BERLIN (dpa) — Das Ende der dreimo­na­ti­gen Steuer­sen­kung auf die Sprit­prei­se macht sich umgehend an den Tankstel­len bemerk­bar. Ganz anders in Frank­reich, dort wurde der Rabatt an der Zapfsäu­le sogar erhöht.

Dass Sprit teurer wird, war klar — nur wie stark und schnell die Preise nach dem Ende des sogenann­ten Tankra­batts steigen, stand noch nicht fest. Nun haben Autofah­re­rin­nen und Autofah­rer Gewiss­heit: Nach einer ersten Einschät­zung des ADAC koste­te Super­ben­zin der Sorte E10 im bundes­wei­ten Durch­schnitt gegen 9.00 Uhr etwa 25 Cent mehr als am Vortag. Beim Diesel gab es demnach ein Plus von etwa 10 Cent.

In den vergan­ge­nen zwei Wochen waren die Sprit­prei­se bereits wieder deutlich gestie­gen. Am Mittwoch, dem letzten Tag der als Tankra­batt bezeich­ne­ten Steuer­sen­kung auf Kraft­stof­fe, hatte ein Liter E10 laut ADAC im Schnitt 1,792 Euro gekos­tet, ein Liter Diesel 2,086 Euro. Das war den Angaben nach der höchs­te Wert im Monat August. Mit dem Tankra­batt hatte die Bundes­re­gie­rung die Energie­steu­er für drei Monate auf das von der EU erlaub­te Mindest­maß gesenkt. Rechne­risch könnte der Preis für Super E10 durch die Aufhe­bung um 35 Cent und für Diesel um 17 Cent steigen.

Die Einfüh­rung des Tankra­batts stand unter dem Eindruck eines Allzeit­hochs bei den Benzin- und Diesel­prei­sen. Mit Beginn des russi­schen Angriffs­kriegs gegen die Ukrai­ne waren sie inner­halb weniger Tage deutlich in die Höhe geschnellt. Am 11. März koste­te ein Liter Diesel 2,321 Euro — der seitdem gülti­ge Rekord. Bei E10 wurde der bishe­ri­ge Höchst­wert mit 2,203 weniger Tage später am 14. März erreicht.

Nach diesen Rekord­wer­ten entspann­te sich die Lage wieder etwas, dauer­haft unter 2 Euro pro Liter sanken die Preise aber erst nach dem Eintritt der Steuer­sen­kung am 1. Juni. Es folgte ein langan­hal­ten­der Sinkflug, am 12. August fiel der Preis für Super E10 sogar auf 1,691 Euro — der niedrigs­te Wert seit Januar. Doch danach ging es wieder bergauf mit dem Benzin- und Diesel­preis, bis hin zum Preis­sprung am 1. September.

Für diesen jüngs­ten Preis­an­stieg gebe es aus ADAC-Sicht keine Grund­la­ge, sagte ADAC-Spreche­rin Katrin van Randen­borgh. Die Preis­ge­stal­tung der Konzer­ne hatte seit März immer wieder Diskus­sio­nen ausge­löst — vor allem, ob die Konzer­ne die Steuer­sen­kung wirklich an die Kunden weiter­ge­ben. Auch am Ende des Rabatts gehen die Meinun­gen darüber weiter ausein­an­der. «Die Energie­steu­er­sen­kung wurde umfas­send weiter­ge­ge­ben», sagte Adrian Willig, Geschäfts­füh­rer des Wirtschafts­ver­bands Fuel und Energie (EN2X), dem Unter­neh­men wie BP, Shell, Total­ener­gies und Eni angehören.

Neue Debat­te um Kraftstoffbranche

«Gründe aktuel­ler Preis­stei­ge­run­gen sind eine gestie­ge­ne Nachfra­ge, knappe Kapazi­tä­ten in Raffi­ne­rien und logis­ti­sche Heraus­for­de­run­gen», sagte Willig weiter. Ähnlich sieht das der Exper­te Manuel Frondel vom RWI Leibniz-Insti­tut für Wirtschafts­for­schung: Der Rabatt sei «im Wesent­li­chen» weiter­ge­ge­ben worden, sagte er — aller­dings hätten Sonder­fak­to­ren wie das Niedrig­was­ser im Rhein seine Wirkung dann wieder geschmälert.

