GARMISCH-PARTENKIRCHEN (dpa) — Ab Freitag können Skifah­rer an Deutsch­lands höchs­tem Berg ihre Schwün­ge ziehen. Die Zugspit­ze startet in die Winter­sai­son. Die Corona-Aufla­gen sind erstmals weg — eine norma­le Skisai­son wird es trotz­dem nicht.

Erst zwei Jahre Corona — und jetzt Energie­kri­se und Infla­ti­on: Die deutschen Ski- und Winter­sport­ge­bie­te sehen erneut einer ungewöhn­li­chen Saison entge­gen. Am Freitag startet die Zugspit­ze den Betrieb, mangels Schnee erst einmal auf nur einer Piste. Auch in Winter­berg im Sauer­land geht es los, ebenfalls einge­schränkt mit vorerst zwei Ski-Liften.

Die Liftbe­trei­ber haben sich auf eine neue Ausnah­me-Saison einge­stellt. Die Bayeri­sche Zugspitz­bahn will in diesem Winter rund zehn Prozent Energie sparen. Lifte sollen jenseits der Stoßzei­ten langsa­mer fahren, Sessel­lift-Sitze bleiben unbeheizt und Heizstrah­ler an Brotzeit­hüt­ten ausgeschaltet.

Die meisten Skige­bie­te haben Sparmaß­nah­men vorbe­rei­tet, um den Anstieg der Energie­kos­ten abzumil­dern. Teils soll auf Nacht­s­ki­fah­ren bei Flutlicht verzich­tet oder die Beleuch­tung der Bergbahn­sta­tio­nen nachts ausge­schal­tet werden. Schnee­ka­no­nen sollen weniger zum Einsatz kommen. Umwelt­schüt­zer hatten vor dem Hinter­grund von Klima­wan­del und Energie­knapp­heit sogar einen komplet­ten Verzicht auf Kunst­schnee verlangt. Zugleich heben viele Skige­bie­te die Preise an. Im Schnitt wird der Skipass etwa um zehn Prozent teurer.

Mehr Tages­aus­flü­ge statt Übernachtungen?

Höhere Lift-Preise, Infla­ti­on, weniger Geld im Säckel — dazu womög­lich langsa­me­re Lifte mit kalten Sitzen: Ob das die Laune der Skifah­rer dämpft oder ob sie vielmehr nach den Corona-Beschrän­kun­gen Nachhol­be­darf haben, ist offen. Immer­hin gibt es keine Masken­pflicht, keine Abstands- oder G‑Regeln mehr. «Wir sind sehr zuver­sicht­lich, dass Menschen gerade nach Corona mit vielen Einschrän­kun­gen und nun durch die Energie­kri­se unbedingt eine Auszeit vom Alltag, viel Freude in den Bergen, an frischer Luft und durch Bewegung brauchen», heißt es beim Verband Deutscher Seilbah­nen und Schlepp­lif­te (VDS).

«Ob Nachhol­ef­fekt oder Zurück­hal­tung: Das ist aktuell schwer zu sagen, die Einschät­zun­gen gehen hier sehr ausein­an­der. Wir werden abwar­ten müssen, um das richtig einzu­ord­nen», sagt Verena Tanzer, Spreche­rin der Bayeri­schen Zugspitzbahn.«Langsamere Lifte wird es natür­lich nur dann geben, wenn es nicht zum Nachteil für die Gäste wird.» Also an Tagen mit wenig Besuchern und nicht zu den Stoßzeiten.

Als mögli­che Folge der Teuerung könnten nach Einschät­zung des VDS-Vorsit­zen­den und Zugspitz­bahn-Chefs Matthi­as Stauch Gäste auf mehrtä­gi­ge Winter­ur­lau­be verzich­ten, die Unter­kunft sparen und statt­des­sen Tages­aus­flü­ge unternehmen.

Eine gute Schnee­la­ge ist entscheidend

Darauf setzt man auch im Sauer­land. Angesichts knapper Kassen könnten manche statt einer Fernzei­se die Auszeit in der nahen Heimat wählen, sagt Julian Pape, Projekt­lei­ter der Winter­sport­are­na Sauer­land. «Stich­wort Naherho­lung mit kurzer Anrei­se» — das sei auch ökolo­gisch sinnvoll. Zu Nachhal­tig­keit sei man seit länge­rem auf dem Weg.

Am Freitag startet der Mini-Betrieb in Winter­berg auf einigen beschnei­ten Pisten, die derzeit weiß zwischen grünen Wiesen liegen. Am Freitag soll es aber Schnee geben. «Wir sind optimis­tisch, dass die Gäste kommen, wenn die Wetter- und Schnee­be­din­gun­gen passen», sagt Pape.

Neben Sonnen­schein ist eine gute Schnee­la­ge ein entschei­den­der Faktor für den Verlauf einer Saison. Immer öfter macht aber der Klima­wan­del hier Skifah­rern und Liftbe­trei­bern einen Strich durch die Rechnung.

Kaum Vorjah­res­schnee vorhanden

An der Zugspit­ze geht es nach dem extrem heißen Sommer mangels Schnee erst einmal nur mit einem Lift los. «Für mehr reicht die aktuel­le Schnee­la­ge leider einfach nicht aus», sagt Verena Tanzer. Vom Vorjah­res­schnee, der in Mulden zusam­men­ge­scho­ben den Sommer überdau­ern und zum Saison­start auf der Piste verteilt werden soll, ist kaum etwas übrig. «Es hat nur sehr wenig Altschnee über den Sommer geschafft», sagt Tanzer. «Wir sind in diesem Winter auf der Zugspit­ze noch mehr als in den vergan­ge­nen Jahren vom Neuschnee­fall abhän­gig und müssen weiter abwar­ten.» Kunst­schnee gibt es hier nicht. Nicht zuletzt müsste Wasser vom Tal hoch gepumpt oder ander­wei­tig trans­por­tiert werden. Man sehe dafür aber keine Notwendigkeit.

Auch andern­orts hofft man auf Schnee. Eine Woche nach der Zugspit­ze sollen laut VDS am 9. Dezem­ber die Bahnen am Feldberg im Schwarz­wald sowie am Fellhorn und am Nebel­horn in Oberst­dorf starten.

In den Nachbar­län­dern hat der Betrieb in höher gelege­nen Gebie­ten bereits begon­nen: In Saas Fee, Zermatt, St. Moritz und Grindel­wald in der Schweiz ziehen die Skifah­rer schon ihre Schwün­ge, ebenso in Ischgl und in Sölden in Österreich.

Von Sabine Dobel, dpa