BEELITZ (dpa) — Weißer Spargel und Deutsch­land — das ist eine Leiden­schaft. Eine neue Umfra­ge zeigt jetzt, wie populär das angeb­lich typisch deutsche Frühlings­ge­mü­se wirklich ist.

«König­li­ches Gemüse», «weißes Gold», «essba­res Elfen­bein»: Dem Spargel wird gern gehul­digt, doch inzwi­schen hat auch die Kritik am Hype um das sogenann­te Edelge­mü­se Tradition.

Da wird weißer Spargel dann als Holzzeug oder faseri­ger Quatsch aus der Erde verun­glimpft, der eben nur schme­cke mit der unver­meid­li­chen Sauce Hollan­dai­se — «Schlot­ze», wie der «heute Show»-Satirefigur Gernot Hassknecht sie nennt. Fakt ist: Millio­nen Menschen lieben Spargel und freuen sich jedes Jahr auf ihn. Doch in der Spargel­re­pu­blik Deutsch­land schüt­teln auch viele angesichts der arg ausge­stell­ten Liebe zu ihm den Kopf.

Übertrie­be­ner Hype?

Rund ein Drittel der Erwach­se­nen findet, dass dem weißen Spargel hierzu­lan­de zu viel Beach­tung geschenkt wird, wie jetzt eine YouGov-Umfra­ge im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ergab. Spargel sei in den Medien ein übertrie­be­ner Hype, sagen 32 Prozent. Fast die Hälfte (47 Prozent) findet es dagegen «gut so, wie es ist». Der Rest machte keine Angabe oder aber die Befrag­ten (6 Prozent) wünsch­ten sich noch mehr Beach­tung des Spargels. Erkennt­nis: Der weiße Spargel ist ein durch­aus wichti­ges Gemüse fürs deutsche Gemüt.

Die Spargel­sai­son beginnt hierzu­lan­de im März/April und geht — zumin­dest tradi­tio­nell — bis zum Johan­nis­tag im Juni (24.6.). Das Gemüse wird oft regio­nal vermark­tet: In Baden-Württem­berg ist zum Beispiel Schwet­zin­ger Spargel populär, in Berlin und Branden­burg ist es der Beelit­zer, in Bayern Schro­ben­hau­se­ner, in Nordrhein-Westfa­len Münsterländer.

Der Umfra­ge zufol­ge wird Spargel von 64 Prozent der Erwach­se­nen in Deutsch­land gemocht, 13 Prozent mögen ihn dagegen «gar nicht». Frauen (68 Prozent) mögen Spargel häufi­ger als Männer (60 Prozent), Ältere viel mehr als Jünge­re (Leute über 55 Jahre: 74 Prozent; 18- bis 24-Jähri­ge: 47 Prozent). Mehr als die Hälfte (53 Prozent) freut sich jedes Jahr auf die Spargel­zeit, 15 Prozent tun dies «gar nicht».

Von denje­ni­gen, die Spargel mögen, essen 62 Prozent ihn am liebs­ten mit Sauce Hollan­dai­se (einer Soße aus Eigelb, geklär­ter Butter, Salz und Pfeffer), gefolgt von reiner Butter (22 Prozent). Ohne Soße oder Butter essen den gekoch­ten Spargel 9 Prozent am liebs­ten. Der Rest nimmt ihn anders zu sich oder machte keine Angabe.

Gesun­des Gemüse

Der Pro-Kopf-Verbrauch im Jahr lag in Deutsch­land nach Angaben der Bundes­an­stalt für Landwirt­schaft und Ernäh­rung (BLE) zuletzt bei meist etwa 1,7 Kilogramm. Vor 25 Jahren waren es um die 1,3 Kilo.

Spargel ist wegen seines hohen Wasser­ge­halts kalorien­arm, zugleich aber reich an Vitami­nen und Mineral­stof­fen. Bei vielen riecht der Urin nach Spargel­kon­sum auffäl­lig streng. Das liegt am Abbau der Aspara­g­in­säu­re, einem schwe­fel­hal­ti­gen Aroma­stoff im Spargel.

Schon im Alter­tum beschrieb der griechi­sche Arzt und Lehrer Hippo­kra­tes die Pflan­ze als harntrei­ben­des Heilmit­tel. Auch die ayurve­di­sche und die tradi­tio­nel­le chine­si­sche Medizin sprechen Spargel positi­ve Kräfte zu. Zur Delika­tes­se und kulti­vier­ten Pflan­ze machten die Römer den Spargel vor rund 2000 Jahren.

Auch wenn heute viel Spargel aus Griechen­land, Spani­en, Polen, den Nieder­lan­den oder gar Peru und China kommt: Beson­ders begehrt ist der einhei­mi­sche Spargel, der fast immer Folien­spar­gel ist. Gigan­ti­sche Folien verwan­deln Felder monate­lang in Plastik­wüs­ten. Umwelt­schüt­zer bekla­gen den Müll und dass solche versie­gel­ten Äcker als Lebens­raum für Vögel und Bienen wegfal­len. Außer­dem sind auch immer wieder die harten Arbeits­be­din­gun­gen von Billig­löh­nern auf den Feldern ein Thema und vermie­sen manchem den Genuss.

Rekord­jahr 2020

2020 sei ein Spargel­re­kord­jahr gewesen, sagt in Bruch­sal eine Spreche­rin vom Verband Süddeut­scher Spargel­an­bau­er. 2021 sei es etwas schwie­ri­ger gewesen, jedoch gar nicht wegen Corona. «2021 war das Frühjahr recht grau, kalt und nass. Es gab zu Beginn der Saison wenig Spargel, und die Preise waren deswe­gen recht hoch. Erst Ende Mai/Anfang Juni stiegen die Tempe­ra­tu­ren und damit die Erntemengen.»

2022 gehen die Anbau­er «von einem gute Nachfra­ge­jahr aus», da das Wetter mitspie­le und auch die Gastro­no­mie wieder regulär geöff­net habe. «Die Leute haben Nachhol­be­darf. Die jetzi­gen Voraus­set­zun­gen sind — abgese­hen von der Infla­ti­on — für den Spargel­kon­sum gut.»

Das Einzi­ge, was Fans so richtig die Spargel­zeit verlei­den kann, ist holzi­ger Spargel. Ledig­lich 3 Prozent finden ihn dann noch «lecker», 8 Prozent «genieß­bar», 12 Prozent zeigten sich gleich­gül­tig. 44 Prozent finden holzi­gen Spargel «nicht lecker» und 33 Prozent «abscheu­lich».

Von Gregor Tholl, dpa