MOSKAU (dpa) — Belarus ist als Nachbar­land von Russland und der Ukrai­ne ein wichti­ger strate­gi­scher Punkt für Putin. Von dort hat Russland nun zwei Raketen abgeschos­sen. Selen­skyj appel­liert an die Nachbarn.

Am vierten Tag des russi­schen Angriffs hat der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj an die Solida­ri­tät der Menschen im Nachbar­land Belarus appelliert.

«Von Ihrem Gebiet aus schie­ßen die Truppen der Russi­schen Födera­ti­on Raketen auf die Ukrai­ne», sagte Selen­skyj am Sonntag in einer Video­bot­schaft. «Von Ihrem Gebiet aus werden unsere Kinder getötet und unsere Häuser zerstört.»

Selen­skyj rief in seiner Anspra­che die Menschen in Belarus dazu auf, sich klar zu positio­nie­ren — auch mit Blick auf ein belarus­si­sches Verfas­sungs­re­fe­ren­dum, das am Sonntag anstand: «Wir sind Ihre Nachbarn. Wir sind Ukrai­ner. Seien Sie Belarus — und nicht Russland!»

Minsk: Russi­sche Raketen von Belarus aus abgefeuert

Der belarus­si­sche Macht­ha­ber Alexan­der Lukaschen­ko räumte wenig später ein, dass zwei russi­sche Raketen von belarus­si­schem Gebiet aus abgeschos­sen worden seien. Belarus selbst habe aber keine Solda­ten und auch keine Muniti­on in der Ukrai­ne, beton­te er.

Vorwür­fe, dass auch belarus­si­sche Solda­ten an der Seite Russlands in der Ukrai­ne kämpfen, wies er mit Nachdruck zurück. «Dort gibt es keine einzi­ge belarus­si­sche Patro­ne.» Aller­dings helfe Belarus «natür­lich» den Russen. Verwun­de­te würden versorgt.

Zugleich forder­te Lukaschen­ko, den Krieg zu beenden. «Ich würde dies aller­dings nicht Krieg nennen. Es ist ein Konflikt. In zwei Tagen ist es ein Krieg, in drei Tagen eine Schlacht», sagte er. «Wir müssen uns an den Verhand­lungs­tisch setzen und die Fragen lösen, auch dieje­ni­gen, die von Russland vorge­bracht wurden.» Er beton­te, Russland sei zu Verhand­lun­gen in der belarus­si­schen Stadt Gomel bereit. «Wenn (die Ukrai­ner) nicht kommen (…), was soll man dann machen, es ist ihre Wahl.» Die Ukrai­ne lehnt Gesprä­che in Belarus ab, weil das Nachbar­land nicht neutral sei.

Russi­sche Delega­ti­on in Minsk

Eine russi­sche Delega­ti­on ist nach Kreml­an­ga­ben für Verhand­lun­gen mit der Ukrai­ne nach Belarus gereist. «Gemäß der getrof­fe­nen Verein­ba­rung» seien Vertre­ter etwa vom Außen­mi­nis­te­ri­um, Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um und von der Präsi­di­al­ver­wal­tung in der Stadt Gomel einge­trof­fen, sagte der Sprecher von Präsi­dent Wladi­mir Putin, Dmitri Peskow, am Sonntag der Agentur Tass zufol­ge. «Wir sind bereit, diese Verhand­lun­gen in Gomel zu begin­nen», sagte Peskow.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj zeigte sich zu Verhand­lun­gen grund­sätz­lich bereit. Aller­dings lehnte er Gesprä­che in Belarus ab. Das Land betei­li­ge sich an Kampf­hand­lun­gen gegen die Ukrai­ne, sagte Selen­skyj zur Begrün­dung. Er sei offen für alle Orte, «von denen aus keine Raketen auf die Ukrai­ne geschos­sen werden». Er habe Warschau, Budapest, Istan­bul und Baku als Verhand­lungs­städ­te vorge­schla­gen. Ein Berater Selen­sky­js hatte die russi­schen Angaben als Taktik zurückgewiesen.

Der Kreml teilte weiter mit, eine Delega­ti­on sei am Freitag zu Verhand­lun­gen in die belarus­si­sche Haupt­stadt Minsk gereist. Die ukrai­ni­sche Seite habe sich aber nach einer Pause nicht mehr gemel­det. Darauf­hin seien die Angrif­fe in der Ukrai­ne wieder aufge­nom­men worden.

Kreml: Krieg fortsetz­ten trotz mögli­cher Verhandlungen

Russland will dem Kreml zufol­ge seinen Krieg gegen die Ukrai­ne trotz mögli­cher Verhand­lun­gen mit dem Nachbar­land fortset­zen. «Wir haben die ukrai­ni­sche Seite gewarnt, dass die Militär­ope­ra­ti­on dieses Mal nicht ausge­setzt wird, wie es gestern gesche­hen ist», sagte Kreml­spre­cher Dmitri Peskow am Sonntag der Staats­agen­tur Tass zufol­ge. Seinen Angaben zufol­ge ist bereits eine russi­sche Delega­ti­on für Gesprä­che mit ukrai­ni­schen Vertre­tern in die Stadt Gomel im Nachbar­land Belarus gereist. Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj lehnte Verhand­lun­gen in Belarus aller­dings ab, weil das Land nicht neutral sei.