WANGEN — In der Nacht vom 15. auf den 16. Juli sind Wohngebiete in Epplings und Deuchelried völlig überraschend von Oberflächenwasser überflutet worden. Grund war ein extremes Niederschlagsereignis, das sich im Wesentlichen auf den Bereich rund um Deuchelried und Epplings konzentrierte.
Speziell in Hanglagen flossen dabei größere Wassermengen oberflächlich ab, da der Boden diese Niederschlagsmengen nicht mehr aufnehmen konnte. Während die Stadtverwaltung in dieser Nacht schon über die Überflutung in Epplings informiert war und Oberbürgermeister Michael Lang gemeinsam mit der Feuerwehr dort vor Ort war, wurden die Schäden durch das Hangwasser in Deuchelried und Epplings erst Tage später und nach und nach bekannt. Jetzt waren OB Lang, Ortsvorsteher Markus Leonhardt und Vertreterinnen und Vertreter der Stadtverwaltung an zwei Tagen an den Orten des Geschehens, um sich im Gespräch mit den Betroffenen ein Bild von der damaligen Lage zu machen und um zu überlegen, wie künftig solche Gefahren verhindert werden können. OB Lang berichtete, dass er in Epplings gegen 1 Uhr Uhr gehört habe, auch in Deuchelried gebe es Hochwasser. Er sei deshalb ins Dorf gefahren, habe aber nichts gesehen. Auch die Ortverwaltung wurde erst in den Tagen darauf auf die Probleme aufmerksam, weil sich erst dann die Betroffenen meldeten, wie Markus Leonhardt berichtete. Auch dass Anwohner am Hang im Bereich Epplingser Halde und darunter Oberflächenwasser vom Berg abbekommen hatten, war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt.
Nach den tagelangen Regenfällen und dem Starkregen traf es in der Nacht auf den 16. Juli in Deuchelried drei Bereiche, in denen das Wasser durch die Häuser lief. Ein Bach ist in diesen Fällen nicht die Ursache. Gebäude und Gärten im Gebiet Wolfazer Weg/ Alois-Leuchte-Weg bis hinüber zum Neubaugebiet am Schwanenweg sowie im Gebiet Steibisberger Weg und die Straße Am Hang wurden durch Oberflächenwasser in Mitleidenschaft gezogen. In beiden Bereichen kam das Wasser in jener Nacht binnen weniger Minuten vom darüber liegenden Hang und bahnte sich den Weg durch Gärten und in die Häuser. Eine Anwohnerin am Wolfazer Weg berichtete, sie habe im Souterrain in ihrem Arbeitszimmer gesessen und gesehen, wie draußen binnen vier Minuten das Wasser am Fenster bis zur Decke stieg. „Es war, als schaue man in ein Aquarium – bis das Fenster zu Bruch ging“, sagte sie. Drei Räume wurden komplett überflutet. Sie hat mit ihrer Familie inzwischen entschieden, den Garten so umzubauen, damit Wasser – sollte es noch einmal von oben kommen – am Haus vorbei und durch den Garten geleitet wird.
Doch solche Maßnahmen allein werden wohl nicht genügen, um die Siedlung auf Dauer abzusichern. Dirk Nowak hatte in seinem Garten Fotos und Pläne zusammengestellt, die zeigen sollten, dass bevor das Baugebiet am Alois-Leuchte-Weg im Anschluss an den Wolfazer Weg entstand, eine Geländemulde Teile des wasserreichen Hangs entwässerte. Mit der neu geplanten Siedlung am Alois-Leuchte-Weg habe die Stadt auch das Gelände an die neuen Anlieger verkauft, die es dann in ihre Gärten einbezogen hätten. Somit könne das Wasser nur noch unkontrolliert oberirdisch abfließen, bestätigte auch Anlieger Rolf Ludwig. Bei ihm kam das Wasser in jener Nacht durch einen Lichtschacht, sprengte ein acht Millimeter starkes Fensterglas und flutete das Untergeschoss. Durch den Garten der Nowaks schoss es in breitem Schwall und in den Keller. Ähnlich missliche Erfahrungen mussten fast alle Anwohner in der oberen Häuserreihe der Siedlungen machen.
Auf der angrenzenden Wiese oberhalb der Gebäude machten sich Stadtverwaltung und Anwohner ein Bild von eventuellen Möglichkeiten, dort Oberflächenwasser abzuleiten. Der Leiter der Stadtwerke und des städtischen Abwasserwerks und somit für Wasser und Abwasser zuständige Urs Geuppert sagte zu, dem Problem nachzugehen. Für die Untersuchung und Planung soll ein spezialisiertes Ingenieurbüro hinzugezogen werden. Doch bevor an die konkrete Umsetzung zu denken ist, muss mit den Grundstückseigentümern ein Einvernehmen erzielt werden.
