Bundes­weit steigt die Inzidenz, in Baden-Württem­berg ebenso. Die dritte Welle türmt sich nach Ansicht von Exper­ten auf. In Schroz­berg ist sie längst angekom­men: Die kleine Gemein­de muss sich zur Wehr setzen, nachdem die Zahl der Neuin­fek­tio­nen gerade­zu explo­diert ist.

Birgit Kammlei­ter kann nur noch staunend auf die Zahlen schau­en, die Tag für Tag auf dem Compu­ter-Bildschirm ihrer Apothe­ke auftau­chen. Die Kurve, die im Diagramm die Corona-Belas­tung ihrer kleinen Gemein­de Schroz­berg im Hohen­lo­hi­schen wider­spie­gelt, kennt seit Tagen nur eine Richtung: nach oben. Und wie. Inner­halb von nur einer Woche ist aus ihrer Kommu­ne einer der bundes­wei­ten am stärks­ten belas­te­ten Corona-Hotspots gewor­den. Und die Spitze ist noch nicht erreicht.

Die sogenann­te Inzidenz verfünf­fach­te sich in nur einer Woche und erreich­te am Mittwoch einen vergleich­bar astro­no­mi­schen Wert von 1065,5 Fällen pro 100 000 Einwoh­ner binnen sieben Tagen. Insge­samt wurden in diesem Zeitraum 62 Neuin­fek­tio­nen mit der briti­schen Mutati­on des Virus in der 5800 Einwoh­ner-Kommu­ne regis­triert, wie der Landkreis mitteil­te. Weite­re Großaus­brü­che sind nach Angaben der Schroz­ber­ger Verwal­tung nicht bekannt. Aber es seien weite­re Infek­tio­nen bekannt, sagte Bürger­meis­te­rin Jacque­line Förde­rer. «Es kommen immer noch neue positi­ve Fälle rein.» Es gebe aber bislang keine schwe­ren Krankheitsverläufe.

«Es verschärft sich von Tag zu Tag», sagte am Donners­tag auch Helmut Hüttner, der Haupt­amts­lei­ter Schroz­bergs. «Das zieht schon noch Kreise.» In den benach­bar­ten Gemein­den und Städten sieht es zwar deutlich besser aus, aller­dings liegt die Zahl der Neuin­fek­tio­nen pro 100 000 Einwoh­ner binnen sieben Tagen auch dort stark über dem Landesdurchschnitt.

Der Landkreis Schwä­bisch Hall bleibt damit das Sorgen­kind im Corona-Land Baden-Württem­berg. Mit einer Inzidenz von 270,9 (Stand: Mittwoch, 16.00 Uhr) zählt er zu den Hotspot-Regio­nen in Deutsch­land. Um unter anderem auch das Risiko durch die Kinder­ta­ges­stät­ten zu begren­zen, werden sie ab dem kommen­den Montag und bis zum 2. April im ganzen Kreis geschlos­sen. Rund 400 der Infek­tio­nen und Folge­fäl­le gingen auf die dorti­gen Ausbrü­che zurück, sagte Landrat Gerhard Bauer. Die Kita-Schlie­ßun­gen seien für Famili­en eine hohe Belas­tung. «Trotz­dem sind diese unerlässlich.»

Außer­dem fährt seit Donners­tag ein Testbus durch den Kreis, in dem erstmals kosten­lo­se Antigen-Schnell­tests für Schüler angebo­ten werden. Zunächst sollte der Bus Crails­heim anfah­ren, am Freitag wird er in Schroz­berg erwar­tet. Außer­dem gibt es eine verstärk­te Masken­pflicht in der Innen­stadt unter anderem von Schwä­bisch Hall und Crails­heim, Geschäf­te und Lokale sind geschlos­sen, es sind zudem beson­de­re Regeln beim Einkau­fen in Lebens­mit­tel­ge­schäf­ten vorgeschrieben.

Auch in Schroz­berg hatten sich zunächst reihen­wei­se Erzie­he­rin­nen in einem Kinder­gar­ten der Kommu­ne mit der briti­schen Mutati­on des Virus infiziert und krank­ge­mel­det, danach legte die Inzidenz von Tag zu Tag zu. Helfen soll unter anderem ein provi­so­ri­sches Testzen­trum, in dem sich Einwoh­ner Schroz­bergs, aber auch Menschen aus den benach­bar­ten Gemein­den im Kreis Schwä­bisch Hall seit der vergan­ge­nen Woche unter­su­chen lassen können. «Die eine Hälfte meines Perso­nals ist im Laden, die andere in der Stadt­hal­le», erzählt Apothe­ke­rin Kammlei­ter. Sie hatte das kleine Zentrum mit viel Pragma­tis­mus und Einsatz initi­iert. Die Kosten für die Tests rechnet sie über die Kassen­ärzt­li­che Verei­ni­gung ab.

In acht Umklei­de­ka­bi­nen mit Sicht­schutz werden seitdem Dutzen­de Menschen am Tag getes­tet. «Das war dringend nötig», sagte Kammlei­ter am Donners­tag. «Nach einem Jahr mit dem Virus sind alle müde zu hören, dass sie Abstand halten und eine Maske tragen sollen. Es wurde Zeit, dass wir hier etwas anbie­ten.» Aller­dings kriti­siert sie die bürokra­ti­schen Hürden und Fallstri­cke: «Es ist zeitrau­bend. Wir haben aber als Ärzte und Apothe­ker tagtäg­lich mit dem Thema zu tun, da könnte man uns auch mehr zutrauen.»

Wenig hilfreich sei daher auch das jüngs­te Urteil des Verwal­tungs­ge­richts­hofs Mannheim zu den Quaran­tä­ne­re­geln für Kontakt­per­so­nen von Kontakt­per­so­nen gewesen, sagte Haupt­amts­lei­ter Hüttner. Das Gericht hatte eine Regelung des Landes außer Vollzug gesetzt, nach der Kontakt­per­so­nen von Menschen, die mit einem mit einer Virus­va­ria­ti­on Infizier­ten in Berüh­rung gekom­men sind, sich ebenfalls abson­dern müssen. «Das ist kontra­pro­duk­tiv. So verlie­ren wir den Überblick», sagte Hüttner der dpa.

Auch die Stadt Crails­heim, knapp 30 Kilome­ter von Schroz­berg entfernt, bleibt weiter stark belas­tet: Dort wurde die Inzidenz am Donners­tag mit 517,4 angege­ben (Stand: Donners­tag, 8.50 Uhr), aller­dings ist Crails­heim auch deutlich größer als Schroz­berg. In der Stadt hatten Ausbrü­che in Kinder­gär­ten und einer Unter­kunft für Flücht­lin­ge sowie in mehre­ren Betrie­ben für den deutli­chen Anstieg gesorgt. Als Konse­quenz haben unter anderem die Grund­schu­len und die Klassen 5 und 6 nicht wie landes­weit auch seit Montag geöff­net, sondern unter­rich­ten frühes­tens nach den Oster­fe­ri­en ab dem 12. April in Präsenz.