LONDON (dpa) ‑Teile Europas haben einen beispiel­lo­sen Dürre­som­mer erlebt. Schon mit dem heuti­gen Stand des Klima­wan­dels muss der Konti­nent damit nun alle 20 Jahre rechnen. Doch die Erde heizt sich weiter auf.

Als Folge des Klima­wan­dels müssen West- und Mittel­eu­ro­pa alle 20 Jahre mit extre­men Dürren wie in diesem Sommer rechnen — selbst wenn sich die Erde nicht weiter erwär­men würde. Zu diesem Schluss kommt eine Gruppe aus gut 20 inter­na­tio­na­len Forsche­rin­nen und Forschern, die unter anderem Wetter­da­ten aus der vorin­dus­tri­el­len Zeit mit jenen von heute vergli­chen hat.

In West- und Mittel­eu­ro­pa sind Dürren nach etwa 1,2 Grad menschen­ge­mach­ter Erder­hit­zung mindes­tens drei- bis viermal wahrschein­li­cher gewor­den, wie aus der Unter­su­chung hervor­geht, die von der Initia­ti­ve World Weather Attri­bu­ti­on veröf­fent­licht wurde. Ohne Erder­wär­mung wäre eine Dürre wie in diesem Jahr in Europa nur alle 60 bis 80 Jahre zu erwar­ten gewesen.

Landwirt­schaft­li­che und ökolo­gi­sche Dürre

Das beson­de­re Augen­merk der Forscher lag auf der Trocken­heit von Böden in den Monaten Juni, Juli und August diesen Jahres. Sie betrach­te­ten dabei den ersten Meter unter der Erdober­flä­che, der für die Wasser­ver­sor­gung von Pflan­zen beson­ders wichtig ist. Ist dieser ausge­trock­net, sprechen Fachleu­te demnach von einer landwirt­schaft­li­chen und ökolo­gi­schen Dürre.

Die Forscher können belegen, dass durch den Klima­wan­del verur­sach­te höhere Tempe­ra­tu­ren zu den weit verbrei­te­ten Dürren in diesem Sommer geführt haben. «In Europa haben Dürren zu gerin­ge­ren Ernten geführt», sagte die deutsche Klima­for­sche­rin Friede­ri­ke Otto vom Imperi­al College London laut einer Mittei­lung. «Das war beson­ders deshalb besorg­nis­er­re­gend, da die Dürren auf klima­wan­del­be­ding­te Hitze­wel­len im Süden Asiens folgten, die auch Getrei­de­ern­ten zerstört haben — und das alles zu einer Zeit, in der die Lebens­mit­tel­prei­se aufgrund des Krieges in der Ukrai­ne ohnehin extrem hoch waren.»

Mehr als 24.000 Hitzetote

Nach Angaben der Forsche­rin­nen und Forscher war der diesjäh­ri­ge Sommer einer der heißes­ten jemals gemes­se­nen in Europa mit insge­samt mehr als 24.000 verzeich­ne­ten Hitzetoten.

Die Wissen­schaft­ler weisen darauf hin, dass es trotz der enormen Fortschrit­te in der Forschung schwie­rig sei, exakt zu bemes­sen, welchen Anteil die Erder­hit­zung für ein einzel­nes Dürre­ereig­nis hat. Das liegt auch daran, dass die Trocken­heit des Bodens schwie­ri­ger zu messen und zu berech­nen ist als etwa Tempe­ra­tu­ren und Nieder­schlä­ge. Daher seien die Ergeb­nis­se der Studie extra konser­va­tiv angesetzt. Das bedeu­tet: Der tatsäch­li­che Einfluss des menschen­ge­mach­ten Klima­wan­dels ist den Forschern zufol­ge mutmaß­lich noch höher.

Dürre-Wahrschein­lich­keit auf Nordhalb­ku­gel verzwanzigfacht

Neben West- und Mittel­eu­ro­pa schau­ten sich die Forscher auch die Zunah­me von Dürren auf der gesam­ten Nordhalb­ku­gel der Erde an und kamen zu noch drasti­sche­ren Ergeb­nis­sen. Dort hat sich die Wahrschein­lich­keit eines Dürre­som­mers wie in diesem Jahr sogar verzwan­zig­facht. Während heute alle 20 Jahre mit solchen Dürren zu rechnen sei, kämen sie ohne menschen­ge­mach­ten Klima­wan­del nur etwa alle 400 Jahre vor.

Aller­dings weisen die Forscher darauf hin, dass die Ergeb­nis­se für die nördli­che Hemisphä­re sowie West- und Mittel­eu­ro­pa wegen der unter­schied­li­chen Fläche nicht direkt mitein­an­der vergli­chen werden können.

«Wir müssen damit aufhö­ren, fossi­le Brenn­stof­fe zu verbren­nen, wenn wir das Klima stabi­li­sie­ren und eine weite­re Verschlim­me­rung dieser Dürre­ereig­nis­se vermei­den wollen», sagte Sonia Senevi­rat­ne, eine betei­lig­te Forsche­rin der Eidge­nös­si­schen Techni­schen Hochschu­le Zürich, der Mittei­lung zufol­ge. Mit jeder weite­ren Zunah­me der Erder­wär­mung würden Dürren häufi­ger und intensiver.