STUTTGART (dpa/lsw) — Ist das Gesund­heits­sys­tem im Südwes­ten wegen der hohen Inziden­zen am Anschlag? Die SPD sagt «Ja» und will das Land zum «Hotspot» erklä­ren. Anders als Kretsch­mann behaup­te, sei das möglich.

Die SPD im Landtag will den baldi­gen Wegfall der Corona-Schutz­maß­nah­men angesichts der hohen Infek­ti­ons­zah­len nicht hinneh­men und fordert die Landes­re­gie­rung zum Handeln auf. Mit einem Entschlie­ßungs­an­trag will die opposi­tio­nel­le SPD am Mittwoch errei­chen, dass das Parla­ment «das Bestehen einer konkre­ten Gefahr einer sich dynamisch ausbrei­ten­den Infek­ti­ons­la­ge im Gesamt­ge­biet des Landes» feststellt. Das gebe das neue Infek­ti­ons­schutz­ge­setz des Bundes her, sagte SPD-Frakti­ons­chef Andre­as Stoch der Deutschen Presse-Agentur und wider­sprach damit Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann (Grüne). Mit einem solchen Beschluss würde das ganze Land zum «Hotspot» und Maßnah­men wie Masken­pflicht und 3G-Zugangs­re­geln könnten zumin­dest im April weiterbestehen.

Stoch sagte: «Wir haben in Baden-Württem­berg Rekord­zah­len, und das schon jetzt und mit den bestehen­den Schutz­maß­nah­men.» Er könne verste­hen, dass Kretsch­mann es für falsch halte, dass bei dieser Lage die meisten Maßnah­men wegfal­len sollen, wie es das neue Gesetz der Ampel-Bundes­re­gie­rung vorsieht. «Ich kann aber nicht verste­hen, warum er nichts dagegen tut, obwohl das möglich ist», sagte der SPD-Politi­ker. Kretsch­mann sieht durch das neue Bundes­ge­setz keine recht­li­che Grund­la­ge mehr für eine landes­wei­te Verlän­ge­rung der Masken­pflicht und Zugangs­be­schrän­kun­gen. Allen­falls sei es nach der Übergangs­frist bis zum 2. April möglich, einzel­ne Regio­nen zu Hotspots zu erklären.

Aus Stochs Sicht sind schon jetzt viele Kranken­häu­ser und Arztpra­xen am Anschlag, «denn unter der gigan­ti­schen Zahl an Fällen sind eben nicht nur milde Verläu­fe». Viele Klini­ken könnten nicht mehr alle Behand­lun­gen vorneh­men, die sie üblicher­wei­se vorneh­men würden. «Unserem Gesund­heits­sys­tem droht also die Überlas­tung», erklär­te der SPD-Mann. «Genau deswe­gen ist es möglich, diese konkre­te Gefahr im Landtag festzu­stel­len. Und das geht laut Gesetz in konkret benann­ten Gebiets­kör­per­schaf­ten. Baden-Württem­berg hat sehr konkre­te Landesgrenzen.»

Kretsch­mann hatte dagegen argumen­tiert, selbst nach dem 2. April stünden regio­nal schär­fe­re Aufla­gen für bestimm­te Hotspots zunächst nicht an. «Im Moment sind wir von einer Überlas­tung der Kranken­häu­ser und Inten­siv­sta­tio­nen noch weit entfernt. Insofern müssen die Leute nicht damit rechnen, dass wir im Moment zu Hotspot-Regelun­gen kommen.»

Stoch verwies auf schlech­te Erfah­run­gen im Nachbar­land: «In Öster­reich hat man den Freedom Day zu früh gefei­ert. Nun kommt die Masken­pflicht wieder, weil die Infek­ti­ons­zah­len explodieren.»

Am Samstag waren im Südwes­ten die Kontakt­be­schrän­kun­gen und auch Kapazi­täts­gren­zen für Veran­stal­tun­gen komplett wegge­fal­len. Zuvor hatten Bundes­tag und Bundes­rat das neue Infek­ti­ons­schutz­ge­setz auf Vorschlag der Ampel-Regie­rung beschlos­sen. Wie alle anderen Bundes­län­der nutzt Baden-Württem­berg seitdem die Übergangs­re­gel im neuen Gesetz, um die Masken­pflicht und Zugangs­be­schrän­kun­gen bis zum 2. April aufrecht­erhal­ten zu können.

Wegen hoher Infek­ti­ons­zah­len berei­ten erste Länder länge­re Schutz­auf­la­gen vor. In Mecklen­burg-Vorpom­mern mit der aktuell höchs­ten Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 2400 sollen wesent­li­che Maßnah­men wie die Masken­pflicht in Innen­be­rei­chen und Testvor­ga­ben für Ungeimpf­te in der Gastro­no­mie bis zum 27. April fortdau­ern. Auch Hamburg will die Masken­pflicht in Innen­räu­men über den 2. April hinaus fortset­zen. In Nordrhein-Westfa­len und in Nieder­sach­sen setzen sich die opposi­tio­nel­len Grünen ebenfalls dafür ein, dass man das ganze Land zum Hotspot erklärt.

Kretsch­mann hatte dem Bund am Diens­tag erneut vorge­wor­fen, dass er den Ländern die Instru­men­te im Kampf gegen die Pande­mie wegneh­me, obwohl diese nicht zu Ende sei. Aber er habe das nach dem 2. April nicht mehr zu verant­wor­ten. «Ab dem Zeitpunkt übernimmt der Bund die Verant­wor­tung für die Pande­mie.» Er sei dann nicht mehr zustän­dig. Von den landes­wei­ten Corona-Aufla­gen dürfte zunächst noch die Masken­pflicht in Bussen und Bahnen übrig bleiben.