„Man muss sehen, ob die Kommune in der Verantwortung ist und deshalb mit der Versicherung Kontakt aufnehmen“, sagte OB Lang. Gleichzeitig appellierten die städtischen Vertreter an die Bürgerinnen und Bürger, sich gegen Wasser aus dem Kanal durch eine Rückstauklappe zu schützen. Dass rein rechnerisch alle fünf Jahre ein Starkregenereignis eintritt und das Wasser bis zur Straßenoberfläche zurückstaut, damit müsse gerechnet werden, sagte Geuppert. Dagegen helfe nur Eigenschutz. Bis Ende des Jahres, so hofft das städtische Abwasserwerk, könnten für diesen Bereich erste Pläne und Überlegungen vorliegen, die dann im Winter im Dorfgemeinschaftshaus präsentiert werden könnten.
Ein ähnliches Bild wie am Wolfazer Weg ergab sich in den Bereichen Am Hang und am Steibisberger Weg. Unmittelbar von plötzlich herabschießendem Wasser waren in der Straße Am Hang die Gebäude ab der Hausnummer 22 Richtung Kreisstraße betroffen, am Steibisberger Weg waren es drei Anlieger. Das Wasser hatte sich in jener Nacht offensichtlich im Bereich eines erhöht liegenden Ackers gesammelt und suchte sich den Weg durch die Gärten und in die Häuser. In einem Fall hielt das Gebäude an sich Stand, doch das Wasser fand den Weg ins Untergeschoss durch die Stromzuleitung. Im Steibisberger Weg klagten die Anwohner über vom Wasser angeschwemmten Schlamm und frisch gemähtes Gras, die dann auch Abflüsse verstopft hätten.
Eine erste Maßnahme sagte der Vertreter des Tiefbauamts zu: Auf der Seite des Ackers soll eine Mulde angelegt werden, von wo eine Rinne das Wasser in einen Sammler leiten soll. Dieser Sammler wird dann mit dem Kanal verbunden, so dass zumindest ein Teil des Wassers direkt abgeleitet werden kann. „Und wer hält diese Mulde dann sauber?“ fragte einer der Anlieger. Man müsse die Anwohner bitten, dort dann mit zum Eigenschutz beizutragen, hieß es vonseiten der Stadt, da trotz regelmäßiger Unterhaltung durch die Stadt bei einem Extremereignis nicht sofort reagiert werden könne.
Auch in diesem Fall rührte das Wasser von Flächen, die nicht in städtischer Hand sind. Deswegen sagte OB Lang an dieser Stelle wie schon zuvor bei den Anliegern der Straße Am Hang zu, dass rasch mit den Eigentümern das Gespräch gesucht werden soll, mit dem Ziel Einvernehmen über weitere Maßnahmen zu erzielen.
Bei einer Begehung in Epplings am vergangenen Freitag berichteten Anwohner von den Problemen, zu denen der über die Ufer getretene Epplingser Bach geführt hatte. Die Keller zahlreicher Gebäude, darunter auch die Mehrfamilienhäuser der Baugenossenschaft, wurden unter Wasser gesetzt. Dabei gingen Elektroleitungen, Wärmepumpen und Fernsehanschlüsse kaputt – vom gelagerten Inventar der Bewohner gar nicht zu sprechen. Die schlimmsten Schadensbilder habe es in den Häusern 23 bis 27 und 2 und 4 an der Epplingser Halde gegeben. Schäden gab es jedoch auch in weiteren Häusern. Das Inventar einer Souterrainwohnung wurde zerstört. Die Brücke des Wanderwegs Richtung Wolfaz wurde weggerissen. Anwohner hatten die Idee, weiter oben im Wald eine Art Rückhaltebecken oder einen Rechen einzubauen, der Äste und Stämme zurückhalten soll. Was sich umsetzen lässt ohne durch Veränderungen neue Gefahren heraufzubeschwören, wird ebenso geprüft wie Ursache und Wirkung des Hangwassers, das von oben in die Siedlung floss und auch Gebäude am Sonnenrain in Mitleidenschaft zog. Es rührte hauptsächlich vom Hang oberhalb der Siedlung. Die Anwohner schilderten ähnliche Szenen wie jene in Deuchelried am Wolfazer Weg. Das Wasser habe aus dem Hang gedrückt und sich in Sturzbächen über Treppen und Gärten nach unten ergossen. Viele Fragen ergaben sich im Gespräch, beispielsweise ob die Entwässerung an aktuelle Gegebenheiten angepasst sei. Urs Geuppert wies darauf hin, dass der Generalentwässerungsplan regelmäßig überprüft werde und es deshalb seit der Bauzeit der Häuser mehrere Aktualisierungen gegeben habe. Er sagte zu, die Kapazitäten noch einmal zu prüfen. Da sich eine Reihe von Detailfragen ergaben, sagte er zu, die Themen noch einmal vor Ort im Detail zu betrachten.