FRANKFURT/MAIN (dpa) — Noch nie gab es so viele Frauen in der Topeta­ge deutscher Börsen­un­ter­neh­men. Zu diesem Ergeb­nis kommen zwei Studi­en. Bundes­frau­en­mi­nis­te­rin Paus sieht aber weiter Handlungsbedarf.

In den Chefeta­gen börsen­no­tier­ter Unter­neh­men in Deutsch­land sitzen Studi­en zufol­ge inzwi­schen so viele Frauen wie nie zuvor in den vergan­ge­nen Jahren. Nach Daten des Prüfungs- und Beratungs­un­ter­neh­men EY stieg die Zahl der Manage­rin­nen im Vorstand der Firmen der Dax-Familie im ersten Halbjahr auf 120 und damit auf den höchs­ten Stand seit Beginn der Auswer­tung vor zehn Jahren. Zu ähnli­chen Ergeb­nis­sen kommt die Organi­sa­ti­on «Frauen in die Aufsichts­rä­te» (Fidar). Aller­dings sind weibli­che Führungs­kräf­te weiter­hin in der Minderheit.

Bundes­frau­en­mi­nis­te­rin Lisa Paus sieht noch Handlungs­be­darf. «Die gesetz­li­chen Vorga­ben haben Erfolg, die festen Quoten für Aufsichts­rä­te und Vorstän­de wirken», sagte die Grünen-Politi­ke­rin. «Um gleich­be­rech­tig­te Teilha­be von Frauen in Führungs­po­si­tio­nen durch­zu­set­zen, müssen wir aber das gesam­te Manage­ment in den Blick nehmen.»

Fidar werte­te die 160 Unter­neh­men der Dax-Familie sowie weite­re 20 börsen­no­tier­te und paritä­tisch mitbe­stimm­te Firmen mit Stand Mai dieses Jahres aus. In den Vorstän­den dieser Unter­neh­men erreich­te der Anteil der Manage­rin­nen mit 18,3 Prozent einen Spitzen­wert seit Beginn der Auswer­tung 2015 (Vorjahr: 14,7 Prozent). Der Frauen­an­teil in den Aufsichts­rä­ten stieg ebenfalls auf einen Höchst­wert von nun 35,3 Prozent (Vorjahr: 33,5 Prozent).

Fidar: Treiber sind gesetz­li­che Vorschriften

Treiber sind Fidar zufol­ge vor allem gesetz­li­che Vorschrif­ten. Börsen­no­tier­te und paritä­tisch mitbe­stimm­te Unter­neh­men mit mehr als 2000 Beschäf­tig­ten und mehr als drei Vorstands­miz­glie­dern müssen bei Neube­setz­be­set­zun­gen in dem Gremi­um inzwi­schen darauf achten, dass mindes­tens eine Frau in der Führungs­eta­ge sitzt. Allein seit Jahres­be­ginn seien weite­re 15 Manage­rin­nen in die Vorstands­eta­gen der 62 Konzer­ne berufen worden, die aktuell unter die Regelung fallen, hieß es. Nur vier der betrof­fe­nen Unter­neh­men haben demnach bislang keine weibli­che Führungs­kraft in der Topetage.

Für Aufsichts­rä­te schreibt ein bereits seit 2015 gelten­des Gesetz eine Frauen­quo­te von 30 Prozent für die rund 100 größten börsen­no­tier­ten und mitbe­stim­mungs­pflich­ti­gen Unter­neh­men vor. «Feste Quoten sind notwen­dig, weil freiwil­li­ge Selbst­ver­pflich­tun­gen nicht funktio­nie­ren», argumen­tier­te Fidar-Gründungs­prä­si­den­tin Schulz-Strelow.

Fidar-Präsi­den­tin Anja Seng forder­te eine Auswei­tung der Quoten auf alle mitbe­stimm­ten oder börsen­no­tier­ten Unter­neh­men. «Unser Ziel muss es sein, auf mittle­re Sicht alle Gremi­en paritä­tisch zu beset­zen – Aufsichts­rat, Vorstand und oberes Management.»

42 Prozent ohne ein weibli­ches Führungsmitglied

Der EY-Studie zufol­ge stieg der Frauen­an­teil in den Vorstands­eta­gen der 160 Firmen der Dax-Familie im ersten Halbjahr auf 17,0 Prozent (Juli 2022: 13,6 Prozent). Vor zehn Jahren waren es noch 4,7 Prozent. «Zwar sehen wir, dass es immer mehr Top-Manage­rin­nen in die Vorstän­de von Deutsch­lands Top-Unter­neh­men schaf­fen», sagte EY-Exper­tin Ev Bange­mann. «Aber immer noch steht in Vorstands­gre­mi­en eine Frau fünf Männern gegen­über.» Rund 42 Prozent der 160 Konzer­ne haben demnach kein einzi­ges weibli­ches Führungsmitglied.

Am höchs­ten ist der Frauen­an­teil den Angaben zufol­ge mit gut 23 Prozent in der Topeta­ge der 40 Börsen­schwer­ge­wich­te des Dax. Bei den 50 MDax-Firmen sind 16,5 Prozent der Vorstands­mit­glie­der weiblich. Am gerings­ten ist der Frauen­an­teil in den Führungs­gre­mi­en der 70 SDax-Konzer­ne mit 11,5 Prozent.

Erstmals hat auch die Mehrheit der im MDax notier­ten mittel­gro­ßen Konzer­ne mindes­tens eine Frau im Vorstand, wie aus der Studie hervor­geht. Im Dax sei das bereits seit 2016 der Fall. Die kleine­ren Unter­neh­men des SDax hinken hier noch hinterher.