BERLIN (dpa) — In einer nächt­li­chen Sonder­sit­zung hat sich der CDU-Vorstand hinter seinem Partei­chef versam­melt. Reicht das, um den Macht­kampf um die Kanzler­kan­di­da­tur in der Union zu beenden?

CSU-Chef Markus Söder wird das CDU-Vorstands­vo­tum für Armin Laschet als Kanzler­kan­di­da­ten wohl akzep­tie­ren. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Partei­krei­sen — auch die «Bild»-Zeitung berich­te­te darüber. Am Mittag will sich Söder öffent­lich dazu äußern: Die CSU hat für 12 Uhr zu einem Presse­state­ment in die Partei­zen­tra­le in München eingeladen.

In einer digita­len Sonder­sit­zung des CDU-Vorstands hatten in der Nacht zum Diens­tag 31 von 46 stimm­be­rech­tig­ten Vorstands­mit­glie­dern in gehei­mer Wahl für den eigenen Partei­vor­sit­zen­den Laschet als Kanzler­kan­di­da­ten plädiert. 9 stimm­ten für Söder, 6 enthiel­ten sich.

Damit könnte der tagelan­ge nerven­auf­rei­ben­de Macht­kampf um den Spitzen­pos­ten für die Bundes­tags­wahl im Septem­ber entschie­den sein. Bereits am Montag hatte der bayeri­sche Minis­ter­prä­si­dent und CSU-Chef die Entschei­dung in der K‑Frage in die Hand der Schwes­ter­par­tei gelegt. Dies entschei­de die CDU jetzt «souve­rän», hatte Söder erklärt. «Wir als CSU und auch ich respek­tie­ren jede Entscheidung.»

Fried­rich Merz beglück­wünsch­te seinen Partei­kol­le­gen Laschet am Diens­tag­mor­gen bereits. «Gratu­la­ti­on an Armin Laschet. Jetzt richten wir den Blick nach vorn: Raus aus dem Klein-Klein, konkre­te Vorschlä­ge für die Bundes­tags­wahl, ein Moder­ni­sie­rungs­jahr­zehnt für Deutsch­land!», sagte Merz der «Bild»-Zeitung.

Noch im Januar hatten sich Laschet und Merz im Kampf um den CDU-Vorsitz als Konkur­ren­ten gegen­über gestan­den — am Ende setzte sich Laschet durch. Seitdem unter­stützt Merz seinen Partei­vor­sit­zen­den, wie er wieder­holt betonte.

Ob dies aber auch für die Unions­frak­ti­on im Bundes­tag und die Laschet-Kriti­ker an der CDU-Basis gilt, muss sich erst noch zeigen. Die Sitzung der Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ten von CDU und CSU am Nachmit­tag dürfte Klarheit bringen. Hier hatten sich vor einer Woche mehrheit­lich Befür­wor­ter einer Kandi­da­tur von Söder zu Wort gemeldet.

Laschet hatte am Montag­abend zum Auftakt der CDU-Vorstands­sit­zung seine Bereit­schaft zur Kanzler­kan­di­da­tur bekräf­tigt. «Es geht um die besten Antwor­ten auf die drängen­den Zukunfts­fra­gen. Und ich bin bereit, für uns die Kandi­da­tur zu überneh­men», sagte er nach Infor­ma­tio­nen der Deutschen Presse-Agentur. «Wir sind heute in der Verant­wor­tung, ein Zeichen zu setzen, wo der Wahlkampf hingeht.»

Laschet hatte noch in der laufen­den Vorstands­sit­zung für eine Entschei­dung plädiert. Nachdem der Berli­ner CDU-Chef Kai Wegner dafür gewor­ben hatte, die Entschei­dung zu verschie­ben und ein Votum der Bundes­tags­frak­ti­on und der Kreis­vor­sit­zen­den herbei­zu­füh­ren, beton­te Laschet nach Teilneh­mer­an­ga­ben: «Wir sollten heute entschei­den, wie wir es uns am Anfang vorge­nom­men haben.» Die Berli­ner CDU hatte sich klar für Söder positioniert.

Eine schnel­le Entschei­dung verlang­ten auch die frühe­re Partei­che­fin Annegret Kramp-Karren­bau­er und Schles­wig-Holsteins Minis­ter­prä­si­dent Daniel Günther. Beide stell­ten sich Teilneh­mern zufol­ge hinter Laschet. Der Vorstand habe sich vor einer Woche aus guten Gründen für ihn ausge­spro­chen, das müsse gelten, sagte Günther. Kramp-Karren­bau­er warf Söder den Angaben zufol­ge vor, sich nicht an die Zusage gehal­ten zu haben, das Votum der CDU vom vergan­ge­nen Montag zu akzep­tie­ren. Vieles in den vergan­ge­nen Tagen sei ruinös gewesen.

Ostdeut­sche CDU-Politi­ker liefer­ten sich eine konträ­re Debat­te über die Stimmung in ihren Ländern. Sachsen-Anhalts Minis­ter­prä­si­dent Reiner Hasel­off wies nach Angaben aus Teilneh­mer­krei­sen auf eine große Unter­stüt­zung der Partei­ba­sis für CSU-Chef Söder im Osten hin. Er nehme dort eine Präfe­renz für diesen wahr, sagte Hasel­off, der aber persön­lich kein Votum für Söder abgege­ben soll. Der Frakti­ons­chef der CDU in Branden­burg, Jan Redmann, habe sich darauf­hin klar für CDU-Chef Armin Laschet als Kanzler­kan­di­da­ten einge­setzt. Insge­samt gab es in der Sitzung gut 60 Wortmeldungen.

Die SPD hofft nach dem mehrheit­li­chen Votum des CDU-Bundes­vor­stan­des für Laschet indes auf ein Ende des Unions­streits zur K‑Frage. «Es wäre zu wünschen, dass die CDU-Führung den unsäg­li­chen Hahnen­kampf heute Nacht beigelegt hat und beide Partei­en — CDU und CSU — sich in dieser schwe­ren Zeit für so viele Menschen im Land endlich wieder auf die Sachpo­li­tik konzen­trie­ren», sagte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Aller­dings zweifel­te der SPD-Vorsit­zen­de, dass die CSU-Spitze einlenkt.

«Als einer, der nicht nur Markus Söders Verhal­ten der letzten Tage gesehen hat, sondern dessen Meinung über Armin Laschet aus jahre­lan­gem eigenem Erleben kennt, bin ich aller­dings nicht sehr optimis­tisch, was vom angekün­dig­ten Treue­schwur des Partei“freundes” aus Bayern zu halten ist», sagte Walter-Borjans. Im Gegen­satz zu Merz hielt sich Walter-Borjans mit Glück­wün­schen noch zurück: «Als politi­scher Wettbe­wer­ber und Nordrhein-Westfa­le kann ich Armin Laschet zum Abstim­mungs­er­geb­nis beglück­wün­schen — zum Gratu­lie­ren ist es zu früh.»

Seit vorver­gan­ge­nem Sonntag hatten sich Laschet und Söder eine zuneh­mend härter werden­de Ausein­an­der­set­zung gelie­fert. Seinen vorläu­fi­gen Höhepunkt fand der Macht­kampf in der Nacht zum Montag, als Laschet und Söder in einem Bundes­tags­ge­bäu­de rund dreiein­halb Stunden im kleinen Kreis mitein­an­der verhan­del­ten — ohne Ergebnis.