FREIBURG (dpa/lsw) — Nach dem atoma­ren Super-GAU in der damali­gen Sowjet­uni­on zieht 1986 eine radio­ak­ti­ve Wolke bis nach Westeu­ro­pa. 35 Jahre später sind die Folgen in Baden-Württem­berg noch immer messbar.

35 Jahre nach dem Reaktor­un­fall von Tscher­no­byl zeigen sich im Südwes­ten noch Spätfol­gen der Katastro­phe. Wie das Chemi­sche und Veteri­när­un­ter­su­chungs­amt (CVUA) Freiburg der Deutschen Presse-Agentur mitteil­te, gingen im vergan­ge­nen Jahr bei den verschie­de­nen CVUA-Stand­or­ten insge­samt 262 Wildschwein­pro­ben aus Baden-Württem­berg ein, die auf Radio­ak­ti­vi­tät unter­sucht wurden. Bei 57 Proben — mehr als ein Fünftel — sei eine Überschrei­tung des Richt­werts von 600 Becque­rel pro Kilogramm festge­stellt worden.

Derart belas­te­tes Fleisch werde entsorgt, hieß es von den Fachleu­ten. Die höchs­ten Werte ergaben sich demnach bei einzel­nen Wildschwei­nen aus den Kreisen Rastatt und Biber­ach. Dabei seien 3900 bezie­hungs­wei­se 2640 Becque­rel pro Kilogramm Fleisch gemes­sen worden. Die Ergeb­nis­se der Unter­su­chungs­äm­ter seien nicht reprä­sen­ta­tiv für das gesam­te Bundes­land, da das Wildmess­pro­gramm im Südwes­ten die geziel­te Entnah­me von Proben in Belas­tungs­ge­bie­ten vorsehe.

Um sicher­zu­stel­len, dass kein Wildschwein­fleisch mit einer Belas­tung über dem Richt­wert in den Handel gelangt, hat die Landes­re­gie­rung mit dem Landes­jagd­ver­band ein mehrstu­fi­ges Überwa­chungs­sys­tem für Wildschwein­fleisch einge­rich­tet, wie es hieß.

Am 26. April 1986 war ein Test im Atomkraft­werk Tscher­no­byl außer Kontrol­le geraten, Reaktor 4 explo­dier­te. Eine radio­ak­ti­ve Wolke breite­te sich von der damali­gen Sowjet­re­pu­blik Ukrai­ne über Weißruss­land und Teile Russlands auch bis nach Westeu­ro­pa aus.

In Baden-Württem­berg gibt es verschie­de­ne Überwa­chungs­ge­bie­te. In diesen Regio­nen kann aufgrund der Wetter­ver­hält­nis­se direkt nach dem Tscher­no­byl-Unfall eine radio­ak­ti­ve Belas­tung des Bodens häufi­ger auftre­ten. Dazu zählen dem Unter­su­chungs­amt zufol­ge Gebie­te im Schwarz­wald und in Oberschwaben.

Wildschwei­ne wühlen als Alles­fres­ser einen erheb­li­chen Teil ihrer Nahrung aus dem Boden und nehmen dabei zum Beispiel hoch radio­ak­tiv belas­te­te, für Menschen ungenieß­ba­re Hirsch­trüf­fel auf. Dieser unter­ir­disch wachsen­de Pilz reichert Cäsium beson­ders gut an.

In diesen Regio­nen muss jedes erleg­te Stück Schwarz­wild unter­sucht werden. Dazu haben der Landes­jagd­ver­band und einige Landrats­äm­ter Messstel­len einge­rich­tet, wie es hieß. «In den übrigen Landes­tei­len wird Schwarz­wild stich­pro­ben­ar­tig in einem amtli­chen Monito­ring durch die Chemi­schen und Veteri­när­un­ter­su­chungs­äm­ter Stutt­gart und Freiburg unter­sucht.» Indes sei Wildbret der übrigen Wildar­ten, beispiels­wei­se Rehwild, in Baden-Württem­berg «durch­gän­gig nicht» mit Cäsium 137 belas­tet, heißt es in der Stellungnahme.