FRIEDRICHSHAFEN — „Komm Lee“ ruft Forst­in­ge­nieur Johan­nes Eisele von der Firma Rossna­tour dem Pferd zu. Das mächti­ge Pferd setzt sich darauf­hin in Bewegung. Lee wiegt 750 Kilogramm, ist elf Jahre alt und ist ein brauner Schwarz­wäl­der Kaltblü­ter. Seine Besit­ze­rin, Chris­tel Erz und Johan­nes Eisele kommen von der Schwä­bi­schen Alb, um mit ihrem Pferd Rücke­ar­bei­ten im Stadt­wald zu erledigen.

Lee zieht die Baumstäm­me über den unebe­nen Waldbo­den weiter bis zur nächs­ten Gasse, damit sie dort der Forwar­der aufsam­meln kann. Auch Johan­nes Eisele, der das Pferd von hinten mit zwei Leinen lenkt, muss aufpas­sen, dass er sich nicht verletzt. Pro Tag sind Mensch und Tier bis zu sieben Stunden im Einsatz. Dabei achten Chris­tel Erz und Johan­nes Eisele genau darauf, dass das Pferd nicht überfor­dert wird. Kleine Pausen nutzte Lee sofort, um ein paar grüne Grashal­me zu fressen.

Der Borken­kä­fer und das Eschen­triebster­ben berei­ten derzeit vielen Waldbe­stän­den mit hohen Antei­len an Fichte und Esche, wie wir sie häufig im Fried­richs­ha­fe­ner Raum antref­fen, ein frühzei­ti­ges Ende. „Aus Waldschutz­grün­den müssen vom Borken­kä­fer befal­le­ne Fichten frühzei­tig aufge­ar­bei­tet werden, um die Ausbrei­tung auf angren­zen­de Bestän­de zu verhin­dern“, erklärt Revier­lei­te­rin Karin Beer. 

Im Stadt­wald lag der Fichten­an­teil 2017 noch bei fast 30 Prozent. In den letzten, von Trocken­heit gepräg­ten Jahren, musste bereits in viele Waldbe­stän­de großflä­chig einge­grif­fen werden, wodurch sich der Fichten­an­teil reduziert haben dürfte. 

„Im Stadt­wald sollen ungeplan­te Eingrif­fe grund­sätz­lich so gering wie möglich gehal­ten werden. Hierfür werden die Restbe­stän­de an Fichten beson­ders häufig und sorgfäl­tig kontrol­liert“, so Beer. Der noch bestehen­de Anteil an Fichten soll so lang wie möglich gehal­ten werden. Für die Entwick­lung der einst gepflanz­ten Bäume, hin zu stabi­len und vitalen Indivi­du­en, die einer nachkom­men­den Genera­ti­on noch lange Schutz bietet, bedarf es regel­mä­ßig auch der Entnah­me einzel­ner gesun­der Bäume. 

Im PEFC-zerti­fi­zier­ten Stadt­wald Fried­richs­ha­fen werden bei der Entnah­me von geschä­dig­ten Bäumen und regulä­ren Holzent­nah­men immer stand­ort­an­ge­pass­te boden- und bestands­scho­nen­de Verfah­ren angewendet. 

Für die Besei­ti­gung von Käfer­holz kommen derzeit Rücke­pfer­de in verschie­de­nen Abtei­lun­gen im Stadt­wald Fried­richs­ha­fen zum Einsatz. Die von der Revier­lei­tung des Stadt­wal­des gekenn­zeich­ne­ten Bäume wurden von Forst­wir­ten mit der Motor­sä­ge gefällt, der Trans­port zum Lager­ort erfolgt im Anschluss durch Rücke­pfer­de und ein Rückefahrzeug. 

Durch die Kombi­na­ti­on der Verfah­ren können tiefe Fahrspu­ren an den teilwei­se nassen Rücke­gas­sen im Seewald vermie­den werden. Durch die Unter­stüt­zung des Rücke­schlep­pers wird zudem die Arbeits­be­las­tung für das Rücke­pferd auf ein notwen­di­ges Maß reduziert. 

„Im Distrikt Weiler­holz erpro­ben wir den Einsatz des Rücke­pferds für den Trans­port von schwä­che­rem Käfer­holz mit langem Liefer­weg“, erklärt die Revierleiterin. 

Die Vorbe­rei­tung und Koordi­na­ti­on solcher spezi­el­len Verfah­ren benöti­gen einen höheren Arbeits­auf­wand und bedür­fen eines beson­de­ren Geschicks der einge­setz­ten Unter­neh­mer. Im Sinne einer möglichst nachhal­ti­gen und ganzheit­li­chen Waldbe­wirt­schaf­tung wird bei der Bewirt­schaf­tung des Stadt­wal­des stets versucht, die Belan­ge des Natur­schut­zes sowie die beson­de­re Bedeu­tung des Waldes im Stadt­ge­biet Fried­richs­ha­fen für die Erholung, als auch sozia­le Aspek­te möglichst zu erfüllen.

Infor­ma­ti­on:
Die PEFC-Zerti­fi­zie­rung bestä­tigt, dass Wälder auf nachhal­ti­ge Weise und gemäß stren­gen Standards bewirt­schaf­tet werden. Sie ist ein Beweis dafür, dass Holz aus ökolo­gisch, ökono­misch und sozial nachhal­tig bewirt­schaf­te­ten Wäldern stammt.