Donald Trump gibt seinen Wider­stand gegen die Nieder­la­ge bei der Präsi­den­ten­wahl nicht auf. Seine Anwäl­te sind nun darauf aus, Ergeb­nis­se in ganzen Bundes­staa­ten zu kippen. Seine Behaup­tun­gen sind nicht belegt, aber zeigen bei republi­ka­ni­schen Wählern Wirkung.

In Wiscon­sin wird es eine Neuaus­zäh­lung der Stimmen in zwei Bezir­ken geben. Ob das Trump hilft, ist zu bezwei­feln: In Georgia schrumpf­te sein Rückstand auf den siegrei­chen Heraus­for­de­rer Joe Biden nach einer Prüfung nur von 14.000 auf 12.000 Stimmen.

Die Ergeb­nis­se in einzel­nen Bundes­staa­ten sind der Schlüs­sel zum Sieg bei einer Präsi­den­ten­wahl. Das Staats­ober­haupt wird nicht vom Volk direkt gewählt, sondern von Wahlleu­ten, die ihre Stimmen gemäß den Ergeb­nis­sen in ihrem Bundes­staat abgeben. Der Demokrat Biden hat nach Berech­nun­gen von US-Medien 306 Wahlleu­te hinter sich, für die Wahl zum Präsi­den­ten benötigt er 270. Trump kommt auf 232 Wahlleu­te. Pennsyl­va­nia ist ein beson­ders wertvol­ler Bundes­staat mit 20 Wahlleu­ten, Georgia bringt 16 Stimmen und Wiscon­sin 10.

In Pennsyl­va­nia fordert die Trump-Seite unter der Regie seines langjäh­ri­gen persön­li­chen Anwalts und Vertrau­ten Rudy Giulia­ni in einer schon zum zweiten Mal überar­bei­te­ten Klage, das Wahler­geb­nis in dem Bundes­staat komplett nicht zu bestä­ti­gen. Statt­des­sen solle das örtli­che Parla­ment — in dem Republi­ka­ner die Mehrheit haben — die Wahlleu­te ernen­nen. Das Ziel: Diese ernann­ten Wahlleu­te sollen dann nicht für den Wahlsie­ger Biden, sondern für den unter­le­ge­nen Trump stimmen. Trump würde sich auf diese Weise die Unter­stüt­zung von 20 Wahlleu­ten sichern, die ihm laut Wahler­geb­nis nicht zustehen.

Der für die Republi­ka­ner angetre­te­ne Trump behaup­tet schon seit dem Wahltag am 3. Novem­ber, dass ihm der Sieg durch Betrug genom­men worden sei. Handfes­te Belege für Wahlfäl­schung in großem Stile liefer­te er nach wie vor nicht. Zwischen­zeit­lich verbrei­te­te er Gerüch­te weiter, dass die bei der Stimm­aus­zäh­lung verwen­de­te Software für ihn abgege­be­ne Stimmen dem Heraus­for­de­rer Biden zugeschrie­ben habe. Auch prangert er angeb­lich gefälsch­te Stimm­zet­tel aus der Brief­wahl an. Seine Anwäl­te mussten in verschie­de­nen Bundes­staa­ten bereits mehr als zwei Dutzend Nieder­la­gen einste­cken. Sie versu­chen es aber weiter.

Trump kündig­te am Donners­tag für den späte­ren Tages­ver­lauf eine Presse­kon­fe­renz seiner Anwäl­te an, die einen «sehr klaren und reali­sier­ba­ren Weg zum Sieg» aufzei­gen würden. Im Gegen­satz dazu räumen immer mehr rangho­he Republi­ka­ner ein, dass Biden am 20. Januar 2021 als nächs­ter Präsi­dent verei­digt werde. Die Spitze der Partei hält aber nach wie vor zu Trump.

Selbst wenn die Klagen nicht funktio­nie­ren sollten, gelingt es Trump bereits, dass eine Mehrheit der republi­ka­ni­schen Wähler die Recht­mä­ßig­keit von Bidens Erfolg sowie seiner Präsi­dent­schaft anzwei­felt. Laut einer Umfra­ge glaub­ten 70 Prozent von ihnen inzwi­schen, dass Biden durch Betrug gewon­nen habe, berich­te­te der Nachrich­ten­sen­der CNN.

Im nördli­chen Bundes­staat Wiscon­sin wird es auf Antrag der Trump-Seite eine Neuaus­zäh­lung in zwei großen Bezir­ken geben, wie die Wahlkom­mis­si­on nach kontro­ver­sen Beratun­gen in der Nacht zum Donners­tag entschied. In beiden Bezir­ken ist Biden haushoch überle­gen. Im Dane County liegt er vor Trump mit über 260.185 zu 78.800 Stimmen, im Milwau­kee County mit 317.270 zu 134.357 Stimmen. Trumps Wahlkampf­team musste dafür drei Millio­nen Dollar überwei­sen. Die Kosten einer Neuaus­zäh­lung würden nur vom Staat getra­gen werden, wenn der Vorsprung weniger als 0,25 Prozent betra­gen hätte — er liegt aber bei 0,62 Prozent. Der Präsi­dent überschüt­tet seine Anhän­ger nach wie vor mit Spendenaufrufen.

Abgeschlos­sen ist inzwi­schen die manuel­le Überprü­fung der Stimmen in Georgia. Dort lag Biden vor Beginn der Neuaus­zäh­lung mit rund 14.000 Stimmen vorn. Bei der Kontrol­le sei festge­stellt worden, dass mehre­re Tausend Stimmen nicht in die Ergeb­nis­se einge­flos­sen seien, sagte der für die Durch­füh­rung von Wahlen zustän­di­ge Staats­se­kre­tär Brad Raffen­sper­ger bei CNN. Ursache seien Fehler von Mitar­bei­tern in zwei von Republi­ka­nern beherrsch­ten Bezir­ken gewesen. Mit ihnen sei Bidens Vorsprung auf rund 12.000 Stimmen geschrumpft. Raffen­sper­ger beton­te zugleich: «Wir haben keine Anzei­chen von weit verbrei­te­tem Betrug gesehen.» Dem Sender Fox News zufol­ge waren 5600 ausge­zähl­te Stimmen nicht in die Rechnung aufge­nom­men worden.

In dem Bundes­staat wird sich auch entschei­den, wie viel Spiel­raum Biden zur Durch­set­zung seiner Politik als Präsi­dent haben wird. Anfang Januar gibt es Stich­wah­len zu zwei Senats­sit­zen, die über die Mehrheit im Senat entschei­den werden. Die Republi­ka­ner haben aktuell 50 Sitze in der Kammer, die Demokra­ten 48. Wenn es den Demokra­ten gelin­gen sollte, beide Stich­wah­len zu gewin­nen, könnte Vizeprä­si­den­tin Kamala Harris bei einem Patt von 50 zu 50 Stimmen auf ihrer Seite eingrei­fen — und ihnen damit letzt­lich eine Mehrheit liefern. Der Präsi­dent braucht die Zustim­mung des Senats unter anderem für die Beset­zung von Regierungsposten.

Angesichts der Bedeu­tung der beiden Stich­wah­len wurden in den vergan­ge­nen zwei Wochen bereits mehr als 125 Millio­nen Dollar (rund 106 Millio­nen Euro) in den Wahlkampf gesteckt, wie die «New York Times» berich­te­te. Für die Republi­ka­ner will Vizeprä­si­dent Mike Pence auf Tour in dem Bundes­staat gehen.