Der verschärf­te Lockdown ist bislang bis zum 10. Januar befris­tet. Wie geht es dann weiter? Können Läden, Schulen, Kitas und vielleicht sogar Restau­rants wieder öffnen. Am 5. Januar beraten Bund und Länder darüber. Es gibt bereits erste Signa­le, was heraus­kom­men könnte.

Eine Woche vor der nächs­ten Bund-Länder-Runde zum weite­ren Vorge­hen in der Corona-Pande­mie mehren sich die Stimmen für eine Verlän­ge­rung des gelten­den Lockdowns.

«Ich gehe fest davon aus, dass wir weiter­hin mit Einschrän­kun­gen leben müssen», sagte Berlins Regie­ren­der Bürger­meis­ter Micha­el Müller (SPD) am Diens­tag im ZDF-«Morgenmagazin». Das Ausmaß müsse anhand der Infek­ti­ons­zah­len bewer­tet werden, die derzeit auf einem sehr hohen Stand stagnier­ten oder besten­falls leicht zurück­gin­gen. «Insofern rechne ich damit, dass wir im Januar auch weiter Einschrän­kun­gen erleben.»

Der verschärf­te Lockdown mit stren­gen Kontakt­be­schrän­kun­gen, der Schlie­ßung der meisten Geschäf­te, Schulen und Kitas sowie der schon länger gelten­den Schlie­ßung von Restau­rants, Theatern, Museen und anderen Freizeit­ein­rich­tun­gen gilt zunächst bis zum 10. Januar. Am 5. Januar wollen Bundes­kanz­le­rin Angela Merkel (CDU) und die Minis­ter­prä­si­den­tin­nen und Minis­ter­prä­si­den­ten der Länder darüber beraten, wie es anschlie­ßend weiter geht. Dabei werden die Zahlen der Neuin­fek­tio­nen und Sterbe­fäl­le sowie die Belegung von Inten­siv­bet­ten in den Kranken­häu­sern wesent­li­che Entschei­dungs­kri­te­ri­en sein.

Die deutschen Gesund­heits­äm­ter melde­ten binnen 24 Stunden 12.892 Corona-Neuin­fek­tio­nen. Außer­dem wurden 852 weite­re Todes­fäl­le verzeich­net, wie das Robert Koch-Insti­tut (RKI) am Diens­tag bekannt gab. Diese Zahlen sind aber nur bedingt mit den Werten der Vorwo­che vergleich­bar, da das RKI zum Jahres­wech­sel hin mit einer gerin­ge­ren Zahl an Tests und auch weniger Meldun­gen der Gesund­heits­äm­ter rechnet. Dennoch war die Zahl der Todes­fäl­le vor einer Woche mit 731 Fällen gerin­ger. Die Zahl der Neuin­fek­tio­nen betrug vor einer Woche 19.528.

Die Zahl der binnen sieben Tagen an die Gesund­heits­äm­ter gemel­de­ten Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag am Diens­tag­mor­gen bei 149,2. Die Bundes­re­gie­rung strebt einen Wert von unter 50 an, weil dann Infek­ti­ons­ket­ten wieder nachvoll­zieh­bar seien.

Kanzler­amts­chef Helge Braun hatte bereits am Montag in einem RTL/ntv-Inter­view gesagt: «Ich rechne damit, dass wir zunächst am 5. Januar, wenn wir uns das nächs­te Mal treffen, das Ganze noch nicht genau beurtei­len können und deswe­gen den Lockdown noch fortset­zen müssen.» Thürin­gens Minis­ter­prä­si­dent Bodo Ramelow (Linke) hatte dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land gesagt, es deute für die Bund-Länder-Runde am kommen­den Diens­tag nichts auf Locke­run­gen hin. «Wir gehen alle davon aus, dass der Lockdown verlän­gert werden muss.»

Nach dem Beginn der Corona-Impfun­gen wird zuneh­mend über ein denkba­res Bevor­zu­gen Geimpf­ter disku­tiert — etwa auf Veran­stal­tun­gen, in Restau­rants oder bei Flugrei­sen. Rechts­po­li­ti­ker von SPD und Union sehen Regelungs­lü­cken, auch Verbrau­cher­schüt­zer warnen davor. Die FDP-Frakti­on hinge­gen hält das grund­sätz­lich für gerechtfertigt.

