POTSDAM (dpa) — Zwei Menschen leben schon seit ihrer Kindheit in einer kirch­li­chen Einrich­tung in der branden­bur­gi­schen Landes­haupt­stadt. Sie gehören zu den Todes­op­fern eines unfass­ba­ren Gewaltangriffs.

Der gewalt­sa­me Tod von vier Bewoh­nern einer diako­ni­schen Einrich­tung in Potsdam hat tiefe Bestür­zung ausgelöst.

Gestern Abend sollte mit einer Gedenk­an­dacht in der Oberlin­kir­che, zu der nur Angehö­ri­ge und Mitar­bei­ten­de einge­la­den waren, an die Opfer erinnert werden. Indes liefen die Ermitt­lun­gen zur Aufklä­rung der tödli­chen Gewalt­tat vom Mittwoch­abend auf Hochtou­ren. Polizei und Staats­an­walt­schaft gaben bislang keine Einzel­hei­ten oder Hinter­grün­de bekannt. Infor­ma­tio­nen seien nicht vor dem Nachmit­tag zu erwar­ten, hieß es. Branden­burgs Minis­ter­prä­si­dent Dietmar Woidke (SPD) sagte dem Privat­sen­der BB Radio: «Es ist ein schwe­rer Tag für Brandenburg.»

Eine 51-jähri­ge Mitar­bei­te­rin war noch am gestern Abend wegen dringen­den Verdachts eines vorsätz­li­chen Tötungs­de­likts festge­nom­men worden. Laut Polizei gingen die Verlet­zun­gen aller Opfer nach bishe­ri­gen Erkennt­nis­sen auf «schwe­re, äußere Gewalt­an­wen­dung» zurück. Eine Frau aus dem Wohnheim Thusnel­da-von-Saldern-Haus in Potsdam-Babels­berg war nach Angaben des diako­ni­schen Anbie­ters Oberlin­haus schwer verletzt worden.

Das Oberlin­haus stand unter «Schock­star­re». Es sei eine so große Erschüt­te­rung, «das hat uns schon die Beine wegge­hau­en», sagte der Theolo­gi­sche Vorstand der Einrich­tung, Matthi­as Ficht­mül­ler, am Donners­tag. Während der Pande­mie habe es in dem betrof­fe­nen Haus nicht einen einzi­gen Corona-Fall gegeben. Jetzt müssten alle «weiter funktio­nie­ren» und für die Menschen da sein. «Wir können uns noch gar nicht auf das Trauern konzentrieren.»

Nach Angaben des Oberlin­hau­ses waren die vier Todes­op­fer langjäh­ri­ge Bewoh­ner in der diako­ni­schen Einrich­tung. Zwei von ihnen hätten dort seit ihrer Kindheit dort gelebt, sagte Tina Mäueler, Bereichs­lei­te­rin Wohnen in den Oberlin Lebens­wel­ten. Nähere Angaben zur Identi­tät wurden nicht gemacht.

Die Toten und die Schwer­ver­letz­te waren laut Polizei in verschie­de­nen Zimmern gefun­den worden. Die Polizei war kurz vor 21 Uhr am Tatort. Krimi­nal­tech­ni­ker sicher­ten in der Nacht Spuren. Auch ein Notfall­seel­sor­ger war vor Ort.

Das Thusnel­da-von-Saldern-Haus gehört zum Komplex des Oberlin­hau­ses. Es ist nach dessen Angaben eine Wohnstät­te für Erwach­se­ne mit mehrfa­chen schwe­ren Behin­de­run­gen. Zum Oberlin­haus gehören neben Einrich­tun­gen für Menschen mit Behin­de­rung auch eine Schule und eine Ortho­pä­di­sche Fachklinik.

Minis­ter­prä­si­dent Woidke zeigte sich bestürzt. «Eine schreck­li­che Nachricht. Ich bin schockiert», sagte Woidke nach Angaben seines Sprechers Flori­an Engels. «Meine Gedan­ken gelten den Opfern und meine Anteil­nah­me den Angehö­ri­gen.» Innen­mi­nis­ter Micha­el Stübgen (CDU) sprach ebenfalls sein Beileid aus. «Die Tat erschüt­tert uns alle zutiefst.» Landtags­prä­si­den­tin Ulrike Liedt­ke erklär­te zu Beginn der Plenar­sit­zung, die Abgeord­ne­ten seien in diesen schwe­ren Stunden in Gedan­ken bei den Hinterbliebenen.

Der Verein Oberlin­haus teilte im Inter­net mit: «Unsere Anteil­nah­me gilt auch den anderen Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­nern, die nun mit dem Verlust leben müssen und unseren Kolle­gin­nen und Kolle­gen im Thusnel­da-von-Saldern-Haus der Oberlin Lebens­wel­ten.» Gebetet werde weiter für die schwer verletz­te Bewohnerin.