BROKSTEDT (dpa) — Furcht­ba­re Szenen im Regio­nal­zug: Ein Mann tötet zwei Menschen und verletzt sieben weite­re. Dutzen­de werden Zeugen des Verbre­chens — und einige mutige Fahrgäs­te überwäl­ti­gen den Täter. Was trieb ihn an?

Nach dem tödli­chen Angriff in einem Regio­nal­zug von Kiel nach Hamburg bleiben Schock, Trauer und die Frage nach dem Warum. Polizei und Staats­an­walt­schaft wollen ihre Ermitt­lun­gen zu der Attacke, bei der zwei Menschen starben und sieben verletzt wurden, am Donners­tag fortset­zen. Das Verbre­chen hatte am Mittwoch einen Großein­satz von Polizei und Rettungs­kräf­ten ausge­löst und weit über Schles­wig-Holstein hinaus für Entset­zen gesorgt. Ein 33 Jahre alter staaten­lo­ser Paläs­ti­nen­ser soll während der Fahrt auf mehre­re Fahrgäs­te einge­sto­chen haben. Ein vergleich­bar schwe­res Gewalt­ver­bre­chen in einem Zug gab es nach Angaben von Verkehrs­mi­nis­ter Claus Ruhe Madsen (partei­los) in Schles­wig-Holstein noch nicht.

Presse­kon­fe­renz zum Stand der Ermittlungen

Zwei Opfer starben, sieben Menschen wurden nach ersten Erkennt­nis­sen verletzt. Auch der mutmaß­li­che Täter, den Zeugen überwäl­tig­ten, wurde verletzt. Zu den Identi­tä­ten der Opfer gab es am Mittwoch noch keine Angaben, sie seien noch nicht zweifels­frei geklärt, teilte die Polizei mit. Schles­wig-Holsteins Innen­mi­nis­te­ri­um ordne­te für Donners­tag Trauer­be­flag­gung an. Heute (14.00 Uhr) wollen sich Schles­wig-Holsteins Innen­mi­nis­te­rin Sabine Sütter­lin-Waack (CDU) und der Leiter der Polizei­di­rek­ti­on Itzehoe, Frank Matthie­sen, bei einer Presse­kon­fe­renz in Kiel zum Stand der Ermitt­lun­gen äußern.

Viele Fragen blieben in den Stunden nach der Tat offen. «Die Hinter­grün­de sind noch unklar», sagte eine Polizei­spre­che­rin am Mittwoch. Es gab erste Hinwei­se, dass der mutmaß­li­che Angrei­fer geistig verwirrt sein könnte, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicher­heits­krei­sen erfuhr. Nach vorläu­fi­gen Erkennt­nis­sen war er in Norddeutsch­land bislang nicht als Extre­mist aufgefallen.

Nach Infor­ma­tio­nen von «Spiegel» und «Welt» soll der Mann aber mehrfach polizei­lich in Erschei­nung getre­ten, laut NDR mehrfach vorbe­straft sein. Wie dpa aus Sicher­heits­krei­sen erfuhr, soll er bis letzte Woche inhaf­tiert gewesen sein. NDR und «Spiegel» zufol­ge hatte er zuletzt in Unter­su­chungs­haft gesessen.

Mutige Zeugen stopp­ten den Täter

Die Ermitt­ler befrag­ten Dutzen­de Zeugen aus dem Zug, der mit rund 120 Fahrgäs­ten besetzt war, in einem Gasthof in der Nähe des kleinen Bahnhofs der Gemein­de im Kreis Stein­burg. Offen­bar konnten mutige Fahrgäs­te Schlim­me­res verhin­dern, sie überwäl­tig­ten den Angrei­fer und hielten ihn fest.

Nach der Tat drück­te auch Bundes­in­nen­mi­nis­te­rin Nancy Faeser (SPD) den Betrof­fe­nen ihr Mitge­fühl aus. «All unsere Gedan­ken sind bei den Opfern dieser furcht­ba­ren Tat und ihren Famili­en», schrieb die Politi­ke­rin im Kurznach­rich­ten­dienst Twitter. Dies sei eine «erschüt­tern­de Nachricht». Sütter­lin-Waack eilte am Nachmit­tag zum Tatort und ließ sich infor­mie­ren. Sie hatte von dem Verbre­chen während einer Landtags­sit­zung erfah­ren. Sie sei «in Gedan­ken bei den Famili­en und Angehö­ri­gen der Opfer».

Günther: «Das ist ein furcht­ba­rer Tag»

Schles­wig-Holsteins Minis­ter­prä­si­dent Daniel Günther (CDU) sprach am Mittwoch­abend in Kiel von einer schreck­li­chen und sinnlo­sen Tat. «Schles­wig-Holstein trauert — das ist ein furcht­ba­rer Tag», sagte Günther. Er denke an alle, die trauer­ten und um die Verletz­ten bangten. Er sei in Gedan­ken und Gebeten bei den Menschen, bei den Angehö­ri­gen. Der Regie­rungs­chef dankte den Einsatz­kräf­ten für deren Arbeit und auch denen, die sich um die Passa­gie­re und Zeugen im Zug sowie um die Verletz­ten geküm­mert hätten.

Die Deutsche Bahn sprach den Angehö­ri­gen der Opfer tiefes Mitge­fühl aus. «Den Verletz­ten wünschen wir eine baldi­ge und vollstän­di­ge Genesung.»

In der Nacht zum Donners­tag wurden die getöte­ten Opfer von Bestat­tern aus dem beim Bahnhof in Neumüns­ter abgestell­ten Zug geholt, wie ein dpa-Fotograf sah. Auch die Spuren­si­che­rung war weiter aktiv.