Wer in einer Wirtschaft irgend­wo in Deutsch­land ein «Spezi» bestellt, bekommt eine Mischung aus Orangen­li­mo­na­de und Cola vorge­setzt — egal von welcher Firma. Denn der Begriff hat sich seit vielen Jahren für jede Form des bräun­li­chen Misch­ge­tränks durch­ge­setzt. Dabei gibt es in Bayern zwei Braue­rei­en, die ihre prickeln­de Brause expli­zit unter dem Namen «Spezi» vertrei­ben. Jahrzehn­te­lang ging diese Koexis­tenz gut, doch nun musste ein Gericht entschei­den: Darf auch die große Paula­ner-Braue­rei aus München ihr Produkt «Spezi» nennen oder steht das nur der kleinen Braue­rei Riege­le aus Augsburg zu?

Die Münch­ner dürfen, entschied das Landge­richt München I am Diens­tag. Aller­dings ist die Entschei­dung noch nicht rechts­kräf­tig. Es geht um viel Geld: Der Streit­wert in dem Zivil­pro­zess lag bei rund zehn Millio­nen Euro.

Wenn auch über den richti­gen Artikel — «der» und «das» Spezi sind am geläu­figs­ten, aber auch «die» Spezi lässt sich nachwei­sen — treff­lich disku­tiert werden kann, herrscht bei einem Einig­keit: «Das ist unbestrit­ten, dass Riege­le den Spezi erfun­den hat», sagte Co-Geschäfts­füh­rer Sebas­ti­an Priller-Riege­le nach der mündli­chen Gerichts­ver­hand­lung im Sommer. Schon Mitte der 1950er Jahre hatten die Mittel­ständ­ler das Waren­zei­chen «Spezi» eintra­gen lassen, die Konkur­renz aus Oberbay­ern kam in den 60ern auf den Markt.

Der Riege­le-Slogan damals: «Ein Spezi muss dabei sein.» Eine Namens­wahl mit Augen­zwin­kern, ist ein Spezi in Süddeutsch­land doch eine Bezeich­nung für einen guten Kumpel. Doch mit der großen Konkur­renz aus München waren die Augsbur­ger zuletzt nicht mehr gut Freund. Die Braue­rei wollte eine neue Lizenz­ver­ein­ba­rung abschlie­ßen und somit Geld dafür bekom­men, dass «Paula­ner Spezi» auch weiter­hin unter diesem Namen vertrie­ben werden darf. Nach Ansicht der Münch­ner eine Forde­rung ohne recht­li­che Grund­la­ge, weswe­gen sie eine Feststel­lungs­kla­ge einreichten.

Kompli­ziert machten die Lage nicht nur diver­se Rechts­nach­fol­gen und Übertra­gun­gen bei Paula­ner, sondern auch eine Verein­ba­rung von 1974 zwischen Riege­le und der damali­gen Paula­ner Salva­tor Thomas-Bräu-AG. Während Riege­le zum einen die Rechts­nach­fol­ge der heuti­gen Paula­ner-Gruppe bezwei­fel­te, sah sie zum anderen diese Verein­ba­rung als Lizenz­ver­trag an, den man nun — verbun­den mit dem Angebot für einen neuen Vertrag — gekün­digt habe.

Paula­ner erach­te­te so eine Lizenz dagegen nicht für notwen­dig, weil man 1974 nur verein­bart habe, die beiden Spezi-Geträn­ke vonein­an­der abzugren­zen und sie neben­ein­an­der existie­ren zu lassen. Von einem Lizenz­ver­trag sei keine Rede gewesen, hieß es.

Dieser Sicht­wei­se schloss sich nun das Landge­richt München I an, das neben der Rechts­nach­fol­ge auch den Fortbe­stand der Verein­ba­rung bejah­te. Zudem sei die Verein­ba­rung als Koexis­tenz- und Abgren­zungs­ver­ein­ba­rung auszu­le­gen, mit der eine endgül­ti­ge Beile­gung bestehen­der Strei­tig­kei­ten zwischen den Partei­en beabsich­tigt gewesen sei. Im Vertrau­en darauf habe Paula­ner erheb­lich in die Marke investiert.

Solche Abgren­zungs­ver­ein­ba­run­gen seien ordent­lich nicht kündbar, und für eine außer­or­dent­li­che Kündi­gung habe Paula­ner keinen Anlass gegeben, erläu­ter­te die auf Marken- und Wettbe­werbs­recht spezia­li­sier­te 33. Zivilkammer.

«Wir freuen uns sehr, dass das Gericht unserer Argumen­ta­ti­on gefolgt ist», kommen­tier­te Paula­ner-Spreche­rin Birgit Zacher die Entschei­dung. «Jedes hat seinen Geschmack, jedes seine Fans, und jetzt hat jedes seinen Platz.» Um die 900.000 Hekto­li­ter produ­ziert Paula­ner jährlich von seinem Misch­ge­tränk, das sind umgerech­net rund 180 Millio­nen der belieb­ten Halbliter-Flaschen.

Priller-Riege­le bewer­te­te das Urteil hinge­gen als «nicht nachvoll­zieh­bar». Man sei nach wie vor der Meinung, dass es legitim sei, dass Paula­ner sich an den Kosten der Marken­pfle­ge betei­li­ge. Daher wolle man die Urteils­be­grün­dung nun in Ruhe prüfen. «Uns war von vornher­ein klar, dass dieses Verfah­ren über mehre­re Instan­zen gehen könnte», sagte der Junior-Chef der «Augsbur­ger Allgemeinen».

Damit könnte Paula­ner doch noch das Schick­sal drohen, entwe­der viel Geld zahlen oder über einen alter­na­ti­ven Namen nachden­ken zu müssen. Eine andere Braue­rei aus Augsburg hat das Problem übrigens von vornher­ein geschickt umgan­gen: Sie hat ihren Cola-Orangen-Mix «Bazi» genannt. Für alle Norddeut­schen: Damit ist im Bairi­schen — durch­aus auch liebe­voll — ein durch­trie­be­nes Schlitz­ohr oder ein pfiffi­ger Schlin­gel gemeint.

Von Elke Richter, dpa