STUTTGART (dpa/lsw) — Fast die Hälfte der Baden-Württem­ber­ger ist zumin­dest einmal geimpft. Die Corona-Zahlen sinken stetig, Sorgen macht nur die anste­cken­de­re Delta-Varian­te. Dennoch soll es mehr Freihei­ten geben.

Angesichts sinken­der Corona-Zahlen will Baden-Württem­berg die Aufla­gen in Regio­nen mit einer Inzidenz von unter 10 demnächst deutlich lockern. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus Regie­rungs­krei­sen in Stutt­gart erfuhr, soll die neue Corona-Verord­nung mit einem Vier-Stufen-Modell am 28. Juni in Kraft treten. Was erlaubt ist, richtet sich nach den Inziden­zen: Stufe vier gilt bei einer Inzidenz von 100 bis 50, Stufe drei von 50 bis 35, Stufe zwei von 35 bis 10 und Stufe eins für alle Kreise mit einer Inzidenz unter 10.

In Regio­nen, in denen weniger als 10 Anste­ckun­gen pro 100.000 Einwoh­ner in einer Woche regis­triert werden, soll es viele Erleich­te­run­gen für den öffent­li­chen Raum, für öffent­li­che Veran­stal­tun­gen sowie für Gastro­no­mie, Kultur, Sport und den Handel geben. Zuletzt waren die Corona-Zahlen deutlich gesun­ken, in knapp einem Viertel der 44 Stadt- und Landkrei­se im Südwes­ten lag die Inzidenz unter 10. Bis auf den Stadt­kreis Heilbronn lagen alle unter dem Grenz­wert 35.

Mit dem Stufen­mo­dell will die grün-schwar­ze Landes­re­gie­rung die Regeln deutlich verein­fa­chen. Der Entwurf für die neue Verord­nung kommt aus dem Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um und soll Ende kommen­der Woche beschlos­sen werden. Wie die Locke­run­gen im Einzel­nen ausse­hen, muss in der Regie­rung noch disku­tiert werden. Es wird aber damit gerech­net, dass sich bei einer Inzidenz von unter 10 wieder mehr Menschen aus mehr Haushal­ten treffen dürfen. Bisher gilt, dass sich in Kreisen mit einer Inzidenz unter 50 bis zu zehn Menschen aus drei Haushal­ten treffen dürfen.

Derweil breitet sich die beson­ders anste­cken­de Delta-Varian­te des Corona­vi­rus in Baden-Württem­berg weiter aus. In den vergan­ge­nen zwei Wochen habe ihr Anteil an den besorg­nis­er­re­gen­den Varian­ten bei 4,62 Prozent gelegen, sagte eine Spreche­rin des Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums in Stutt­gart. In den 14 Tagen zuvor waren es noch 1,89 Prozent. Bei 13 Prozent dieser Fälle hande­le es sich um Reise­rück­keh­rer. Der Präsi­dent des Robert Koch-Insti­tuts Lothar Wieler warnte, durch die zunächst in Indien entdeck­te anste­cken­de­re Varian­te könnte sich das Virus wieder verbreiten.

Die Minis­te­ri­ums­spre­che­rin in Stutt­gart sagte: «Deshalb gilt es umso mehr, Tempo beim Impfen zu machen und die AHA-Regeln entspre­chend der Inzidenz weiter zu beach­ten.» Die Infek­ti­ons­zah­len im Südwes­ten gingen zwar weiter zurück, dennoch befin­de sich das Land noch immer mitten in der Corona-Pande­mie. «Es gilt jetzt unbedingt zu verhin­dern, dass es aufgrund der weitrei­chen­den Öffnun­gen und der bevor­ste­hen­den Urlaubs­zeit wieder zu einem Anstieg der Infek­ti­ons­zah­len kommt und wir unseren bishe­ri­gen Erfolg gefährden.»

Der Spreche­rin verwies darauf, dass sowohl in der Corona-Verord­nung Schule, die die Masken­pflicht an Schulen regele, als auch in der allge­mei­nen Verord­nung des Landes «Sicher­heits­stopps» einge­baut seien. «Wenn — etwa wegen der Ausbrei­tung der Varian­ten — die Inziden­zen steigen, dann greifen sehr rasch die entspre­chen­den Maßnah­men, und Öffnun­gen werden zurück­ge­nom­men.» Und bei Inziden­zen über 100 greife dann auch die Bundes­not­brem­se. Die Maske an Schulen beispiels­wei­se müsse wieder getra­gen werden, wenn die Inziden­zen über 35 (Maske in Klassen­zim­mern) oder über 50 (Maske auf dem Schul­hof) stiegen.

Beim Impfen geht es voran: Knapp die Hälfte der Baden-Württem­ber­ger hat inzwi­schen mindes­tens eine Impfung gegen das Corona­vi­rus erhal­ten. Auch Gesund­heits­mi­nis­ter Manne Lucha (Grüne) sagte, Tempo beim Impfen sei gerade jetzt wichtig, da sich die Delta-Varian­te zuneh­mend ausbrei­te. «Unser Ziel ist weiter­hin, bis Ende des Sommers allen impfbe­rech­tig­ten Menschen in Baden-Württem­berg ein Impfan­ge­bot zu machen.» Dies sei mit den bisher von Herstel­lern und Bund angekün­dig­ten Liefer­men­gen auch möglich.

In Baden-Württem­berg sind bisher mehr als 8,5 Millio­nen Impfun­gen verab­reicht worden. Dazu trugen die Impfzen­tren mit rund 3,5 Millio­nen Erst- und mehr als 2,1 Millio­nen Zweit­imp­fun­gen den bisher größten Teil bei. Bei den Arztpra­xen gab es bislang über 1,8 Millio­nen Erst- und mehr als 950.000 Zweit­imp­fun­gen, übrige Impfun­gen wurden von Betriebs­ärz­ten vorgenommen.