BERLIN (dpa) — Mit einem Brief an den Kanzler fordert die Vorsit­zen­de des Vertei­di­gungs­aus­schus­ses, alle Betei­lig­ten der Rüstungs­hil­fe für die Ukrai­ne an einen Tisch zu bringen.

Die Vorsit­zen­de des Vertei­di­gungs­aus­schus­ses im Bundes­tag, Marie-Agnes Strack-Zimmer­mann, hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) aufge­for­dert, zum nächst­mög­li­chen Zeitpunkt eine «Natio­na­le Ukrai­ne-Konfe­renz» einzuberufen.

Es sei dringend notwen­dig, die Karten auf den Tisch zu legen und dabei zu klären, was Deutsch­land aktuell leiste und zu was Bundes­wehr, Indus­trie und Politik in den kommen­den Wochen noch in der Lage seien, heißt es in einem Schrei­ben der FDP-Politi­ke­rin an den Kanzler, das der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorlag.

Der Ukrai­ne-Krieg befin­de sich in einer entschei­den­den Phase. «Während sich die ukrai­ni­sche Armee tapfer dem bruta­len russi­schen Angriff entge­gen­stemmt und dabei versucht, die russi­sche Armee in Schach zu halten sowie auch aufgrund unserer humani­tä­ren, wirtschaft­li­chen und militä­ri­schen Unter­stüt­zung ebenso eigene militä­ri­sche Erfol­ge zu verzeich­nen hat, rüstet sich Russland weiter für große Offen­si­ven», warnt Strack-Zimmermann.

«Ukrai­ne helfen, diesen Krieg zu gewinnen»

Die FDP-Politi­ke­rin plädiert für ein Treffen, bei dem Vertre­ter aus Politik und dem Bundes­kanz­ler­amt, der Rüstungs­in­dus­trie, den Gewerk­schaf­ten und der Bundes­wehr an einem Tisch sitzen und weite­re Schrit­te abstim­men. «Ziel soll es sein, sich eine geord­ne­te Übersicht zu verschaf­fen, um die kommen­den Schrit­te gezielt, einver­nehm­lich und gemein­sam in die Wege zu leiten», heißt es in dem Brief.

Wie lange sich die Ukrai­ne vertei­di­gen könne und wie erfolg­reich dies am Ende sein werde, hänge «insbe­son­de­re auch von der Unter­stüt­zung Deutsch­lands ab». Die Bundes­re­gie­rung habe vieles geleis­tet, müsse aber «noch mehr tun, um der Ukrai­ne dabei zu helfen, diesen Krieg zu gewin­nen». Strack-Zimmer­mann: «Deutsch­land muss die hier von seinen westli­chen Partnern gefor­der­te Führungs­rol­le in Europa überneh­men und entschie­den und mutig ohne Zweifel vorangehen.»

Die Welt soll Deutsch­land nicht als «Bremser und Loser» empfinden

Die FDP-Politi­ke­rin gehört inner­halb der Ampel-Koali­ti­on mit SPD und Grünen zu den treiben­den Kräften für die inzwi­schen beschlos­se­ne und auch erfolg­te Liefe­rung schwe­rer Waffen an die Ukrai­ne, die lange umstrit­ten war. Sie hatte Scholz im Mai aufge­for­dert, im Kanzler­amt einen Koordi­na­tor für die Waffen­hil­fe an die Ukrai­ne einzu­set­zen. Unstim­mig­kei­ten inner­halb der Regie­rung sowie mit der Indus­trie hatten zuvor den Eindruck von Zöger­lich­keit bei Verbün­de­ten ausge­löst und für offene Kritik gesorgt. «Es darf nicht sein, dass am Ende des Krieges die Welt Deutsch­land als komplet­ten Bremser und Loser empfin­det, nur weil wir nicht in der Lage sind zu organi­sie­ren und zu kommu­ni­zie­ren», sagte Strack-Zimmer­mann da schon.

Zusam­men mit den Nieder­lan­den hat Deutsch­land der Ukrai­ne inzwi­schen 12 Stück der moder­nen Panzer­hau­bit­ze 2000 überlas­sen. Beide Staaten wollen die Zahl auf insge­samt 18 Panzer­hau­bit­zen erhöhen, genug für ein komplet­tes ukrai­ni­sches Artil­le­rie­ba­tail­lon. In Deutsch­land läuft derzeit zudem das Training von Ukrai­nern am Raketen­wer­fer Mars II, dem nächs­ten Waffen­sys­tem, das bereit­ge­stellt werden soll. Als ein wesent­li­cher Faktor gilt die Liefe­rung mit Muniti­on aller Art an die Ukrai­ne, um gegen den nun von Russland ausge­wei­te­ten Angriff bestehen zu können. Zugleich muss Deutsch­land seine eigenen Muniti­ons­be­stän­de — die weit unter den Anfor­de­run­gen liegen — auffül­len. Allein dafür werden Ausga­ben in Höhe von 20 Milli­ar­den Euro veranschlagt.

Von Carsten Hoffmann, dpa