STUTTGART (dpa/lsw) — Das grüne EU-Label für die Atomkraft ist den Grünen ein Dorn im Auge. Aber ändern können sie es wohl kaum. In Baden-Württem­berg wollen sie mit Nachbarn wie Frank­reich lieber die Erneu­er­ba­ren in Grenz­re­gio­nen ausbauen.

Statt über die EU-Pläne für eine steuer­li­che Förde­rung der Atomkraft zu lamen­tie­ren, wollen die Südwest-Grünen lieber die grenz­über­schrei­ten­de Zusam­men­ar­beit bei den Erneu­er­ba­ren Energien voran­trei­ben. Die umstrit­te­nen Pläne der EU-Kommis­si­on für ein «grünes Label» für Atomkraft lehnen die Grünen ab. «In der Sache halte ich den Beschluss für falsch», sagte Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann am Diens­tag in Stutt­gart. Man könne ihn aber von hier aus nicht korri­gie­ren. Die Grünen-Frakti­on beschloss am Diens­tag­abend bei ihrer Klausur ein Klima­pa­pier, in dem eine verstärk­te Koope­ra­ti­on etwa mit Frank­reich bei regene­ra­ti­ven Energien angestrebt wird.

«Mit uns bleibt der Atom-Zombie für immer und ewig begra­ben», sagte Frakti­ons­chef Andre­as Schwarz. Man müsse aber den Blick auf die Zusam­men­ar­beit bei Erneu­er­ba­ren Energien richten. «Wir werden uns bei unserer Außen­mi­nis­te­rin Annale­na Baerbock dafür stark machen, dass sie auf höchs­ter diplo­ma­ti­scher Ebene gerade jetzt die grünen Koope­ra­tio­nen voran­treibt», sagte Schwarz. Denn die EU-Kommis­si­on förde­re grenz­über­schrei­ten­de Projek­te und Ansät­ze bei den Erneu­er­ba­ren Energien.

Die Grünen nennen in ihrem Papier zum Beispiel die Konver­si­ons­re­gi­on Fessen­heim. Das elsäs­si­sche AKW Fessen­heim, das jahrzehn­te­lang als Sicher­heits­ri­si­ko galt, ist im Sommer 2020 endgül­tig vom Netz gegan­gen. Als weite­re Beispie­le werden das multi­na­tio­na­le Wasser­stoff-Cluster Hochrhein und die Abwär­me­nut­zung an der badischen Grenze genannt. «Uns ist klar: Die Erder­hit­zung lässt sich nicht im Allein­gang aufhal­ten. Als Grenz­re­gi­on wollen wir gemein­sam mit unseren Nachbar­län­dern Vorbild der europäi­schen Energie­wen­de werden.»

Der Vorschlag aus Brüssel sieht vor, dass Inves­ti­tio­nen in neue Atomkraft­wer­ke als grün klassi­fi­ziert werden können, wenn sie neues­ten Standards entspre­chen und ein konkre­ter Plan für die radio­ak­ti­ven Abfäl­le vorge­legt wird. Auch Inves­ti­tio­nen in Gaskraft­wer­ke sollen übergangs­wei­se als klima­freund­lich einge­stuft werden. Umwelt­schüt­zer haben den Entwurf scharf kriti­siert — angesichts der ungelös­ten Frage der Endla­ge­rung radio­ak­ti­ver Abfäl­le und der CO2-Emissio­nen bei Gas.