Ziehen die Bundesländer schon vor Weihnachten die Notbremse, um die grassierende Corona-Pandemie einzudämmen? Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz geht von einem harten Lockdown ab dem 4. Advent aus — Seehofer will das sogar noch früher.
BERLIN (dpa) — Deutschland steuert auf einen bis zu drei Wochen dauernden harten Lockdown noch vor Weihnachten zu. Innenminister Horst Seehofer (CSU) warnt eindringlich davor, mit schärferen Corona-Maßnahmen bis nach den Feiertagen zu warten.
«Die einzige Chance, wieder Herr der Lage zu werden, ist ein Lockdown, der aber sofort erfolgen muss», sagte der CSU-Politiker dem «Spiegel». Sollte man bis nach den Festtagen warten, werde man noch Monate mit den hohen Infektionszahlen zu kämpfen haben. Seehofer zeigte sich verärgert, dass Deutschland den Vorteil, den es sich im Frühjahr in der Pandemie erkämpft habe, jetzt verspielt habe. Grund dafür sei nicht die Disziplinlosigkeit der Bürger, sondern vor allem unzureichende Maßnahmen, fügte er an.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder drängt auf einen bundesweiten Lockdown noch vor Weihnachen. «Wir müssen handeln und zwar so schnell wie möglich», sagte der CSU-Chef am Freitag bei einem Termin mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im künftigen Corona-Impfzentrum in Nürnberg. Bund und Länder müssten nun überlegen, die Ferien vorzuziehen und auch Geschäfte früher zu schließen. «Ein Tag weniger verschlechtert nicht die Lebensqualität, er kann aber helfen.»
Grünen-Chefin Annalena Baerbock fordert bundesweit einen deutlich härteren Lockdown mit geschlossenen Geschäften ab der kommenden Woche. Schulen sollten ab Klasse 7 auf Fernunterricht umstellen, sagte Baerbock der Deutschen Presse-Agentur. «Wir sollten eine klare Weihnachtspause einläuten, schon jetzt. Wir müssen die Dynamik des Infektionsgeschehens brechen», betonte sie angesichts der Höchstwerte bei gemeldeten Neuinfektionen und Todesfällen.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), der auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, sagte, es zeichne sich ab, auch in den Gesprächen mit den Kollegen der Bundesländer, «dass ab 20. es doch erhebliche Einschnitte gibt» und der Einzelhandel «deutlich» heruntergefahren werde. Die Schulferien hätten dann ohnehin begonnen, viele Menschen gingen nicht mehr arbeiten und im Nahverkehr werde es ruhiger. «Zwischen dem 20. Dezember und 10. Januar haben wir praktisch drei Wochen massiver Einschränkungen, die auch mit Sicherheit auch dazu führen werden, dass die Inzidenzen runtergehen», sagte Müller in der ZDF-Sendung «Markus Lanz».
Müller äußerte die Erwartung, dass sich die Ministerpräsidentenkonferenz darauf verständigen wird, dass das öffentliche Leben in diesen drei Wochen weitestgehend heruntergefahren wird. Das zeichne sich auch ab. Auch jene, deren Länder niedrige Infektionszahlen aufwiesen, sagten nun, man befinde sich bundesweit in einer Krisensituation, in der man solidarisch sein müsse. Die eindringlichen Appelle von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seien hier sehr hilfreich gewesen.
Die Regierungschefs der Länder werden nach Angaben von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bis Sonntag gleich mehrmals über schärfere Corona-Regeln beraten. Es gebe «heute Abend nochmal eine Runde der Ministerpräsidenten, am Sonntag die Runde mit der Bundesregierung», sagte Woidke im privaten BB Radio.
Mehrere Ministerpräsidenten hatten für eine gemeinsame Linie der Bundesländer geworben. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte am Donnerstag, er gehe davon aus, dass sich Bund und Länder am Sonntag beraten. Auch der «Spiegel» berichtete, dass sich die Länder mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag zusammenschalten wollen.
Einen ähnlichen Zeitraum wie Müller nannte Niedersachse