Dabei laufen die Impfun­gen mangels Impfstoffs nur langsam an. Zunächst werden auch nur Pflege­be­dürf­ti­ge, Über-80-Jähri­ge und medizi­ni­sches Perso­nal geimpft. Bis zum Jahres­wech­sel sollen laut Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) 1,3 Millio­nen Dosen zur Verfü­gung stehen. Pro Person sind zwei Impfun­gen im Abstand von drei Wochen nötig. Bis einschließ­lich Montag haben nach RKI-Angaben in Deutsch­land 41.962 Menschen die erste Dosis erhalten.

Die verfüg­ba­re Menge an Impfstoff wird aber zuneh­men, da bisher nur der von Biontech/Pfizer zugelas­sen ist. Anfang Januar wird aber mit der Zulas­sung des Präpa­rats von Moder­na gerech­net. Weite­re Impfstof­fe stecken ebenfalls in Zulas­sungs­ver­fah­ren. «Wir werden im Januar noch deutlich mehr Impfun­gen haben, weil immer mehr der vom Staat bestell­ten Mengen gelie­fert werden», sagte der Präsi­dent des Verban­des forschen­der Arznei­mit­tel­her­stel­ler, Han Steutel, der «Rheini­schen Post» (Diens­tag). «Jeder weite­re Herstel­ler, der eine Zulas­sung erhält, wird ebenfalls mit vorpro­du­zier­ten Chargen schnell im Markt sein.» Spahn hatte sich zuver­sicht­lich gezeigt, dass jedem bis zum Sommer ein Impfan­ge­bot gemacht werden kann.

Mit Blick darauf gewinnt die Frage an Bedeu­tung, ob Privat­un­ter­neh­men Geimpf­te bevor­zu­gen dürfen — auch wenn eine staat­li­che Impfpflicht nicht vorge­se­hen ist und von der Politik einhel­lig abgelehnt wird. Die austra­li­sche Flugge­sell­schaft Qantas hat bereits angekün­digt, auf bestimm­ten Strecken nur noch geimpf­te Passa­gie­re mitzunehmen.

Und es gibt noch sensi­ble­re Berei­che. Auch Pflege­an­bie­ter etwa können die ambulan­te und statio­nä­re Pflege ableh­nen, daran erinnert die Deutschen Stiftung Patien­ten­schutz. Vorstand Eugen Brysch sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Bundes­re­gie­rung müsse für eine gesetz­li­che Klarstel­lung sorgen. «Denn sonst können Pflege­an­bie­ter auf ihre Vertrags­frei­heit pochen. Mit der Freiwil­lig­keit bei der Impfung wäre es dann vorbei.»

Gesund­heits­mi­nis­ter Spahn und Innen­mi­nis­ter Horst Seeho­fer (CSU) hatten bereits vor Sonder­rech­ten für frühzei­tig Geimpf­te gewarnt. Der rechts­po­li­ti­sche Sprecher der CSU-Landes­grup­pe, Volker Ullrich, sagte nun der «Welt», im priva­ten Bereich gebe es eine Regelungs­lü­cke, «die wir adres­sie­ren müssen». Der SPD-Rechts­po­li­ti­ker Johan­nes Fechner sagte der Zeitung: «Die SPD-Frakti­on prüft derzeit gesetz­li­che Maßnah­men, wie Ungleich­be­hand­lun­gen von Nicht-Geimpf­ten und Geimpf­ten durch die Privat­wirt­schaft ausge­schlos­sen werden könnten.»

In der Diskus­si­on geht es zentral um die bislang ungeklär­te Frage, ob ein Geimpf­ter bei Kontakt mit dem Erreger zwar selbst nicht mehr erkrankt, das Virus aber an andere weiter­ge­ben kann oder nicht. Der Erste Parla­men­ta­ri­sche Geschäfts­füh­rer der FDP-Frakti­on, Marco Busch­mann, sagte dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land, wenn festste­he, dass von einem Menschen weder für sich noch für andere eine Gefahr ausge­he, «dann darf der Staat seine Freiheit nicht einschränken».