RAVENSBURG — Was ist uns was wert? Wenn der Wert einer Sache in Geldwert ausge­drückt werden kann, wo und wie können dann Grund­wer­te, kultu­rel­le Wertschöp­fung, der Wert von Erinne­rung und Werte wie Glück und Teilha­be darge­stellt werden? Welchen Preis oder Mehrwert haben immate­ri­el­le Dinge? Unsere guten oder schlim­men Erinne­run­gen? Gibt es einen Aufbe­wah­rungs­ort dafür? Einen Tresor gar, für die immate­ri­el­len Werte, die nicht Geldwert sind und die uns dennoch wertvoll sind?

Der in Berg (Kreis Ravens­burg) leben­de Künst­ler Andre­as Knitz stellt vom 31. Mai bis 30. Juli 2021 in der Sparkas­sen­ga­le­rie Ravens­burg aus. In einer retro­spek­ti­vi­schen Raumcol­la­ge spannt Knitz einen großen biogra­fi­schen Bogen von der Ausbil­dung zum Möbel­schrei­ner, zum Restau­ra­tor, über das Archi­tek­tur­stu­di­um, seiner Tätig­keit als freier Archi­tekt hin zur freien Kunst. Seit 1994 arbei­tet er überwie­gend zusam­men mit dem Bildhau­er Horst Hohei­sel im Künst­ler­duo Hohei­sel & Knitz.

Ob als Ergeb­nis aus künst­le­ri­schen Wettbe­wer­ben oder als Direkt­be­auf­tra­gun­gen, sind so inter­na­tio­nal zahlrei­che Arbei­ten entstan­den, die zu bedeu­ten­den Werken der Erinne­rungs­kul­tur gewor­den sind. Als so genann­te Counter-Monuments (Gegen­denk­ma­le) oder „unfer­ti­ge Denkma­le“ (Aleida Assmann) gelten die ausge­führ­ten Werke kunst­his­to­risch als maßgeb­li­che künst­le­ri­sche Beiträ­ge zur kollek­ti­ven Erinne­rung. Die Kunst ist dabei Vermitt­ler und Sprache, sowie Zugang zu schwie­ri­gen, verdräng­ten und meist tabui­sier­ten Ereignissen.

Erstmals werden Teile dieser in 25 Jahren fast ausschließ­lich im öffent­li­chen Raum entstan­de­nen Arbei­ten in einer experi­men­tel­len Raumcol­la­ge und in Form einer eigens entwi­ckel­ten begeh­ba­ren Retro­spek­ti­ve zusam­men­ge­fasst: Im halböf­fent­li­chen Raum der Ravens­bur­ger Sparkas­sen­ga­le­rie wird ein nahezu priva­ter Ort geschaf­fen, in dem Objek­te, Proto­ty­pen, Bilder und Texte, ergänzt durch einige Multi­me­dia­se­quen­zen Einbli­cke in das künst­le­ri­sche Schaf­fen von Andre­as Knitz geben.

Dabei bezieht er die zeitlos wirken­de Archi­tek­tur der Kreis­spar­kas­se Ravens­burg mit ein, die vom Archi­tek­ten Profes­sor Heinz Mohl entwor­fen und von 1982 bis 1987 erbaut wurde und reagiert auf die Grund­ideen des Gebäu­des: Raum im Raum, Haus im Haus, Stadt in der Stadt.
So entsteht ein vielschich­ti­ges Spiel mit physi­schen Räumen und Denkräumen.

Die Instal­la­ti­on will bewei­sen, dass Geschich­te aus Schich­ten besteht, dass Fassa­de und Oberflä­che, Hinter­grund und Tiefe zusam­men­hän­gen und nicht ohne einan­der existie­ren können; entschei­dend ist der indivi­du­el­le Zugang dazu und die persön­li­che Defini­ti­on von Wert.
Das eigene Handeln oder Nicht-Handeln, das eigene Sich-Betei­li­gen oder Sich-Nicht-Betei­li­gen steht im Mittel­punkt. Lässt man sich nicht darauf ein, bleibt das meiste im Verborgenen.