REISBACH (dpa/lby) — Viele Tierhei­me in Bayern haben kaum noch Plätze frei. Insbe­son­de­re die hohe Anzahl an Katzen und Welpen machen den Einrich­tun­gen zu schaf­fen. Die Gründe sind vielfältig.

Manche Tierhei­me in Bayern bekom­men so viele Katzen und Hunde, dass sie die Tiere an andere Unter­künf­te weiter vermit­teln müssen. Sie wissen kaum noch, wohin mit den Tieren. Vor allem in grenz­na­hen Regio­nen wird es eng mit der Unter­brin­gun­gen von herren­lo­sen Vierbei­nern, sagt Ilona Wojahn, Präsi­den­tin des bayeri­schen Landes­ver­ban­des im Deutschen Tierschutz­bund. Sie hat das Tierheim in Reisbach (Landkreis Dingol­fing-Landau) mitge­grün­det. Allein in ihrer Einrich­tung leben zurzeit mehr als 100 Katzen. Und das hat längst nicht nur mit dem Corona­vi­rus zu tun.

Gerade zu Beginn der Corona-Pande­mie hatten sich viele Menschen ein Haustier zugelegt. Sei es, um während des Lockdowns weniger allei­ne zu sein oder weil sie mehr Zeit hatten, das Tier einzu­ge­wöh­nen. Wochen und Monate später seien viele der Tiere wieder zurück­ge­bracht worden, sagt Wojahn. Aller­dings sei hier die Lage in den Tierhei­men in Bayern sehr unter­schied­lich. Manche hätten zahlrei­che sogenann­te Rückläu­fer, andere fast keine. In Reisbach seien ledig­lich eine Katze und zwei Hamster abgege­ben worden, die während des Lockdowns wohl unüber­legt angeschafft worden waren, berich­tet die Tierheim-Leiterin.

Sie nennt zwei ganz andere Haupt­pro­ble­me: illega­ler Welpen­schmug­gel aus Südost­eu­ro­pa und nicht-kastrier­te Katzen auf dem Land. Die Tiere aus illega­len Trans­por­ten seien meist zu jung und in der Regel nicht geimpft. Das bedeu­te Quaran­tä­ne und dass sie vergleichs­wei­se lange in Tierhei­men blieben. In einigen Herkunfts­län­dern gebe es zudem noch die Tollwut, die in Deutsch­land eigent­lich so gut wie nicht mehr existie­re, berich­tet Wojahn. Die Mitar­bei­ter in ihrem Tierheim seien inzwi­schen wegen der Tiertrans­por­te gegen Tollwut geimpft.

Die Katzen­schwem­me habe vor allem damit zu tun, dass gerade in ländli­chen Regio­nen viele Tierbe­sit­zer ihre Katzen nicht kastrie­ren ließen. Die Tiere vermehr­ten sich zu stark. «Das ist ein Fass ohne Boden.» Kastra­ti­on sollte bei Freigän­ger-Katzen Pflicht sein. Von der Politik fordert Wojahn eine bayern­wei­te Katzenschutzverordnung.

Im Freistaat seien jedoch die Kommu­nen zustän­dig, mittels Verord­nung eine Kastra­ti­on freilau­fen­der Katzen zu erwir­ken. Hier sieht Wojahn Proble­me bei der Umset­zung. Als positi­ve Beispie­le hebt sie die Landkrei­se Dachau und Pfaffen­ho­fen an der Ilm hervor, die eine solche Verord­nung erlas­sen hätten.

Eine weite­re, eigent­lich sehr positi­ve Entwick­lung bedeu­te für die Tierhei­me ebenfalls mehr Aufwand: Die Behör­den gingen heute häufi­ger Verdachts­fäl­len bei Tierschutz­ver­stö­ßen nach, so Wojahn. Tiere aus Beschlag­nah­men belas­te­ten Tierhei­me aber umso mehr, weil sie oft krank, ungeimpft und verhal­tens­auf­fäl­lig seien. Viele der Tiere in Tierhei­men seien von Menschen «verkorkst» worden.

Und noch einen Trend stellt Wojahn fest: Wenn Haustie­re alt und krank werden — und höhere Kosten beim Tierarzt anfal­len — wachse bei den Besit­zern die Bereit­schaft, ihre Vierbei­ner abzuge­ben. Das Argument sei dann: Die Familie habe eine Tierhaar­all­er­gie entwi­ckelt. Glaub­haft sei das häufig nicht.

Einen Appell richtet Wojahn an Menschen, die sich ein Haustier zulegen möchten: Nämlich in ein Tierheim zu gehen und sich nicht einen Hund oder eine Katze via Inter­net aus dem Ausland zu bestel­len. Es gebe hier genug Tiere, die ein gutes Zuhau­se bräuchten.