PEKING (dpa) — Vielleicht sind Chinas Sanktio­nen gegen die Nummer drei der USA eher symbo­lisch — dürften in Washing­ton aber nicht gut ankom­men. Ärger mit Peking droht auch Deutschland.

Mit Sanktio­nen gegen die US-Spitzen­po­li­ti­ke­rin Nancy Pelosi hat China die Spannun­gen mit den USA um Taiwan angeheizt. Zudem stoppt Peking den Dialog über Klima­schutz, Militär­fra­gen und andere Koope­ra­tio­nen im Kampf gegen Verbre­chen, Drogen und zur Rückfüh­rung illegal einge­reis­ter Menschen.

Wie das Außen­mi­nis­te­ri­um in Peking am Freitag mitteil­te, richten sich die nicht näher beschrie­be­nen Sanktio­nen gegen die Vorsit­zen­de des US-Reprä­sen­tan­ten­hau­ses und Nummer drei der USA auch gegen ihre direk­ten Familienmitglieder.

Indem die US-Spitzen­po­li­ti­ke­rin gegen den starken Wider­stand Pekings nach Taiwan gereist sei, habe sie sich «ernst­haft in innere Angele­gen­hei­ten Chinas einge­mischt». Auch habe sie Chinas Souve­rä­ni­tät und terri­to­ria­le Integri­tät unter­gra­ben und den Ein-China-Grund­satz «schwer mit Füßen getre­ten». Hua Chuny­ing sprach von einem «unerhör­ten provo­ka­ti­ven Verhal­ten» Pelosis.

Zum Abschluss ihrer Asien-Reise am Freitag in Tokio unter­strich Pelosi die partei­über­grei­fen­de Solida­ri­tät in den USA mit dem demokra­ti­schen Taiwan. «Unsere Freund­schaft mit Taiwan ist stark. Sie wird im Reprä­sen­tan­ten­haus und im Senat von zwei Partei­en getra­gen, die sich mit überwäl­ti­gen­der Mehrheit für den Frieden und den Status quo in Taiwan einset­zen.» Die 82-Jähri­ge warf China vor, Taiwan isolie­ren zu wollen. Die Führung in Peking sei aber nicht zustän­dig für Reise­plä­ne von Kongress­mit­glie­dern. «Sie werden Taiwan nicht isolie­ren, indem sie uns daran hindern, dorthin zu reisen.»

Militär­ma­nö­ver um Taiwan

Als Antwort auf die Visite der US-Spitzen­po­li­ti­ke­rin in der demokra­ti­schen Insel­re­pu­blik hatte die kommu­nis­ti­sche Führung in Peking schon großan­ge­leg­te Manöver um Taiwan gestar­tet, die inter­na­tio­nal auf schar­fe Kritik stießen. Ihr Besuch in Taipeh war der ranghöchs­te aus den USA seit einem Vierteljahrhundert.

Die kommu­nis­ti­sche Führung lehnt solche offizi­el­len Kontak­te zu Taiwan ab, weil sie die Insel für sich beansprucht. Peking sieht das selbst regier­te Taiwan als Teil der Volks­re­pu­blik an und droht mit einer gewalt­sa­men Erobe­rung. Die 23 Millio­nen Taiwa­ner hinge­gen verste­hen sich als unabhängig.

Was bewirkt die Reise von deutschen Politikern?

Für neuen Wirbel könnte eine Reise des Menschen­rechts­aus­schus­ses des Bundes­tags sorgen: Die Abgeord­ne­ten wollen Ende Oktober nach Taiwan reisen, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Die Reise zwischen dem 22. und 30. Oktober soll auch nach Japan und in die chine­si­sche Sonder­ver­wal­tungs­re­gi­on Hongkong gehen. Abgeord­ne­te aller sechs Fraktio­nen sollen voraus­sicht­lich teilnehmen.

US-Außen­mi­nis­ter Antony Blinken warf China vor, mit den Raketen­tests und Militär­übun­gen den Status quo in der Meerenge der Taiwan­stra­ße ändern zu wollen. Bei dem Treffen der südost­asia­ti­sche Staaten­ge­mein­schaft Asean im kambo­dscha­ni­schen Phnom Penh sagte Blinken, es gebe keine Recht­fer­ti­gung für die militä­ri­schen Provo­ka­tio­nen nach dem fried­vol­len Besuch Pelosis in Taiwan, wie ihn ein westli­cher Vertre­ter laut Nachrich­ten­agen­tur Bloom­berg zitierte.

Taiwans Präsi­den­tin Tsai Ing-wen nannte die Manöver und Raketen­übun­gen «unver­ant­wort­lich». In einer Video­an­spra­che forder­te die Präsi­den­tin die chine­si­sche Führung nachdrück­lich zur Vernunft und Zurück­hal­tung auf. Taiwan werde die Spannun­gen nicht eskalie­ren, sondern wolle den Status quo bewah­ren. Die Präsi­den­tin dankte der G7-Gruppe der sieben führen­den Indus­trie­na­tio­nen, zu der auch die Europäi­sche Union gehört, für deren Unterstützung.

China bestellt Botschaf­ter ein

Die G7 hatte ihre Sorge geäußert und betont, es gebe keinen Grund dafür, einen Besuch als Vorwand «für aggres­si­ve militä­ri­sche Aktivi­tä­ten» zu benut­zen. In Peking wurden Botschaf­ter der EU-Länder, Japans, Kanadas und der EU-Vertre­ter ins Außen­mi­nis­te­ri­um zitiert, wo ihnen ein formel­ler Protest gegen die G7-Erklä­rung überge­ben wurde. Deutsch­land hat gegen­wär­tig den Vorsitz in der G7 inne.

In dem inter­na­tio­na­len Sturm der Kritik demons­trier­ten China und Russland den Schul­ter­schluss. Auf dem Asean-Treffen warf Chinas Außen­mi­nis­ter Wang Yi den USA seiner­seits «Provo­ka­tio­nen» und «Einmi­schung» vor. Bei einem Treffen mit seinem Amtskol­le­gen in Phnom Penh stell­te sich Russlands Außen­mi­nis­ter Sergej Lawrow hinter China. Vor dem Hinter­grund des russi­schen Angriffs­kriegs gegen die Ukrai­ne beschrieb Lawrow Moskaus Allianz mit Peking als «Stütz­pfei­ler» des Völker­rechts, wie die Agentur Inter­fax zitierte.

Die bis Sonntag laufen­den Manöver in sechs Meeres­ge­bie­ten rund um Taiwan zielen auf eine See- und Luftblo­cka­de und dienen der Vorbe­rei­tung auf eine mögli­che Invasi­on. Taiwans Militär wollte Berich­te nicht bestä­ti­gen, wonach Raketen auch über die Insel geflo­gen seien. Japan protes­tier­te dagegen, dass fünf Raketen in Japans nahe gelege­ner ausschließ­li­cher Wirtschafts­zo­ne (AWZ) nieder­ge­gan­gen waren. China hat elf Raketen vom Typ «Dongfeng» (Ostwind) gestar­tet. Chinas Volks­be­frei­ungs­ar­mee nannte die geübten «Präzi­si­ons­schlä­ge» einen vollen Erfolg.

Zum Abschluss ihrer Asien­rei­se traf Pelosi in Tokio mit Japans Regie­rungs­chef Fumio Kishi­da zusam­men. Zuvor hatte sie neben Taiwan auch Singa­pur, Malay­sia und Südko­rea besucht.