Auch der Traum­start in Oberst­dorf hat den deutschen Skisprin­gern nicht den ersten Tournee-Gesamt­sieg seit Sven Hanna­wald beschert. Statt­des­sen jubelt mal wieder Alles­ge­win­ner Stoch. Für die Polen ist es das Ende einer beweg­ten Reise, für Geiger ein guter Abschluss.

Deutsch­lands Skisprin­ger um Karl Geiger und Markus Eisen­bich­ler müssen weiter auf den ersehn­ten Titel bei der Vierschan­zen­tour­nee warten.

Beim dritten Gesamt­sieg von Polens Überflie­ger Kamil Stoch blieb das kleine Schan­zen-Wunder am Mittwoch in Bischofs­ho­fen aus. Geiger schaff­te es nach Sprün­gen auf 138 und 133,5 Meter aber noch auf Gesamt­rang zwei. «Es ist ein toller zweiter Platz», lobte Bundes­trai­ner Stefan Horng­a­cher. «Der Karl ist mental unglaub­lich stark. Die anderen haben Fehler gemacht und der Karl ist dazwi­schen reinge­sprun­gen.» Geigers Freund Eisen­bich­ler erleb­te zum Abschluss dagegen ein sport­li­ches Debakel und verpass­te als 35. sogar den zweiten Durchgang.

Stochs Traum vom nächs­ten Titel schien in Oberst­dorf, wo das ganze polni­sche Team wegen eines Corona-Falls zunächst ausge­schlos­sen wurde, schon geplatzt. Nach 22 Stunden Verwir­rung folgte aber die schnel­le Rückkehr — und neun Tage später der ganz große Triumph. Das tradi­tio­nel­le Abschluss­sprin­gen am Dreikö­nigs­tag gewann der Olympia­sie­ger nach Flügen auf 139 und 140 Meter mit riesi­ger Souve­rä­ni­tät auch noch.

Das deutsche Team hatte nach dem furio­sen Auftakt­er­folg von Lokal­ma­ta­dor Geiger in Oberst­dorf auf den ersten Gesamt­sieg seit Sven Hanna­wald 2002 gehofft, leiste­te sich aber mehre­re Patzer, unter anderem auf der Schick­sals­an­la­ge am Bergisel in Innsbruck. Am Mittwoch glänz­te Geiger wieder, er beleg­te nach zwei starken  Versu­chen Tages­rang drei hinter Stoch und dem Norwe­ger Marius Lindvik.

Die benötig­te Aufhol­jagd gegen den erneut fulmi­nan­ten Stoch blieb aber aus. Für Eisen­bich­ler endete die Tournee statt­des­sen mit Riesen­frust. «Es ist schon bitter, aber sowas hab ich schon so oft miter­lebt. Von dem her: Da rege ich mich gar nicht mehr so auf», sagte der Bayer. Zuvor hatte er im ZDF noch losge­schimpft: «Beschis­sen» sei sein Abschluss gewesen, «ein Drecks­sprung». Hinter Stoch und Geiger komplet­tier­te Titel­ver­tei­di­ger Dawid Kubacki das Gesamtpodium.

Flug-Weltmeis­ter Geiger und Hoffnungs­trä­ger Eisen­bich­ler waren mit großen Ambitio­nen in die Tournee gestar­tet und hatten diese zum Start auch unter­mau­ert. Zur Halbzeit in Garmisch kommen­tier­te «Eisei» das Dauer­du­ell mit Senkrecht­star­ter Grane­rud und den beiden starken polni­schen Rivalen noch schnip­pisch: «Die Pamperl da vorne, die Norwe­ger und die Polen, die werden wir schon noch einholen.»

In Innsbruck passier­te genau das Gegen­teil: die Konkur­renz um Stoch und Kubacki, die in Oberst­dorf nach dem Positiv­test von Teamkol­le­ge Klemens Muran­ka quasi draußen waren, zog davon und ersprang sich den entschei­den­den Vorsprung. Auf den Schan­zen bot Stoch Sprün­ge in Perfek­ti­on. Dass es mit einem Start nach den Turbu­len­zen überhaupt klapp­te, dankte er immer wieder expli­zit den Verant­wort­li­chen um Chefcoach Michal Dolezal. «Ich kann mich nur bei unseren Trainern bedan­ken: Sie haben bis zum Ende für uns gekämpft.»

Im Team von Horng­a­cher war derweil zu beobach­ten, wie die Stimmung im Verlauf des Großereig­nis­ses immer schlech­ter wurde. Herrsch­te am Schat­ten­berg in Oberst­dorf nach dem ersten deutschen Einzel­sieg seit Dezem­ber 2015 noch Eupho­rie bei Geiger und Co., gab es beim tradi­tio­nel­len Neujahrs­sprin­gen schon den ersten Dämpfer.

Nach einer schwe­ren Nieder­la­ge in Innsbruck ließ der zutiefst enttäusch­te Geiger den Kopf hängen, wollte am liebs­ten «überall reintre­ten» und machte kein Geheim­nis daraus, dass der erste Titel seit Hanna­wald teamin­tern schon das ganz große Ziel war. Vor dem Finale in Bischofs­ho­fen deute­te Chefcoach Horng­a­cher vielsa­gend an: «Wir müssen jetzt schau­en, dass wir den Kopf über Wasser halten.»

In einem Winter voller Höhepunk­te, der mit zwei Weltcup-Siegen von Eisen­bich­ler und dem Flug-WM-Gold von Geiger so verhei­ßungs­voll begon­nen hatte, ist der verpass­te Tournee-Triumph nur ein ganz kleiner Dämpfer für die Horng­a­cher-Schütz­lin­ge. Viel Zeit zum Nachden­ken bleibt ohnehin nicht: Ab Freitag steht schon der Heim-Weltcup in Titisee-Neustadt auf dem Programm, das deutsche Team reist am Donners­tag direkt Richtung Schwarz­wald. Das letzte  Saison­high­light ist dann die Heim-WM in Oberst­dorf (ab 23. Februar).