Reisen Arbeits­kräf­te über europäi­sche Grenzen, bringen sie im schlimms­ten Fall das Corona­vi­rus mit. Stren­ge Regeln sollen die Anste­ckungs­ge­fahr mindern. Für die Landwirt­schaft wirft das Proble­me auf.

BRUCHSAL (dpa/lsw) — Die Anbau­er von Spargel und Erdbee­ren bangen zum Saison­start um ihre Ernte: Corona-Quaran­tä­ne-Regeln könnten dazu führen, dass die dringend gebrauch­ten Arbeits­kräf­te aus Osteu­ro­pa dieses Jahr nicht kommen. «Die stren­gen Regelun­gen für Menschen aus Virus­va­ri­an­ten­ge­bie­ten müssen abgemil­dert werden», sagte der Geschäfts­füh­rer des Verbands Süddeut­scher Spargel- und Erdbeer­an­bau­er (VSSE), Simon Schuma­cher, in Bruchsal.

Bislang müssen Arbei­ter aus Regio­nen mit einer vorherr­schen­den Virus­va­ri­an­te — wie Tsche­chi­en und die Slowa­kei — auch bei Vorla­ge eines negati­ven Testergeb­nis­ses erst 14-Tage in ihrem Zimmer auf dem Hof in Quaran­tä­ne gehen — aus Sicht von Schuma­cher unzumut­bar. Es sei nicht unwahr­schein­lich, dass Polen und Rumäni­en — die Haupt­her­kunfts­län­der der Ernte­hel­fer — zu solchen Virus­va­ri­an­ten-Gebie­ten erklärt würden. Folge: Die Arbei­ter werden wahrschein­lich gar nicht erst einrei­sen. Schuma­cher: «Das hängt wie ein Damokles­schwert über uns.»

Der Rückgang der bundes­wei­ten Spargel­ern­te um 19 Prozent im vergan­ge­nem Jahr ist laut Statis­ti­schem Bundes­amt wahrschein­lich auch darauf zurück­zu­füh­ren, dass wegen der Pande­mie in einigen Regio­nen auslän­di­sche Ernte­hel­fer fehlten.

Der Verband will errei­chen, dass für alle Ernte­hel­fer die Regelung für Hochin­zi­denz-Gebie­te gilt. Bei Vorla­ge eines negati­ven Tests können sie sich in ihrer Unter­kunft und auf den Feldern frei bewegen, diese aber nicht verlas­sen. Um diese Regelung für alle Ernte­hel­fer zu erlas­sen — wie es bereits in Branden­burg der Fall sei -, müsste das Sozial­mi­nis­te­ri­um tätig werden.

Überdies soll der Bund nach Ansicht des VSSE die üblicher­wei­se auf drei Monate befris­te­te sozial­ver­si­che­rungs­freie Beschäf­ti­gung auch in diesem Jahr auf fünf Monate verlän­gern. «Damit wird ein Perso­nal­wech­sel in der Saison und ein erhöh­tes Infek­ti­ons­ri­si­ko in den Betrie­ben vermie­den», sagte Schuma­cher, der auch Chef des Verban­des mit 640 Mitglie­dern ist. Die Helfer könnten dann von der Spargel­ern­te im März bis zur Erdbeer­ern­te im Juli Geld verdie­nen. Wegen des abseh­ba­ren Mangels an Ernte­hel­fern seien attrak­ti­ve Arbeits­be­din­gun­gen nötig.

Wirtschafts­mi­nis­te­rin Nicole Hoffmeis­ter-Kraut (CDU) pflich­te­te bei. Die Sonder­re­ge­lung habe sehr gut funktio­niert. «Bei einem weite­ren Andau­ern der pande­mi­schen Lage ist eine Neuauf­la­ge auch dieses Jahr sehr wichtig.» Die Zahl der Grenz­über­trit­te müsse minimiert werden.

Für die Ernte von Spargel und Beeren werden bundes­weit 140 000 Saison­kräf­te gebraucht, davon im Südwes­ten 24 000. Nach einer Umfra­ge des Netzwerks der Spargel- und Beeren­ver­bän­de unter 381 Betrie­ben haben 95 Prozent 2020 die Verlän­ge­rung der sozial­ver­si­che­rungs­frei­en Beschäf­ti­gung genutzt und konnten ein knappes Drittel Kräfte einspa­ren. Fast alle Saison­ar­bei­ter möchten laut Umfra­ge sozial­ver­si­che­rungs­frei beschäf­tigt werden, statt Renten­bei­trä­ge zu zahlen.

Der Verband rechnet in diesem Jahr mit guten Spargel­qua­li­tä­ten. Aufgrund der günsti­gen Wetter­vor­her­sa­gen werde es vor und zu Ostern bei den meisten Anbau­ern heimi­schen Spargel geben.