BERLIN (dpa) — Fast als 220.000 aus der Ukrai­ne vertrie­be­ne Menschen sind bereits in Deutsch­land regis­triert — der Deutsche Städte­tag mahnt nun eine effek­ti­ve Vertei­lung auf Orte mit derzeit noch freien Kapazi­tä­ten an.

Die Vertei­lung der Kriegs­flücht­lin­ge funktio­niert aus Sicht des Deutschen Städte­ta­ges trotz aller Beteue­run­gen der Verant­wort­li­chen in Bund und Ländern noch immer nicht richtig.

Städte, die zuletzt nach dem russi­schen Angriff sehr viele Flücht­lin­ge aus der Ukrai­ne aufge­nom­men hätten, brauch­ten dringend Entlas­tung, sagte Haupt­ge­schäfts­füh­rer Helmut Dedy der Deutschen Presse-Agentur. Dies sei nur zu errei­chen «durch eine wirksa­me Steue­rung, die Bund und Ländern immer noch nicht gelun­gen ist».

«Schief­la­gen schnell beheben»

Es dürfe nicht sein, dass Großstäd­te an Verkehrs­kno­ten­punk­ten eine ganz außer­ge­wöhn­li­che Heraus­for­de­rung zu stemmen hätten, während in anderen Kommu­nen Kapazi­tä­ten frei seien oder geschaf­fen werden könnten. «Wir müssen solche Schief­la­gen schnell beheben, um den Flücht­lin­gen überall wirksam helfen zu können», forder­te Dedy. Er beton­te, die Städte seien gerne bereit, geflüch­te­te Menschen aus der Ukrai­ne aufzunehmen.

Es sei gut, dass sich Bund und Länder mit den Kommu­nen bei der Bewäl­ti­gung dieser Aufga­be in einer Verant­wor­tungs­ge­mein­schaft sähen, sagte der Haupt­ge­schäfts­füh­rer des kommu­na­len Spitzen­ver­ban­des. Bund und Länder hätten auch erste richti­ge Schrit­te angesto­ßen, um die Regis­trie­rung und Vertei­lung zu verbes­sern. Aller­dings müssten alle Absichts­er­klä­run­gen nun auch ganz schnell umgesetzt werden. Geflüch­te­te sollten an den Grenzen und in Erstauf­nah­me­ein­rich­tun­gen regis­triert werden. Da viele der Flücht­lin­ge biome­tri­sche Pässe hätten, so dass an ihrer Identi­tät kein Zweifel bestehe, sollte zudem geprüft werden, ob eine aufwen­di­ge erken­nungs­dienst­li­che Behand­lung wirklich in jedem Fall notwen­dig sei.

Stich­wort König­stei­ner Schlüssel

Zudem müssten bei der Vertei­lung der Geflüch­te­ten nach dem König­stei­ner Schlüs­sel auch Menschen berück­sich­tigt werden, die nicht mit angemel­de­ten Bus- und Zugrei­sen kämen. Auch dieje­ni­gen, die indivi­du­ell in den Städten angekom­men seien, müssten bei der Vertei­lung mitge­zählt werden. Mit dem König­stei­ner Schlüs­sel wird auf Basis von Bevöl­ke­rungs­zahl und Steuer­ein­nah­men festge­legt, wie viele Schutz­su­chen­de ein Bundes­land aufneh­men muss.

Um eine Überlas­tung einzel­ner Länder zu verhin­dern, koordi­nie­re der Bund die über das Bundes­amt für Güter­ver­kehr abruf­ba­ren Züge und Busse entspre­chend, teilte eine Spreche­rin des Bundes­in­nen­mi­nis­te­ri­ums mit. Eine Vertei­lung finde «nur bei Perso­nen statt, die nicht bereits ander­wei­tig unter­ge­kom­men sind».

Fast 220.000 Geflüch­te­te aus der Ukrai­ne in Deutschland

Seit Beginn des russi­schen Angriffs auf die Ukrai­ne sind 218.301 Kriegs­flücht­lin­ge von der Bundes­po­li­zei regis­triert worden. Das teilt das Bundes­in­nen­mi­nis­te­ri­um mit. Die Zahl der erfass­ten Ankom­men­den stieg damit von Samstag auf Sonntag um rund 10.500.

Erfasst werden nur Geflüch­te­te, die von der Bundes­po­li­zei angetrof­fen werden, etwa an der öster­rei­chisch-bayeri­schen Grenze, an Bahnhö­fen oder in Zügen. Im Regel­fall gibt es keine festen Grenz­kon­trol­len an den EU-Binnen­gren­zen, Ukrai­ner dürfen zudem ohne Visum einrei­sen — die Zahl der tatsäch­lich Angekom­me­nen ist daher wahrschein­lich deutlich höher. Nicht erfasst wird außer­dem, wie viele der Geflüch­te­ten womög­lich von Deutsch­land aus weiter­rei­sen zu Freun­den oder Verwand­ten in anderen Staaten.

Der Krieg Russlands gegen die Ukrai­ne hat am 24. Febru­ar begon­nen. Nach UN-Angaben sind seitdem mehr als drei Millio­nen Menschen aus der Ukrai­ne ins Ausland geflohen.