WANGEN – Ihr Blick ist aufmerk­sam, die Augen treu und unschul­dig, und unter der hübschen Schnau­ze trägt sie ein rotblau­es Halstuch: Emma, Thera­pie­be­gleit­hund, ist darauf zu lesen. Die drei Jahre alte Golden-Retrie­ver-Dame ist die neue Thera­pie­hün­din der Pallia­tiv­sta­ti­on in Wangen. Ulrike Ahner steht neben ihr und lächelt. Die Leite­rin der Pallia­tiv­sta­ti­on am Westall­gäu-Klini­kum Wangen ist glück­lich darüber, dass es geklappt hat mit Einfüh­rung der tierge­stütz­ten Thera­pie als zusätz­li­ches Thera­pie­an­ge­bot auf ihrer Station.

Begon­nen hat alles mit einem Vortrag über Thera­pie­hun­de in der Pallia­tiv­me­di­zin im Novem­ber 2023. Ivana Seger, die vielleicht bekann­tes­te deutsche Hunde­the­ra­peu­tin aus dem hessi­schen Flörs­heim, war auf Einla­dung von Ulrike Ahner mit ihren beiden Labra­do­ren nach Wangen gekom­men und hatte über ihre trösten­de und mutma­chen­de Arbeit für kranke Menschen berich­tet. Unter den vielen Zuhörern waren auch einige Mitglie­der des Kißleg­ger Vereins Sympa­thie­hun­de, die ehren­amt­lich Pflege­hei­me, Kinder­gär­ten und Schulen besuchen — unter ihnen Nicole Wissler, Allge­mein­me­di­zi­ne­rin in Leutkirch, die mit ihrer Golden-Retrie­ver-Hündin Emma bereits Erfah­rung in der Pallia­tiv­me­di­zin hat. Regel­mä­ßig besuchen sie das Hospiz in Leutkirch. Die Wunsch­kan­di­da­tin für das Angebot in Wangen war also schnell gefun­den, schnell erstell­ten Ahner und Wissler auch ein gemein­sa­mes Konzept für die tierge­stütz­te Thera­pie am Westall­gäu-Klini­kum. Alle zwei, drei Wochen kommen Emma und Nicole Wissler nun nach Wangen, um dort schwer kranken Patien­ten zu besuchen, ihnen Freude und ein paar unbeschwer­te Momen­te zu bringen. 

Über viele Monate hinweg ist Emma in der Hunde­schu­le Dogele­ments von Betti­na Bestler in Kißlegg auf ihre Arbeit vorbe­rei­tet und von einer unabhän­gi­gen Prüfe­rin auch zerti­fi­ziert worden. Einmal im Jahr geht Emma zu einer Nachprü­fung und Gesund­heits­un­ter­su­chung, um eventu­el­le Verän­de­run­gen in ihrem Wesen und der Gesund­heit recht­zei­tig zu erken­nen. „Diese mindes­tens 75 Stunden lange Ausbil­dung in Theorie und Praxis ist für ein Mensch-Hund-Team von extre­mer Wichtig­keit, da sich beide bei dieser Arbeit blind aufein­an­der verlas­sen können sollten. Der Mensch muss den Hund extrem gut lesen können, um eventu­el­le Stress­zei­chen zu erken­nen“ sagt Nicole Wissler und fügt an: „Für mich ist Emma ein Gottes­ge­schenk, da sie eine sehr sensi­ble, menschen-freund­li­che und immer gut gelaun­te Hündin ist.“

Emma kommt zu jedem Patien­ten, dessen Zustand den Besuch zu lässt und der es auch möchte, es ist ein freiwil­li­ges Angebot. Stets wird die Hündin von Nicole Wissler und einer Pflege­kraft beglei­tet. Die ersten Erfah­run­gen sind großar­tig: „Emmas Anwesen­heit zaubert den Patien­ten immer ein Lächeln ins Gesicht“, sagt Ulrike Ahner, die bis dato stets bei den Besuchen dabei war. „Ein Patient sagte nach dem Besuch von Emma: ‚Da geht einem richtig das Herz auf, das war eine tolle Abwechs­lung.‘ Und manche fragen sofort, wann Emma wiederkommt.“

Dass Tierthe­ra­pie, vor allem Thera­pie­hun­de, bei Menschen Körper und Seele stärken kann, darüber gibt es wissen­schaft­lich keine Zweifel. Laut Studi­en sinken bei vielen Patien­ten Blutdruck und Puls im Beisein eines Thera­pie­hun­des, bestehen­de Ängste werden verrin­gert, Stress abgebaut, Schmer­zen reduziert. „Darüber hinaus spenden Thera­pie­hun­de Trost, schen­ken Ruhe und Entspan­nung, sorgen für eine liebe­vol­le Atmosphä­re und vermit­teln Gebor­gen­heit. Sie sind ein wertvol­les Geschenk, stärken die Gesund­heit und sorgen für ein schönes Erleb­nis. Wir sind froh, dass wir nun diese Zusatz­the­ra­pie anbie­ten können“, sagt Ulrike Ahner.

Nach jedem Besuch bekom­men die Patien­ten ein kleines Bild von Emma, welches sie in einer extra angefer­tig­ten Halte­rung auf ihren Nachtisch stellen können. So haben die Patien­ten eine kleine Erinne­rung an diesen unbeschwer­ten Moment. Oft kommen sie dadurch auch mit Pflege­kräf­ten und Angehö­ri­gen ins Gespräch über dieses beson­de­re Ereignis.

Möglich gemacht hat das zusätz­li­che Thera­pie­an­ge­bot Ulrike Pöhler, eine Lehre­rin und Musik­the­ra­peu­tin aus Wangen, die auch als Klinik­clown arbei­tet. Sie hat, inspi­riert von ihrem lusti­gen Kater Filou, der an ihrem Haus an der Argen Spazier­gän­ger, Kinder und Nachbarn betört, im Winter einen Spenden­ad­vents­ka­len­der organi­siert und damit 500 Euro Start­ka­pi­tal für das Projekt der tierge­stütz­ten Thera­pie in der Pallia­tiv­me­di­zin Wangen gesam­melt. „Ich glaube, dass in Tierthe­ra­pie so viel Poten­zi­al steckt, dass sie überall angebo­ten werden sollte. Und dabei will ich helfen“, sagt Ulrike Pöhler.

Da die tierge­stütz­te Thera­pie nicht von den Kranken­kas­sen finanziert wird, ist das Projekt am Westall­gäu-Klini­kum auch weiter­hin auf Spenden angewie­sen. Wer für Besuche von Emma auf der Pallia­tiv­sta­ti­on spenden möchte, kann dies gerne tun, die Oberschwa­ben­kli­nik hat ein zweck­ge­bun­de­nes Spenden­kon­to eingerichtet.

SPENDENKONTO
Oberschwa­ben­kli­nik gGmbH
IBAN: DE06 6505 0110 0101 1583 63
BIC: SOLADES1RVB
Kreis­spar­kas­se Ravensburg
Stich­wort: Palli 1B WG