SEOUL (dpa) — Eigent­lich schlägt ein Bundes­prä­si­dent eher diplo­ma­ti­sche Töne an — zumal bei Auslands­rei­sen. In Seoul spricht Frank-Walter Stein­mei­er aber Klartext. Er gilt dem Nachbarn Nordkorea.

Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er hat bei einem Besuch in Südko­rea am Freitag Nordko­re­as Raketen­tests verur­teilt und deren Stopp verlangt. «Diese Tests verlet­zen die Resolu­tio­nen des UN-Sicher­heits­ra­tes, sie gefähr­den die inter­na­tio­na­le Sicher­heit», sagte Stein­mei­er nach einem Gespräch mit Präsi­dent Yoon Suk Yeol in der Haupt­stadt Seoul.

Nordko­rea solle die UN-Beschlüs­se umset­zen und «ernst­haf­te Verhand­lun­gen» über den Abbau seines nuklea­ren Raketen­pro­gramms begin­nen. Das kommu­nis­tisch regier­te Land testet derzeit trotz nahezu einhel­li­ger inter­na­tio­na­ler Kritik in ungewohnt hoher Frequenz wieder Raketen. Das Thema stand am Freitag auch im UN-Sicher­heits­rat in New York auf der Tagesordnung.

Stein­mei­er sagte, seit Beginn des Jahres sei eine beispiel­lo­se Testse­rie zu beobach­ten. Die Salven der vergan­ge­nen Tage hätten die Lage noch einmal erheb­lich verschärft. «Diese Eskala­ti­on ist inakzep­ta­bel, und allein das Regime in Pjöng­jang ist dafür verant­wort­lich.» Yoon sagte, er sei sich Stein­mei­er einig, «im Falle einer ernst­haf­ten nordko­rea­ni­schen Provo­ka­ti­on eng mitein­an­der zu koope­rie­ren und eine geschlos­se­ne Reakti­on der inter­na­tio­na­len Gemein­schaft herbei­zu­füh­ren». Von deutscher Seite wurde darauf hinge­wie­sen, dass damit eine diplo­ma­ti­sche Reakti­on gemeint sei.

Mehr als 50 Tests allein in diesem Jahr

Stein­mei­er zollte Südko­rea großen Respekt für «unermüd­li­che Bemühun­gen», den Verhand­lungs­pro­zess wieder in Gang zu setzen. «Nordko­rea ist und bleibt zur komplet­ten, unumkehr­ba­ren und überprüf­ba­ren Beendi­gung seiner Program­me zur Entwick­lung von Massen­ver­nich­tungs­waf­fen und ballis­ti­schen Raketen verpflich­tet.» Das inter­na­tio­nal weitge­hend isolier­te Land treibt seit langem die Entwick­lung von atomwaf­fen­fä­hi­gen Raketen voran. Seit Jahres­be­ginn wurden mehr als 50 Tests gezählt. Allein diese Woche erfass­te Südko­re­as Militär mehr als 25 Tests — darun­ter vermut­lich auch eine atomwaf­fen­fä­hi­ge Rakete mit mehre­ren tausend Kilome­tern Reichweite.

Yoon sagte, Deutsch­land und Südko­rea wollten enger zusam­men­ar­bei­ten, um stabi­le Liefer­ket­ten aufzu­bau­en und die Energie­si­cher­heit zu stärken. Er habe auch Beden­ken gegen­über «protek­tio­nis­ti­schen Tenden­zen inner­halb Europas» angespro­chen. «Ich habe darum gebeten, dass Deutsch­land als eines der wichtigs­ten EU-Mitglie­der sich mit beson­de­rem Inter­es­se darum bemühen möge, dass es keine diskri­mi­nie­ren­den Maßnah­men gegen­über korea­ni­schen Unter­neh­men gibt.» Stein­mei­er sprach auch von einer stärke­ren Koope­ra­ti­on bei regene­ra­ti­ven Energien und der Gewin­nung von grünem Wasserstoff.

Zum Auftakt ihres Besuches in der südko­rea­ni­schen Haupt­stadt hatten der Bundes­prä­si­dent und seine Frau Elke Büden­ben­der am Gedenk­ort für die mehr als 150 Opfer der Hallo­ween-Katastro­phe vom vergan­ge­nen Wochen­en­de Blumen nieder­ge­legt. «Wir trauern mit dem korea­ni­schen Volk», sagte Stein­mei­er. Der Bundes­prä­si­dent lud Yoon zu einem Besuch im kommen­den Jahr ein. Dann feiern beide Staaten das 140-jähri­ge Bestehen ihrer diplo­ma­ti­schen Beziehungen.