Der ADAC sieht das anders: «In der Gesamt­bi­lanz stellen wir fest, dass die Steuer­sen­kung nicht vollstän­dig beim Verbrau­cher angekom­men ist», sagte Jürgen Albrecht, Sprit­preis­exper­te des Clubs, der Deutschen Presse-Agentur. «Angesichts der niedri­gen Besteue­rung und des zuletzt niedri­gen Ölprei­ses war das für die Branche schon sehr auskömm­lich, das sieht man ja auch an den Quartals­zah­len der großen Konzer­ne und den Rekord­mar­gen der Raffi­ne­rien.» EN2X hält dagegen: Maßgeb­lich für die Preis­ent­wick­lung an den Tankstel­len seien die Großhan­dels­prei­se, nicht die Rohölpreise.

Aller­dings sieht auch das Bundes­kar­tell­amt die Preis­ge­stal­tung auf dem Treib­stoff­markt sehr kritisch: Es gebe dort nur relativ wenige Unter­neh­men, und vielfach seien sie vom Bohrloch bis zur Tankstel­le aktiv, was ihnen bei der Preis­set­zung viele Möglich­kei­ten gebe, sagte Andre­as Mundt, Präsi­dent der Wettbe­werbs­be­hör­de, am Diens­tag. «Wir werden weiter ganz genau hinse­hen und darüber infor­mie­ren, wie sich die Preise entwi­ckeln und was passiert, wenn die Steuer­ermä­ßi­gung zum 1. Septem­ber wegfällt.»

Bereits im März hatte das Kartell­amt angekün­digt, die Branche insge­samt genau­er unter die Lupe zu nehmen — vor allem mit Blick darauf, was zwischen Rohöl­ein­kauf und Tankstel­len­ver­kauf passiert. Der ADAC begrüßt das ausdrück­lich: «Da brauchen wir dringend mehr Trans­pa­renz», sagte Sprit­preis-Exper­te Albrecht.

Trotz deutlich steigen­der Preise will sich — anders als beim 9‑Euro-Ticket — aber kein echter Abschieds­schmerz beim Tankra­batt einstel­len. Selbst der ADAC fordert keine Fortset­zung, im Gegen­teil. Das wäre in Zeiten knapper Kraft­stof­fe und guter Gründe fürs Sprit­spa­ren das falsche Signal, hieß es.

Branchen wie die Logis­tik, die unter generell hohen Energie­prei­sen leiden, weinen dem Rabatt ebenfalls kaum eine Träne nach. «Der Tankra­batt hat uns als Branche nicht weiter­ge­hol­fen», sagte der Vorstands­spre­cher beim Bundes­ver­band Güter­kraft­ver­kehr Logis­tik und Entsor­gung (BGL), Dirk Engel­hardt. Die nun wieder steigen­den Diesel­prei­se seien aber natür­lich eine zusätz­li­che Belas­tung, die für die Unter­neh­men kaum zu kompen­sie­ren sei. «Das wird am Ende der Verbrau­cher über höhere Preise bezah­len müssen.»

Frank­reich erhöht Rabatt auf 30 Cent

Während in Deutsch­land der sogenann­te Tankra­batt ausge­lau­fen ist, hat Frank­reich in der Nacht zum Donners­tag den Nachlass an der Zapfsäu­le erhöht. Statt bisher 18 Cent wird im Septem­ber und Oktober auf dem Festland ein Rabatt von 30 Cent pro Liter Benzin oder Diesel gewährt. Auf Korsi­ka und in einigen Übersee­ge­bie­ten gilt laut Wirtschafts­mi­nis­te­ri­um nur ein gerin­ge­rer Preisnachlass.

In den Folge­mo­na­ten soll der Tankra­batt dann aber auch in Frank­reich abschmel­zen. Im Novem­ber und Dezem­ber soll er auf dem Festland auf 10 Cent verrin­gert werden und zum Jahres­en­de ganz auslaufen.

Der Tankra­batt ist Teil eines Pakets, das die Kaufkraft der Franzö­sin­nen und Franzo­sen erhöhen soll. Steigen­de Preise und eine Anhebung der Kaufkraft sind zwei der Themen, die die franzö­si­sche Gesell­schaft einer aktuel­len Umfra­ge des Insti­tuts Ifop zufol­ge derzeit als am wichtigs­ten ansieht.