Erstmals seit der Wahl stellt sich Donald Trump wieder den Fragen von Journa­lis­ten. An seinen unbeleg­ten Betrugs­vor­wür­fen hält er fest. Aber mit Blick auf die Amtsüber­ga­be am 20. Januar entkräf­tet der Präsi­dent düste­re Befürchtungen.

Gleich­wohl würde er es angesichts des «massi­ven Wahlbe­trugs» für einen «Fehler» halten, Biden zu wählen, bekräf­tig­te Trump am Donners­tag­abend (Ortszeit) im Weißen Haus. Der Republi­ka­ner hat bislang keine Bewei­se für den angeb­li­chen Wahlbe­trug vorge­legt, von dem er seit Wochen spricht. Trotz­dem weigert er sich, Bidens Sieg anzuer­ken­nen. «Das war eine manipu­lier­te Wahl. 100 Prozent», behaup­te­te Trump.

Biden wurde nach der Wahl von US-Medien zum Sieger erklärt. Er konnte sich nach bishe­ri­gem Auszäh­lungs­stand die Stimmen von 306 Wahlleu­ten sichern, deutlich mehr als die für einen Sieg nötigen 270 Stimmen. Das Wahlkol­le­gi­um wird am 14. Dezem­ber den nächs­ten Präsi­den­ten und dessen Vize wählen. Das Ergeb­nis der Abstim­mung wird aller­dings erst am 6. Januar offizi­ell bekannt­ge­ge­ben. Beide Schrit­te gelten angesichts der längst bekann­ten Wahler­geb­nis­se als Forma­li­en. Biden (78) soll dann am 20. Januar verei­digt werden — als ältes­ter Präsi­dent in der Geschich­te der Verei­nig­ten Staaten.

Es wäre «sehr hart», eine Nieder­la­ge einzu­räu­men, sagte Trump (74) nach einer Video­schal­te mit US-Solda­ten im Ausland anläss­lich des Feier­tags Thanks­gi­ving (Ernte­dank­fest). Es war das erste Mal seit der Wahl vom 3. Novem­ber, dass er sich Fragen von Repor­tern stell­te. Trump sagte, er finde es «nicht richtig», dass Biden bereits ein Kabinett zusammenstelle.

Mit Blick auf seine Behaup­tun­gen zum Wahlbe­trug sagte er, die Wahlin­fra­struk­tur der USA sei wie in einem «Land der Dritten Welt». Auch Tote hätten abgestimmt. In der Nacht zum Freitag bekräf­tig­te Trump seine Manipu­la­ti­ons­wür­fe auf Twitter und wieder­hol­te: «Ich habe gewon­nen!» Der Kurznach­rich­ten­dienst versah den Tweet mit einem Warnhin­weis. Mehre­re US-Behör­den hatten vor zwei Wochen mitge­teilt, die Wahl am 3. Novem­ber sei die sichers­te in der US-Geschich­te gewesen.

An seine Anhän­ger gerich­tet sagte Trump im Weißen Haus: «Seid nicht enttäuscht, dieses Rennen ist längst nicht vorbei.» Trump und seine Republi­ka­ner haben zur Anfech­tung der Ergeb­nis­se zahlrei­che Klagen angestrengt, bislang aber keine nennens­wer­ten juris­ti­schen Erfol­ge erzielt. Die Frage, ob er der Tradi­ti­on folgend einer Amtsein­füh­rung Bidens im Januar beiwoh­nen würde, ließ Trump unbeantwortet.

Auf die Möglich­keit angespro­chen, dass er 2024 erneut als Präsi­dent­schafts­kan­di­dat der Republi­ka­ner antre­ten könnte, sagte Trump, bis dahin sei noch viel Zeit. Er wolle noch nicht über 2024 sprechen.

Auf die Frage einer Journa­lis­tin, ob er das Weiße Haus im Fall von Bidens Wahl aus eigenen Stücken verlas­sen werde, sagte er: «Natür­lich werde ich das, und das wissen Sie.» Dann fügte Trump hinzu: «Ich denke, von jetzt bis zum 20. Januar wird noch viel passie­ren, viele Dinge. Es wurde massi­ver Wahlbe­trug festge­stellt. Wir sind wie ein Land der Dritten Welt.»

Biden hatte im Wahlkampf einmal gesagt, das Militär werde Trump notfalls aus dem Weißen Haus tragen, falls dieser sich weigern sollte, seine Nieder­la­ge anzuer­ken­nen. US-Medien hatten zuletzt aber bereits unter Berufung auf Trumps Umfeld berich­tet, dass der 74-Jähri­ge im Fall einer Nieder­la­ge das Weiße Haus räumen werde.

Trumps Regie­rung hatte sich nach der Wahl zunächst gewei­gert, die gesetz­lich vorge­se­he­ne geord­ne­te Amtsüber­ga­be («transi­ti­on») an Biden einzu­lei­ten. Am Montag gab die zustän­di­ge Behör­de jedoch nach und ebnete den Weg, damit der Demokrat und sein Team schon vor der Amtsein­füh­rung Zugang zu Minis­te­ri­en, Behör­den und vertrau­li­chen Infor­ma­tio­nen der Regie­rung bekom­men sowie Millio­nen Dollar für Gehäl­ter und andere Ausgaben.

Trump kündig­te an, er plane am Samstag in einer Woche (5. Dezem­ber) in Georgia einen Wahlkampf­auf­tritt zuguns­ten von zwei republi­ka­ni­schen Senato­ren in dem Bundes­staat. Dort wird es am 5. Januar zu zwei Stich­wah­len um Sitze im Senat kommen, die derzeit von den Republi­ka­nern gehal­ten werden.

Die Demokra­ten hoffen, sich beide Manda­te im US-Senat zu sichern. Falls das gelingt, entstün­de in der bislang von den Republi­ka­nern dominier­ten Parla­ments­kam­mer ein Patt von 50 zu 50 Stimmen. Damit könnte der gewähl­ten demokra­ti­schen Vizeprä­si­den­tin Kamala Harris, die von Amts wegen die Präsi­den­tin des Senats wäre, die für eine Mehrheit entschei­den­de Stimme zukommen.

Derzeit haben die Republi­ka­ner im mächti­gen Senat noch eine knappe Mehrheit, die Demokra­ten kontrol­lie­ren das Reprä­sen­tan­ten­haus. Der Senat muss Geset­zen zustim­men, zudem benöti­gen alle von Biden für sein Kabinett nominier­ten Minis­ter die Zustim­mung der Kammer.