ERFURT (dpa) — Südthü­rin­gens CDU könnte demnächst den frühe­ren Verfas­sungs­schutz­prä­si­den­ten Maaßen zu ihrem Bundes­tags­kan­di­da­ten machen. Die Spitze des Landes­ver­ban­des sieht dies kritisch.

Die einen hoffen, mit der Perso­na­lie zu punkten, die anderen sehen das nächs­te Problem auf die CDU im Super­wahl­jahr zukom­men: Der frühe­re Verfas­sungs­schutz­prä­si­dent Hans-Georg Maaßen könnte in Südthü­rin­gen zum Bundes­tags­kan­di­da­ten der Union gewählt werden.

Delegier­te von vier Südthü­rin­ger Kreis­ver­bän­den entschei­den am Freitag darüber. Das politi­sche Engage­ment des frühe­ren Inlands­ge­heim­dienst-Chefs ist auch in den Reihen seiner Partei umstrit­ten. So hält sich die Freude im CDU-Landes­ver­band in Grenzen. Maaßens Chancen auf eine Kandi­da­tur im Wahlkreis 196 gelten indes als sehr gut.

«Wir hätten gern auf diese Debat­ten verzich­tet», heißt es aus Kreisen der Thürin­ger CDU. Ihr Vorsit­zen­der Chris­ti­an Hirte sagte kürzlich der «Zeit»: «Für die CDU schadet das mehr, als es nutzt.» Am 26. Septem­ber wird in Deutsch­land ein neuer Bundes­tag gewählt und in Thürin­gen ist dann auch eine Neuwahl des Landta­ges geplant.

Kommt mit dem bundes­weit bekann­ten Maaßen der von einigen Südthü­rin­ger Kreis­ver­bän­den erhoff­te Rücken­wind im Wahlkampf oder eher die Brise einer toxischen Debat­te über die Grenzen der Thürin­ger CDU nach rechts und ihr Verhält­nis zur AfD? Maaßen selbst versi­cher­te vor kurzem in einem Inter­view mit dem «Freien Wort»: «Es darf keine Zusam­men­ar­beit mit der AfD geben. Ich will antre­ten, um der AfD Stimmen wegzunehmen.»

Im Januar 2020 hatte Maaßen noch gefor­dert, die CDU müsse einen eigenen Kandi­da­ten für die Minis­ter­prä­si­den­ten­wahl aufstel­len — und ihn notfalls auch mit Stimmen der AfD wählen lassen: «Da sollte die CDU Manns oder Frau genug sein, zu sagen: Egal wer diesen Kandi­da­ten wählt, Haupt­sa­che es gibt eine Mehrheit.» Etwa einen Monat später verhalf tatsäch­lich die AfD mit ihren Stimmen dem FDP-Politi­ker Thomas Kemme­rich kurzzei­tig zum Minis­ter­prä­si­den­ten­amt — und Thürin­gen stürz­te in eine tiefe Regie­rungs­kri­se. Auch die CDU stimm­te damals für Kemme­rich und brach in den Umfra­gen ein.

Keine andere Partei hat sich in Thürin­gen seitdem derart grund­le­gend neu sortiert wie die CDU — mit neuen Vorsit­zen­den an den Spitzen von Frakti­on und Landes­ver­band. Doch die alten Lager gibt es immer noch. Der Südthü­rin­ger CDU-Abgeord­ne­te Micha­el Heym hatte nach der Landtags­wahl 2019 noch dafür gewor­ben, auch mit der AfD über Möglich­kei­ten einer Regie­rungs­bil­dung ins Gespräch zu kommen. Im Süden, wo Maaßen das Bundes­tags­man­dat holen will, gelten die Christ­de­mo­kra­ten als beson­ders konservativ.

Maaßen, der Mitglied der konser­va­ti­ven Werte-Union ist, hatte bereits im Wahlkampf­jahr 2019 in Südthü­rin­gen Auftrit­te. Da war es noch nicht lange her, dass er als Verfas­sungs­schutz­prä­si­dent im Jahr 2018 massiv in die Kritik geraten war, weil er bezwei­felt hatte, dass es nach der Tötung eines Deutschen in Chemnitz zu «Hetzjag­den» auf Auslän­der kam. Im Novem­ber 2018 wurde Maaßen schließ­lich in den einst­wei­li­gen Ruhestand versetzt.

Dass er jetzt als Bundes­kan­di­dat für vier Kreis­ver­bän­de in Südthü­rin­gen im Gespräch ist, hat auch mit einem anderen Problem der CDU im Freistaat zu tun: Ihr frühe­rer Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ter Mark Haupt­mann schied als Kandi­dat aus und ist inzwi­schen aus der CDU ausge­tre­ten. Ihm wird vorge­wor­fen, in umstrit­te­ne Geschäf­te mit Corona-Schutz­mas­ken verwi­ckelt zu sein. Die Thürin­ger General­staats­an­walt­schaft ermit­telt wegen des Verdachts der Bestech­lich­keit. Haupt­manns Platz im Wahlkreis 196 wurde damit frei.

Aus Kreisen des CDU-Landes­ver­ban­des heißt es, einige der dorti­gen Christ­de­mo­kra­ten hofften wohl, mit Maaßen im Wahlkampf einen unbelas­te­ten Kandi­da­ten präsen­tie­ren zu können — und zugleich jeman­den, der bundes­weit bekannt ist. Das Umfeld sei nicht einfach. Die SPD schickt den Ex-Biath­lon­trai­ner und Olympia­sie­ger Frank Ulrich ins Rennen, der anders als der Rhein­län­der Maaßen aus der Region stammt. Für die Linke will der stell­ver­tre­ten­de Chef des DGB-Bezirks Hessen-Thürin­gen kandidieren.

Neben Maaßen haben noch zwei weite­re Bewer­ber ihre Bereit­schaft für eine CDU-Kandi­da­tur im Wahlkreis 196 signa­li­siert. Einer von ihnen — Hardy Herbert — will sich nicht als Gegen-Maaßen-Perso­na­lie verstan­den wissen. «Ich bin kein Gegner der Kandi­da­tur von Herrn Maaßen», sagt er. Er wolle vielmehr ein Angebot an die CDU-Delegier­ten machen, einem regio­nal veran­ker­ten Politi­ker die Chance zu geben, in den Bundes­tag einzuziehen.

Von Stefan Hantzschmann und Sebas­ti­an Haak, dpa