RAVENSBURG – „Wir alle wollen Frieden als Ziel. Doch wir sind uns nicht einig beim Weg dorthin.“ Das sagte Oberleut­nant Adrian Klein im Rahmen eines moderier­ten Gesprächs der Sozial­de­mo­kra­ten und Jusos im Kreis Ravens­burg. Die Bundes­wehr­of­fi­zie­re Maximi­li­an Niehus und Adrian Klein sowie die Profes­so­ren Lothar Kuld und Gregor Lang-Wojtas­ik von der Pädago­gi­schen Hochschu­le Weingar­ten disku­tier­ten am Donners­tag über die Friedens­si­che­rung in Zeiten des Ukrai­ne Krieges.

Im Mittel­punkt des Gesprächs, das online übertra­gen wurde und ca. 60 Teilneh­mer gehabt hat, stand die Friedens­si­che­rung unter dem Zeichen des Ukrai­ne Krieges. Thema­ti­siert wurden auch die Möglich­kei­ten, den Frieden in der Ukrai­ne wieder herzu­stel­len, aber auch aktuel­le politi­sche Entwick­lun­gen in Deutschland.

Einer der Aktiven der Friedens­be­we­gung am Boden­see ist der katho­li­sche Theolo­ge Lothar Kuld. Zum Zustand der Friedens­be­we­gung sagt der pensio­nier­te Hochschul­leh­rer: „Die Friedens­be­we­gung war eher am Einschla­fen und hatte, auch durch die Pande­mie bedingt, kaum Aktivi­tä­ten. Aber durch die jetzi­gen Entwick­lun­gen ist sie eher im Aufbruch. Da laufen die Drähte heiß.“

Mobili­siert werden die Friedens­be­weg­ten, so Kuld, nicht nur durch den Krieg in der Ukrai­ne, sondern auch durch die Politik in Deutsch­land: „Es sind zwei Dinge. Einmal das Einge­ständ­nis, dass man sich offen­sicht­lich getäuscht hat in der Politik Putins, und das zweite aber ist der große Aufre­ger: Das ist diese jetzt beschlos­se­ne Nachrüs­tung, der 100 Mrd Extra-Zuschlag und der Rückfall in ein im Grunde genom­men altes Reakti­ons­mus­ter von Milita­ri­sie­rung.“ Das geplan­te Sonder­ver­mö­gen für die Bundes­wehr begrüß­ten hinge­gen die beiden Bundes­wehr­of­fi­zie­re und wiesen die Ableh­nung der Friedens­be­weg­ten zurück. Es gehe nicht um Aufrüs­tung, vielmehr seien die 100 Mrd. notwen­dig, um die Bundes­wehr überhaupt erst adäquat auszu­stat­ten, so Haupt­mann Maximi­li­an Niehus. „Dazu kommt noch, dass die Beschaf­fung bei der Bundes­wehr moder­ni­siert und verein­facht wird“, ergänzt Oberleut­nant Adrian Klein.

Die aktuel­le Lage in der Ukrai­ne war ebenfalls Thema in dem von Prof. Dr. Micha­el Hermann und Antonio Hertlein moderier­ten Gespräch. Haupt­mann Niehus, der auf die Abwehr von ABC-Waffen spezia­li­siert ist, sagte, dass Deutsch­land sich gegen einen Angriff mit ABCWaf­fen vertei­di­gen könne, er aber nicht glaube, dass es zu einem Angriff Putins auf die NATO-Staaten komme. Die Lage vor Ort sei drama­tisch — in diesem Punkt waren sich die vier Disku­tan­ten einig. Die Lösung des Konflikts könne nur am Verhand­lungs­tisch gesche­hen, sagten sowohl Haupt­mann Maximi­li­an Niehus als auch Lothar Kuld. „Frieden schafft man nur durch Verhand­lun­gen, das Militär kann ledig­lich einen Waffen­still­stand herbei­füh­ren“, so Kuld. Adrian Klein ergänz­te, dass Gesprä­che am Verhand­lungs­tisch auch aus Sicht des Militärs der einzi­ge Weg seien, nachhal­tig für Frieden in der Ukrai­ne zu sorgen, denn solan­ge Kugeln flögen sei kein Wieder­auf­bau von Infra­struk­tur möglich. Die Gesprä­che müssten auf politi­scher Ebene zwischen den beiden Staaten geführt werden.

Gregor Lang-Wojtas­ik sprach sich dafür aus, dass die katho­li­sche Kirche mit der russi­schor­tho­do­xen Kirche in Moskau im Gespräch bleibt und auf sie einwirkt. „Ich kann nur sagen: Wenn es eine Bruder­kir­che ist, und für mich ist da so, da bin ich beim Papst, dann muss sie auch versu­chen, auf diese Brüder zuzuge­hen.“ Und auch insge­samt unter­stützt er die Aktivi­tä­ten des Heili­gen Stuhls zur Beendi­gung des Kriegs: 

„Das Signal vom Papst ist doch eindeu­tig. Der Papst selbst ist ja nicht in die Ukrai­ne gegan­gen, weil er mit der ortho­do­xen Kirche gewis­se Heraus­for­de­run­gen hat. Aber er hat zwei hohe Kardi­nä­le entsandt, wobei er ganz klar gesagt hat: Empfangt sie so, wie ihr mich empfan­gen würdet. Aber das ist ja nur eine Religi­on. Es gibt ja noch ganz andere Religio­nen. Natür­lich kann das eine Überstra­pa­zie­rung sein. Aber ich wurde es so sehen: Alles was es fried­lich gibt, diesen Wahnsinn zu beenden, muss doch gegan­gen werden.“

Im Anschluss an das moderier­te Gespräch blieb die Möglich­keit, den Disku­tie­ren­den Fragen zu stellen. Am Ende der Veran­stal­tung berich­te­te die SPD Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­te Heike Engel­hardt über die aktuel­len Entwick­lun­gen in Berlin im Hinblick auf den Krieg in der Ukrai­ne. „Zunächst einmal ist es wichtig zu sagen: Es ist Putins Krieg gegen die Ukrai­ne“, so die Ravens­bur­ger Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­te zu Beginn. Sehr bewegend sei laut Engel­hardt im Bundes­tag die Rede des ukrai­ni­schen Präsi­den­ten Selen­skyj gewesen. „Die Bundes­re­gie­rung und der Bundes­tag stehen an der Seite der Ukrai­ne, und wir unter­stüt­zen das Land und die Menschen“, so Engel­hardt. Darüber hinaus beton­te Engel­hardt, dass Deutsch­land bereit sei, Menschen aus der Ukrai­ne aufzunehmen.