Nach dem Schei­tern eines geplan­ten Volks­be­geh­rens stellt der frisch gekür­te SPD-Spitzen­kan­di­dat Andre­as Stoch die Debat­te um die gebüh­ren­freie Kita ins Zentrum der Landtags­wahl. Das könnte auch entschei­dend sein für einen mögli­chen Koalitionspartner.

Vor dem Landes­ver­fas­sungs­ge­richt war die Partei im Mai mit ihrem Wunsch nach einem Volks­be­geh­ren für gebüh­ren­freie Kitas geschei­tert. Die Verfas­sung verbie­te Volks­be­geh­ren über Abgaben, und darun­ter fielen auch Kita-Gebüh­ren, hatten die Richter erklärt. Zudem versto­ße der Gesetz­ent­wurf gegen den Bestimmt­heits­grund­satz, der verlangt, dass staat­li­ches Handeln messbar und berechen­bar sei.

Bislang zahlen die Eltern in den Kommu­nen in Baden-Württem­berg für die Betreu­ung ihrer Kinder unter­schied­lich hohe Beiträ­ge. Gäbe es keine Gebüh­ren mehr, müsste das Geld vom Land kommen. Nach frühe­ren Angaben der SPD geht es um etwa 529 Millio­nen Euro im Jahr, der Gemein­de­tag geht von einem höheren Betrag aus. Die grün-schwar­ze Regie­rung von Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann lehnte bislang eine generel­le Gebüh­ren­frei­heit für Kitas ab, weil sie fürs Land zu teuer sei.

Die SPD hatte bereits wieder­holt angekün­digt, an ihrem Ziel festzu­hal­ten, gebüh­ren­freie Kitas im Südwes­ten zu schaf­fen. Das könnte für die Grünen relevant werden, falls sie nach der Landtags­wahl 2021 auf der Suche nach Koali­ti­ons­part­nern sind. Von 2011 bis 2016 regier­te bereits Grün-Rot im Südwes­ten. Nach der Mitte Oktober veröf­fent­lich­ten jüngs­ten Umfra­ge zur Landtags­wahl liegt die SPD landes­weit aller­dings unver­än­dert bei ledig­lich 11 Prozent, die Grünen kommen auf 34 Prozent und die Christ­de­mo­kra­ten auf 29 Prozent.

Das Treffen der SPD ist der bundes­weit erste Partei­tag, der sowohl digita­le Debat­ten als auch eine Urnen­wahl umfasst. Während die Delegier­ten das Wahlpro­gramm mit dem Titel «Das Wichti­ge Jetzt» über Video­streams disku­tier­ten und mit einem elektro­ni­schen System abstimm­ten, wurde Stoch per Handzei­chen aus den Wohnzim­mern der Delegier­ten zum Spitzen­kan­di­da­ten für die Landtags­wahl gekürt. «Ein Kandi­dat mit viel Erfah­rung, der weiß, dass Politik auch mal anpacken muss», lobte Bundes­fi­nanz­mi­nis­ter Olaf Scholz seinen Partei­freund über Twitter. Stoch sei ein «guter Typ», gratu­lier­te der General­se­kre­tär der Bundes-SPD, Lars Kling­beil, ebenfalls über den Kurznachrichtendienst.

Am Nachmit­tag sollte Stoch auch erneut zum Landes­vor­sit­zen­den gewählt werden. Er ist der einzi­ge Kandi­dat. Für seine Wahl hatte die SPD Urnen an 20 Stand­or­ten im Land aufge­stellt. In einer dreistün­di­gen Partei­tags­pau­se waren die Delegier­ten aufge­ru­fen, dort ihre Stimmen abzugeben.

Scholz trat unter anderem auch als Redner ans Pult und vor die Kameras. Er vertei­dig­te die geplan­ten milli­ar­den­schwe­ren Novem­ber­hil­fen und die Neustart­hil­fe für Solo-Selbst­stän­di­ge ebenso wie den sogenann­ten Teil-Lockdown. «Die Pande­mie wird uns noch lange beschäf­ti­gen», sagte Scholz. Deutsch­land bewege sich in einer «neuen Norma­li­tät.» Die Aufla­gen seien richtig, um die Infek­ti­ons­zah­len runter­zu­krie­gen. «Wir können nicht warten, bis die Inten­siv­sta­tio­nen überfüllt sind.»