakzep­ta­ble Entwick­lun­gen im Bereich der Rechts­staat­lich­keit sah.

Erdogan war Ende Mai nach 20 Jahren an der Macht erneut zum Präsi­den­ten gewählt worden. Der Wahlkampf galt als unfair, unter anderem weil die Medien zum großen Teil unter Kontrol­le der Regie­rung stehen und politi­sche Gegner im Gefäng­nis sitzen.